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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Namens und Stammes, in die Kirchengruft hinabgesenkt, und an-
dere Bewohner zogen in Schloß Tamsel ein, die lächeln mochten
über den Unmuth, der, begründet oder nicht, sich unterfangen
hatte, den Namen des großen Königs von dieser Stelle ausschlie-
ßen zu wollen.

Am 31. Mai 1840, am hundertjährigen Jahrestage der
Thronbesteigung Friedrichs des Großen, fiel die Hülle von dem
Monument, das Graf Hermann Schwerin, der Vater des gegen-
wärtigen Besitzers von Tamsel, dem Andenken des Königs hatte
errichten lassen. Es ist ein Denkstein von 30 Fuß Höhe; auf der
Spitze desselben erhebt sich eine vergoldete Victoria, während
der Sockel die Inschrift trägt: Es ist ein köstlich Ding einem
Manne, daß er das Joch in seiner Jugend trage.

Unter Betheiligung vieler Tausende aus Dorf und Stadt
wurde die Enthüllungsfeier begangen. Ein alter Bauer, als er die
Hüllen fallen sah, rief seinem Nachbar zu: "Ick dacht, et süll de
olle Fritz sinn, un nu is et man sine Fru."

Der alte Bauer hatte Wahrheit und Weisheit gesprochen --
waren doch Victoria und Friedrich zu treuem Bunde vereint ge-
wesen. Die Hohenzollern aber, mögen sie nie aufhören, in gleicher
Art dem Siege vermählt zu sein.



Namens und Stammes, in die Kirchengruft hinabgeſenkt, und an-
dere Bewohner zogen in Schloß Tamſel ein, die lächeln mochten
über den Unmuth, der, begründet oder nicht, ſich unterfangen
hatte, den Namen des großen Königs von dieſer Stelle ausſchlie-
ßen zu wollen.

Am 31. Mai 1840, am hundertjährigen Jahrestage der
Thronbeſteigung Friedrichs des Großen, fiel die Hülle von dem
Monument, das Graf Hermann Schwerin, der Vater des gegen-
wärtigen Beſitzers von Tamſel, dem Andenken des Königs hatte
errichten laſſen. Es iſt ein Denkſtein von 30 Fuß Höhe; auf der
Spitze deſſelben erhebt ſich eine vergoldete Victoria, während
der Sockel die Inſchrift trägt: Es iſt ein köſtlich Ding einem
Manne, daß er das Joch in ſeiner Jugend trage.

Unter Betheiligung vieler Tauſende aus Dorf und Stadt
wurde die Enthüllungsfeier begangen. Ein alter Bauer, als er die
Hüllen fallen ſah, rief ſeinem Nachbar zu: „Ick dacht, et ſüll de
olle Fritz ſinn, un nu is et man ſine Fru.“

Der alte Bauer hatte Wahrheit und Weisheit geſprochen —
waren doch Victoria und Friedrich zu treuem Bunde vereint ge-
weſen. Die Hohenzollern aber, mögen ſie nie aufhören, in gleicher
Art dem Siege vermählt zu ſein.



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[59/0071] Namens und Stammes, in die Kirchengruft hinabgeſenkt, und an- dere Bewohner zogen in Schloß Tamſel ein, die lächeln mochten über den Unmuth, der, begründet oder nicht, ſich unterfangen hatte, den Namen des großen Königs von dieſer Stelle ausſchlie- ßen zu wollen. Am 31. Mai 1840, am hundertjährigen Jahrestage der Thronbeſteigung Friedrichs des Großen, fiel die Hülle von dem Monument, das Graf Hermann Schwerin, der Vater des gegen- wärtigen Beſitzers von Tamſel, dem Andenken des Königs hatte errichten laſſen. Es iſt ein Denkſtein von 30 Fuß Höhe; auf der Spitze deſſelben erhebt ſich eine vergoldete Victoria, während der Sockel die Inſchrift trägt: Es iſt ein köſtlich Ding einem Manne, daß er das Joch in ſeiner Jugend trage. Unter Betheiligung vieler Tauſende aus Dorf und Stadt wurde die Enthüllungsfeier begangen. Ein alter Bauer, als er die Hüllen fallen ſah, rief ſeinem Nachbar zu: „Ick dacht, et ſüll de olle Fritz ſinn, un nu is et man ſine Fru.“ Der alte Bauer hatte Wahrheit und Weisheit geſprochen — waren doch Victoria und Friedrich zu treuem Bunde vereint ge- weſen. Die Hohenzollern aber, mögen ſie nie aufhören, in gleicher Art dem Siege vermählt zu ſein.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/71>, abgerufen am 23.11.2024.