(Stechow und Gröben) der Gegenpartei es hätten über- sehen oder umdeuten können, und so beschworen sie den Hans von Quitzow, "daß er um Gottes und seiner eigenen Selig- keit willen mit dem Abte nicht hadern und das Kloster sammt seinen Gütern und Besitzungen nicht anfechten möge." Aber die Quitzow's -- die vielleicht aus politisch-strategischen Grün- den in dieser Frage besonders hartnäckig waren -- beharrten auf ihrer Forderung und das Kloster mußte schließlich nicht nur auf sein Flußrecht Verzicht leisten, sondern auch noch wei- tere 100 Mark Silber zahlen, um sich guter Nachbarschaft und der Wohlgewogenheit der mächtigen Familie zu versichern.
Diese Nachgiebigkeit und die damit verknüpften Schädi- gungen mögen dem Kloster schwer genug angekommen sein; nachdem die Opfer aber einmal gebracht und mittelst derselben die Freundschaft und die guten Dienste der alles vermögenden Quitzow-Sippe gewonnen waren, lag es nun auch in der Politik des Klosters, diese Freundschaft zu pflegen und dadurch den eignen Vortheil nach Möglichkeit zu fördern. Die Niederlage blieb unvergessen, aber so lange kein Stärkerer da war, um diese Niederlage zu rächen, wurde das Joch in Klugheit und Ergebenheit getragen.
Aber dieser Stärkere kam endlich, und ob es nun wieder nur die alte Klosterklugheit war, die in dem Nürn- berger Burggrafen sofort den Stärkeren erkannte, oder ob in diesem Fall der heimliche Groll mitwirkte, der all die Jahre über, unter der Maske guter Freundschaft, gegen die Quitzow's unterhalten worden war, -- gleichviel, kaum daß der erste Hohenzoller ernstlich Miene machte, eine eigene Macht zu etabliren und den Uebermuth seiner Widersacher zu demüthi- gen, so sehen wir auch schon Kloster Lehnin unter den Hülfs- truppen des neuen Landesherrn, der anders eingreifend, als wie all die Statthalter und Hauptleute vor ihm, in acht Tagen die vier Quitzow-Burgen und mit ihren Burgen auch ihr Ansehen brach. Die Klosterleute von Lehnin lagen (sammt den Bürgern von Belitz, Jüterbog und Treuenbrietzen) vor
(Stechow und Gröben) der Gegenpartei es hätten über- ſehen oder umdeuten können, und ſo beſchworen ſie den Hans von Quitzow, „daß er um Gottes und ſeiner eigenen Selig- keit willen mit dem Abte nicht hadern und das Kloſter ſammt ſeinen Gütern und Beſitzungen nicht anfechten möge.“ Aber die Quitzow’s — die vielleicht aus politiſch-ſtrategiſchen Grün- den in dieſer Frage beſonders hartnäckig waren — beharrten auf ihrer Forderung und das Kloſter mußte ſchließlich nicht nur auf ſein Flußrecht Verzicht leiſten, ſondern auch noch wei- tere 100 Mark Silber zahlen, um ſich guter Nachbarſchaft und der Wohlgewogenheit der mächtigen Familie zu verſichern.
Dieſe Nachgiebigkeit und die damit verknüpften Schädi- gungen mögen dem Kloſter ſchwer genug angekommen ſein; nachdem die Opfer aber einmal gebracht und mittelſt derſelben die Freundſchaft und die guten Dienſte der alles vermögenden Quitzow-Sippe gewonnen waren, lag es nun auch in der Politik des Kloſters, dieſe Freundſchaft zu pflegen und dadurch den eignen Vortheil nach Möglichkeit zu fördern. Die Niederlage blieb unvergeſſen, aber ſo lange kein Stärkerer da war, um dieſe Niederlage zu rächen, wurde das Joch in Klugheit und Ergebenheit getragen.
Aber dieſer Stärkere kam endlich, und ob es nun wieder nur die alte Kloſterklugheit war, die in dem Nürn- berger Burggrafen ſofort den Stärkeren erkannte, oder ob in dieſem Fall der heimliche Groll mitwirkte, der all die Jahre über, unter der Maske guter Freundſchaft, gegen die Quitzow’s unterhalten worden war, — gleichviel, kaum daß der erſte Hohenzoller ernſtlich Miene machte, eine eigene Macht zu etabliren und den Uebermuth ſeiner Widerſacher zu demüthi- gen, ſo ſehen wir auch ſchon Kloſter Lehnin unter den Hülfs- truppen des neuen Landesherrn, der anders eingreifend, als wie all die Statthalter und Hauptleute vor ihm, in acht Tagen die vier Quitzow-Burgen und mit ihren Burgen auch ihr Anſehen brach. Die Kloſterleute von Lehnin lagen (ſammt den Bürgern von Belitz, Jüterbog und Treuenbrietzen) vor
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[94/0112]
(Stechow und Gröben) der Gegenpartei es hätten über-
ſehen oder umdeuten können, und ſo beſchworen ſie den Hans
von Quitzow, „daß er um Gottes und ſeiner eigenen Selig-
keit willen mit dem Abte nicht hadern und das Kloſter ſammt
ſeinen Gütern und Beſitzungen nicht anfechten möge.“ Aber
die Quitzow’s — die vielleicht aus politiſch-ſtrategiſchen Grün-
den in dieſer Frage beſonders hartnäckig waren — beharrten
auf ihrer Forderung und das Kloſter mußte ſchließlich nicht
nur auf ſein Flußrecht Verzicht leiſten, ſondern auch noch wei-
tere 100 Mark Silber zahlen, um ſich guter Nachbarſchaft und
der Wohlgewogenheit der mächtigen Familie zu verſichern.
Dieſe Nachgiebigkeit und die damit verknüpften Schädi-
gungen mögen dem Kloſter ſchwer genug angekommen ſein;
nachdem die Opfer aber einmal gebracht und mittelſt derſelben
die Freundſchaft und die guten Dienſte der alles vermögenden
Quitzow-Sippe gewonnen waren, lag es nun auch in der
Politik des Kloſters, dieſe Freundſchaft zu pflegen und dadurch
den eignen Vortheil nach Möglichkeit zu fördern.
Die Niederlage blieb unvergeſſen, aber ſo lange kein Stärkerer
da war, um dieſe Niederlage zu rächen, wurde das Joch in
Klugheit und Ergebenheit getragen.
Aber dieſer Stärkere kam endlich, und ob es
nun wieder nur die alte Kloſterklugheit war, die in dem Nürn-
berger Burggrafen ſofort den Stärkeren erkannte, oder ob
in dieſem Fall der heimliche Groll mitwirkte, der all die
Jahre über, unter der Maske guter Freundſchaft, gegen die
Quitzow’s unterhalten worden war, — gleichviel, kaum daß
der erſte Hohenzoller ernſtlich Miene machte, eine eigene Macht
zu etabliren und den Uebermuth ſeiner Widerſacher zu demüthi-
gen, ſo ſehen wir auch ſchon Kloſter Lehnin unter den Hülfs-
truppen des neuen Landesherrn, der anders eingreifend, als
wie all die Statthalter und Hauptleute vor ihm, in acht Tagen
die vier Quitzow-Burgen und mit ihren Burgen auch ihr
Anſehen brach. Die Kloſterleute von Lehnin lagen (ſammt
den Bürgern von Belitz, Jüterbog und Treuenbrietzen) vor
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/112>, abgerufen am 27.11.2024.
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