Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.Land und dehnt sich vorzugsweise auf der Strecke zwischen Ketzin Die Bodenbeschaffenheit, das Auftreten des Lehms ist dies- *) Es ist oft gesagt worden, daß der Stadt Berlin das Material
zu raschem Emporblühen beinah unmittelbar vor die Thore gelegt worden sei. Das ist richtig. Da sind Feldsteinblöcke für Fundament- und Straßenbau, Rüdersdorfer Kalk zum Mörtel, Holz in Fülle, Torf- und Salzlager in unerschöpflicher Mächtigkeit. Ohne diesen Reichthum, der in dem Grade, wie er jetzt vorliegt, lange ein Geheimniß war, wäre das riesige Wachsthum der Stadt, bei der ursprünglich geringen Frucht- barkeit ihres Bodens, bei ihrer Binnenlage und ihrer immerhin beschränkten Wasserverbindung nahezu eine Unmöglichkeit gewesen. Daran, daß es möglich wurde, hat Glindow seinen Antheil: der große Ziegelofen der Residenz. Das sogenannte "Geheimerathsviertel" ist großentheils aus Glindower Steinen aufgeführt und ein ganzes "Berlin der Zukunft" steckt noch in den Glindower Bergen. (Glindow heißt übrigens Lehm- dorf, von dem wendischen Worte Glin der Lehm. Kaum irgend ein Wort, wie schon Seite 160 hervorgehoben, kommt häufiger vor in der Mark. Außer dem Landestheile "der Glin" mit der Hauptstadt Cremmen, giebt es zahlreiche Dörfer dieses Namens. (Vergleiche das Kapitel Groß-Glinicke.) Land und dehnt ſich vorzugsweiſe auf der Strecke zwiſchen Ketzin Die Bodenbeſchaffenheit, das Auftreten des Lehms iſt dies- *) Es iſt oft geſagt worden, daß der Stadt Berlin das Material
zu raſchem Emporblühen beinah unmittelbar vor die Thore gelegt worden ſei. Das iſt richtig. Da ſind Feldſteinblöcke für Fundament- und Straßenbau, Rüdersdorfer Kalk zum Mörtel, Holz in Fülle, Torf- und Salzlager in unerſchöpflicher Mächtigkeit. Ohne dieſen Reichthum, der in dem Grade, wie er jetzt vorliegt, lange ein Geheimniß war, wäre das rieſige Wachsthum der Stadt, bei der urſprünglich geringen Frucht- barkeit ihres Bodens, bei ihrer Binnenlage und ihrer immerhin beſchränkten Waſſerverbindung nahezu eine Unmöglichkeit geweſen. Daran, daß es möglich wurde, hat Glindow ſeinen Antheil: der große Ziegelofen der Reſidenz. Das ſogenannte „Geheimerathsviertel“ iſt großentheils aus Glindower Steinen aufgeführt und ein ganzes „Berlin der Zukunft“ ſteckt noch in den Glindower Bergen. (Glindow heißt übrigens Lehm- dorf, von dem wendiſchen Worte Glin der Lehm. Kaum irgend ein Wort, wie ſchon Seite 160 hervorgehoben, kommt häufiger vor in der Mark. Außer dem Landestheile „der Glin“ mit der Hauptſtadt Cremmen, giebt es zahlreiche Dörfer dieſes Namens. (Vergleiche das Kapitel Groß-Glinicke.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0256" n="238"/> Land und dehnt ſich vorzugsweiſe auf der Strecke zwiſchen Ketzin<lb/> und Tremmen aus. Dies Außenland, abweichend und eigenartig,<lb/> behauptet zugleich eine gewiſſe Selbſtſtändigkeit und zeigt eine<lb/> unverkennbare Tendenz ſich loszureißen und Ketzin zu einer<lb/> eigenen Hauptſtadt zu machen. Vielleicht daß es glückt. Vor-<lb/> läufig aber iſt die Einheit noch da und ob der Tag ſiegreicher<lb/> Seceſſion näher oder ferner ſein möge, <hi rendition="#g">noch</hi> iſt Glindow<note place="foot" n="*)">Es iſt oft geſagt worden, daß der Stadt Berlin das <hi rendition="#g">Material</hi><lb/> zu raſchem Emporblühen beinah unmittelbar vor die Thore gelegt worden<lb/> ſei. Das iſt richtig. Da ſind Feldſteinblöcke für Fundament- und<lb/> Straßenbau, Rüdersdorfer Kalk zum Mörtel, Holz in Fülle, Torf- und<lb/> Salzlager in unerſchöpflicher Mächtigkeit. Ohne dieſen Reichthum, der<lb/> in dem Grade, wie er jetzt vorliegt, lange ein Geheimniß war, wäre<lb/> das rieſige Wachsthum der Stadt, bei der urſprünglich geringen Frucht-<lb/> barkeit ihres Bodens, bei ihrer Binnenlage und ihrer immerhin beſchränkten<lb/> Waſſerverbindung nahezu eine Unmöglichkeit geweſen. Daran, <hi rendition="#g">daß</hi> es<lb/> möglich wurde, hat <hi rendition="#g">Glindow</hi> ſeinen Antheil: der <hi rendition="#g">große Ziegelofen</hi><lb/> der Reſidenz. Das ſogenannte „Geheimerathsviertel“ iſt großentheils aus<lb/> Glindower Steinen aufgeführt und ein ganzes „Berlin der Zukunft“<lb/> ſteckt noch in den Glindower Bergen. (Glindow heißt übrigens Lehm-<lb/> dorf, von dem wendiſchen Worte <hi rendition="#g">Glin</hi> der Lehm. Kaum irgend ein<lb/> Wort, wie ſchon Seite 160 hervorgehoben, kommt häufiger vor in der<lb/> Mark. Außer dem Landestheile „der <hi rendition="#g">Glin</hi>“ mit der Hauptſtadt<lb/> Cremmen, giebt es zahlreiche Dörfer dieſes Namens. (Vergleiche das<lb/> Kapitel Groß-Glinicke.)</note><lb/> Metropole und herrſcht über Innen- und Außen-Revier.</p><lb/> <p>Die Bodenbeſchaffenheit, das Auftreten des Lehms iſt dies-<lb/> ſeit und jenſeit der Havel grundverſchieden. Im <hi rendition="#g">Innen-<lb/> Revier</hi> tritt der Lehm in Bergen auf, als Berglehm, und<lb/> wenn wir uns ſpeziell auf die wichtige Feldmark Glindow be-<lb/> ſchränken, ſo unterſcheiden wir hier folgende Lehmberge: den<lb/> Köllniſchen, zwei Brandenburgiſche (Altſtadt, Neuſtadt), den<lb/> Caputſchen, den Schönebeckſchen, den Invalidenberg, den Schloß-<lb/> bauberg, zwei Kurfürſtenberge (den großen und den kleinen),<lb/> den Plaueſchen, den Moeſenſchen, den Potsdamſchen. Die drei<lb/> letztgenannten liegen wüſt, ſind todt. Die andern ſind noch<lb/> in Betrieb. Ihre Namen deuten auf ihre früheren Beſitzer.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [238/0256]
Land und dehnt ſich vorzugsweiſe auf der Strecke zwiſchen Ketzin
und Tremmen aus. Dies Außenland, abweichend und eigenartig,
behauptet zugleich eine gewiſſe Selbſtſtändigkeit und zeigt eine
unverkennbare Tendenz ſich loszureißen und Ketzin zu einer
eigenen Hauptſtadt zu machen. Vielleicht daß es glückt. Vor-
läufig aber iſt die Einheit noch da und ob der Tag ſiegreicher
Seceſſion näher oder ferner ſein möge, noch iſt Glindow *)
Metropole und herrſcht über Innen- und Außen-Revier.
Die Bodenbeſchaffenheit, das Auftreten des Lehms iſt dies-
ſeit und jenſeit der Havel grundverſchieden. Im Innen-
Revier tritt der Lehm in Bergen auf, als Berglehm, und
wenn wir uns ſpeziell auf die wichtige Feldmark Glindow be-
ſchränken, ſo unterſcheiden wir hier folgende Lehmberge: den
Köllniſchen, zwei Brandenburgiſche (Altſtadt, Neuſtadt), den
Caputſchen, den Schönebeckſchen, den Invalidenberg, den Schloß-
bauberg, zwei Kurfürſtenberge (den großen und den kleinen),
den Plaueſchen, den Moeſenſchen, den Potsdamſchen. Die drei
letztgenannten liegen wüſt, ſind todt. Die andern ſind noch
in Betrieb. Ihre Namen deuten auf ihre früheren Beſitzer.
*) Es iſt oft geſagt worden, daß der Stadt Berlin das Material
zu raſchem Emporblühen beinah unmittelbar vor die Thore gelegt worden
ſei. Das iſt richtig. Da ſind Feldſteinblöcke für Fundament- und
Straßenbau, Rüdersdorfer Kalk zum Mörtel, Holz in Fülle, Torf- und
Salzlager in unerſchöpflicher Mächtigkeit. Ohne dieſen Reichthum, der
in dem Grade, wie er jetzt vorliegt, lange ein Geheimniß war, wäre
das rieſige Wachsthum der Stadt, bei der urſprünglich geringen Frucht-
barkeit ihres Bodens, bei ihrer Binnenlage und ihrer immerhin beſchränkten
Waſſerverbindung nahezu eine Unmöglichkeit geweſen. Daran, daß es
möglich wurde, hat Glindow ſeinen Antheil: der große Ziegelofen
der Reſidenz. Das ſogenannte „Geheimerathsviertel“ iſt großentheils aus
Glindower Steinen aufgeführt und ein ganzes „Berlin der Zukunft“
ſteckt noch in den Glindower Bergen. (Glindow heißt übrigens Lehm-
dorf, von dem wendiſchen Worte Glin der Lehm. Kaum irgend ein
Wort, wie ſchon Seite 160 hervorgehoben, kommt häufiger vor in der
Mark. Außer dem Landestheile „der Glin“ mit der Hauptſtadt
Cremmen, giebt es zahlreiche Dörfer dieſes Namens. (Vergleiche das
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