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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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(2 Thaler) und die Tagelöhner, endlich die Kahnfracht (ebenfalls
11/2 Thaler) so wird sich ergeben, daß von diesen 8 Thalern
für je tausend Steine nicht viel zu erübrigen ist. Die Haupt-
sorge machen immer die Schiffer. Sie bilden überhaupt, wie jeder
weiß, der mit ihnen zu thun hatte, eine der merkantil gefährlichsten
Menschenklassen. Mit erstaunlicher List und Aushorchekunst wissen
sie in Erfahrung zu bringen, welche Contracte die Ziegelbrenner
mit diesem oder jenem Bauunternehmer der Hauptstadt abgeschlossen
haben. Lautet der Contract nun etwa dahin: "Die Steine
müssen bis Mitte Oktober abgeliefert sein," so hat der Schiffer
den Ziegelbrenner in der Hand; er verdoppelt seine Forderungen,
weil er weiß, er kann es wagen, der Ziegelbrenner muß zahlen,
wenn er nicht der ganzen Einnahme verlustig gehen will.

Die glänzende Zeit dieses Betriebes ist vorüber*), genau seit
jener Epoche, wo die Ziegelbrennerei einen neuen Aufschwung zu
nehmen schien, seit Einführung der Ringöfen. Der Ringofen
verbilligte die Herstellung des Steins; die ersten, die sich seiner
bedienten, hatten enorme Verdienste; jetzt, wo ihn jeder hat,
hat er die Produktion zwar gefördert, aber der Wohlhabenheit
nur mäßig genützt.

Der Ringofen hat den alten Ziegelofen (wenige Ausnahmen
abgerechnet) total verdrängt, und in Erwägung, daß diese Kapitel
nicht blos auf dem Lande, sondern auch von Städtern gelesen
werden, die nur allzu selten Gelegenheit haben, Einblick in
solche Dinge zu gewinnen, mag es mir gestattet sein, einen
Ringofen, seine Eigenthümlichkeiten und seine Vortheile zu be-
schreiben.

Der Ringofen hat seinen Namen von seiner Form; er ist
ein Rundbau. Seiner Einrichtung nach könnte man ihn einen
Kammer- oder Kapellen-Ofen nennen; seiner Haupteigenschaft
nach aber ist er ein Spar-Ofen. Er spart Feuerung. Wir
kommen darauf zurück.

*) Dieser Aufsatz wurde 1870 geschrieben. Seitdem haben sich
die Dinge wieder sehr zu Gunsten der Ziegelei-Besitzer geändert.
16*

(2 Thaler) und die Tagelöhner, endlich die Kahnfracht (ebenfalls
1½ Thaler) ſo wird ſich ergeben, daß von dieſen 8 Thalern
für je tauſend Steine nicht viel zu erübrigen iſt. Die Haupt-
ſorge machen immer die Schiffer. Sie bilden überhaupt, wie jeder
weiß, der mit ihnen zu thun hatte, eine der merkantil gefährlichſten
Menſchenklaſſen. Mit erſtaunlicher Liſt und Aushorchekunſt wiſſen
ſie in Erfahrung zu bringen, welche Contracte die Ziegelbrenner
mit dieſem oder jenem Bauunternehmer der Hauptſtadt abgeſchloſſen
haben. Lautet der Contract nun etwa dahin: „Die Steine
müſſen bis Mitte Oktober abgeliefert ſein,“ ſo hat der Schiffer
den Ziegelbrenner in der Hand; er verdoppelt ſeine Forderungen,
weil er weiß, er kann es wagen, der Ziegelbrenner muß zahlen,
wenn er nicht der ganzen Einnahme verluſtig gehen will.

Die glänzende Zeit dieſes Betriebes iſt vorüber*), genau ſeit
jener Epoche, wo die Ziegelbrennerei einen neuen Aufſchwung zu
nehmen ſchien, ſeit Einführung der Ringöfen. Der Ringofen
verbilligte die Herſtellung des Steins; die erſten, die ſich ſeiner
bedienten, hatten enorme Verdienſte; jetzt, wo ihn jeder hat,
hat er die Produktion zwar gefördert, aber der Wohlhabenheit
nur mäßig genützt.

Der Ringofen hat den alten Ziegelofen (wenige Ausnahmen
abgerechnet) total verdrängt, und in Erwägung, daß dieſe Kapitel
nicht blos auf dem Lande, ſondern auch von Städtern geleſen
werden, die nur allzu ſelten Gelegenheit haben, Einblick in
ſolche Dinge zu gewinnen, mag es mir geſtattet ſein, einen
Ringofen, ſeine Eigenthümlichkeiten und ſeine Vortheile zu be-
ſchreiben.

Der Ringofen hat ſeinen Namen von ſeiner Form; er iſt
ein Rundbau. Seiner Einrichtung nach könnte man ihn einen
Kammer- oder Kapellen-Ofen nennen; ſeiner Haupteigenſchaft
nach aber iſt er ein Spar-Ofen. Er ſpart Feuerung. Wir
kommen darauf zurück.

*) Dieſer Aufſatz wurde 1870 geſchrieben. Seitdem haben ſich
die Dinge wieder ſehr zu Gunſten der Ziegelei-Beſitzer geändert.
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[243/0261] (2 Thaler) und die Tagelöhner, endlich die Kahnfracht (ebenfalls 1½ Thaler) ſo wird ſich ergeben, daß von dieſen 8 Thalern für je tauſend Steine nicht viel zu erübrigen iſt. Die Haupt- ſorge machen immer die Schiffer. Sie bilden überhaupt, wie jeder weiß, der mit ihnen zu thun hatte, eine der merkantil gefährlichſten Menſchenklaſſen. Mit erſtaunlicher Liſt und Aushorchekunſt wiſſen ſie in Erfahrung zu bringen, welche Contracte die Ziegelbrenner mit dieſem oder jenem Bauunternehmer der Hauptſtadt abgeſchloſſen haben. Lautet der Contract nun etwa dahin: „Die Steine müſſen bis Mitte Oktober abgeliefert ſein,“ ſo hat der Schiffer den Ziegelbrenner in der Hand; er verdoppelt ſeine Forderungen, weil er weiß, er kann es wagen, der Ziegelbrenner muß zahlen, wenn er nicht der ganzen Einnahme verluſtig gehen will. Die glänzende Zeit dieſes Betriebes iſt vorüber *), genau ſeit jener Epoche, wo die Ziegelbrennerei einen neuen Aufſchwung zu nehmen ſchien, ſeit Einführung der Ringöfen. Der Ringofen verbilligte die Herſtellung des Steins; die erſten, die ſich ſeiner bedienten, hatten enorme Verdienſte; jetzt, wo ihn jeder hat, hat er die Produktion zwar gefördert, aber der Wohlhabenheit nur mäßig genützt. Der Ringofen hat den alten Ziegelofen (wenige Ausnahmen abgerechnet) total verdrängt, und in Erwägung, daß dieſe Kapitel nicht blos auf dem Lande, ſondern auch von Städtern geleſen werden, die nur allzu ſelten Gelegenheit haben, Einblick in ſolche Dinge zu gewinnen, mag es mir geſtattet ſein, einen Ringofen, ſeine Eigenthümlichkeiten und ſeine Vortheile zu be- ſchreiben. Der Ringofen hat ſeinen Namen von ſeiner Form; er iſt ein Rundbau. Seiner Einrichtung nach könnte man ihn einen Kammer- oder Kapellen-Ofen nennen; ſeiner Haupteigenſchaft nach aber iſt er ein Spar-Ofen. Er ſpart Feuerung. Wir kommen darauf zurück. *) Dieſer Aufſatz wurde 1870 geſchrieben. Seitdem haben ſich die Dinge wieder ſehr zu Gunſten der Ziegelei-Beſitzer geändert. 16*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/261>, abgerufen am 24.11.2024.