Kurfürst George Wilhelms aber wendete sich das Blatt; er erhielt seine Güter zurück und wurde ausersehn, den Adam Schwarzen- berg gefangen zu nehmen. Später kaufte er sich in Sachsen an und wurde, durch weitre Verzweigung, der Stammvater der noch blühenden Würtemberg'schen Linie. Das Bild Curt Bertrams be- findet sich in Jahnsfelde. Er ist ein schöner Mann, blühend, noch jung, voll klugen und energischen Ausdrucks. Seine Tracht, in Koller und Klapphut, ist im Wesentlichen die eines schwedischen Kriegsobersten.
Die andern Bilder -- und auch unter ihnen nur eine Aus- wahl -- geb' ich in den Anmerkungen. Was der Jahnsfelder Porträt-Gallerie einen Reiz verleiht und ihr unterscheidendes Merk- mal bildet, ist, daß sie das Frostige eines sogenannten "Ahnen- saals" durchaus vermeidet. Man steigt nicht erst treppauf, man zieht nicht erst die verschoßnen Gardinen zurück, man sorgt nicht erst, abstäubend und Fenster-öffnend, für Luft und Licht, -- in Jahnsfelde lebt man mitten unter ihnen. Diese alten Herren in Rüstung oder Perrücke, hier sind sie nicht zu steifer Repräsen- tation da, sie sind nicht Fremde am eignen Heerde, man hat sich häuslich-familiär mit ihnen eingerichtet; man kennt sie, man liebt sie. Ein täglicher Verkehr hat Platz gegriffen zwischen denen die waren und zwischen denen die sind; Aeltestes und Neustes reichen sich die Hand; wie ein ununterbrochener Strom wandert das Leben weiter von Geschlecht zu Geschlecht. Wohl mahnen auch hier die Bilder berühmter Ahnen an das Vergängliche alles Irdi- schen, aber sie predigen zugleich auch den Sieg des Geistes über den Leib und entfalten still die Fahne, auf der als Zuruf und Richtschnur das Dichterwort geschrieben steht:
"Und ein berühmter Name nach dem Tode!"
Kurfürſt George Wilhelms aber wendete ſich das Blatt; er erhielt ſeine Güter zurück und wurde auserſehn, den Adam Schwarzen- berg gefangen zu nehmen. Später kaufte er ſich in Sachſen an und wurde, durch weitre Verzweigung, der Stammvater der noch blühenden Würtemberg’ſchen Linie. Das Bild Curt Bertrams be- findet ſich in Jahnsfelde. Er iſt ein ſchöner Mann, blühend, noch jung, voll klugen und energiſchen Ausdrucks. Seine Tracht, in Koller und Klapphut, iſt im Weſentlichen die eines ſchwediſchen Kriegsoberſten.
Die andern Bilder — und auch unter ihnen nur eine Aus- wahl — geb’ ich in den Anmerkungen. Was der Jahnsfelder Porträt-Gallerie einen Reiz verleiht und ihr unterſcheidendes Merk- mal bildet, iſt, daß ſie das Froſtige eines ſogenannten „Ahnen- ſaals“ durchaus vermeidet. Man ſteigt nicht erſt treppauf, man zieht nicht erſt die verſchoßnen Gardinen zurück, man ſorgt nicht erſt, abſtäubend und Fenſter-öffnend, für Luft und Licht, — in Jahnsfelde lebt man mitten unter ihnen. Dieſe alten Herren in Rüſtung oder Perrücke, hier ſind ſie nicht zu ſteifer Repräſen- tation da, ſie ſind nicht Fremde am eignen Heerde, man hat ſich häuslich-familiär mit ihnen eingerichtet; man kennt ſie, man liebt ſie. Ein täglicher Verkehr hat Platz gegriffen zwiſchen denen die waren und zwiſchen denen die ſind; Aelteſtes und Neuſtes reichen ſich die Hand; wie ein ununterbrochener Strom wandert das Leben weiter von Geſchlecht zu Geſchlecht. Wohl mahnen auch hier die Bilder berühmter Ahnen an das Vergängliche alles Irdi- ſchen, aber ſie predigen zugleich auch den Sieg des Geiſtes über den Leib und entfalten ſtill die Fahne, auf der als Zuruf und Richtſchnur das Dichterwort geſchrieben ſteht:
„Und ein berühmter Name nach dem Tode!“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0504"n="492"/>
Kurfürſt George Wilhelms aber wendete ſich das Blatt; er erhielt<lb/>ſeine Güter zurück und wurde auserſehn, den Adam Schwarzen-<lb/>
berg gefangen zu nehmen. Später kaufte er ſich in Sachſen an<lb/>
und wurde, durch weitre Verzweigung, der Stammvater der noch<lb/>
blühenden Würtemberg’ſchen Linie. Das Bild Curt Bertrams be-<lb/>
findet ſich in Jahnsfelde. Er iſt ein ſchöner Mann, blühend, noch<lb/>
jung, voll klugen und energiſchen Ausdrucks. Seine Tracht, in<lb/>
Koller und Klapphut, iſt im Weſentlichen die eines ſchwediſchen<lb/>
Kriegsoberſten.</p><lb/><p>Die andern Bilder — und auch unter ihnen nur eine Aus-<lb/>
wahl — geb’ ich in den Anmerkungen. Was der Jahnsfelder<lb/>
Porträt-Gallerie einen Reiz verleiht und ihr unterſcheidendes Merk-<lb/>
mal bildet, iſt, daß ſie das Froſtige eines ſogenannten „Ahnen-<lb/>ſaals“ durchaus vermeidet. Man ſteigt nicht erſt treppauf, man<lb/>
zieht nicht erſt die verſchoßnen Gardinen zurück, man ſorgt nicht<lb/>
erſt, abſtäubend und Fenſter-öffnend, für Luft und Licht, — in<lb/>
Jahnsfelde lebt man <hirendition="#g">mitten unter ihnen</hi>. Dieſe alten Herren<lb/>
in Rüſtung oder Perrücke, <hirendition="#g">hier</hi>ſind ſie nicht zu ſteifer Repräſen-<lb/>
tation da, ſie ſind nicht Fremde am eignen Heerde, man hat ſich<lb/><hirendition="#g">häuslich-familiär</hi> mit ihnen eingerichtet; man kennt ſie, man<lb/>
liebt ſie. Ein täglicher Verkehr hat Platz gegriffen zwiſchen denen<lb/>
die <hirendition="#g">waren</hi> und zwiſchen denen die <hirendition="#g">ſind</hi>; Aelteſtes und Neuſtes<lb/>
reichen ſich die Hand; wie ein ununterbrochener Strom wandert<lb/>
das Leben weiter von Geſchlecht zu Geſchlecht. Wohl mahnen auch<lb/>
hier die Bilder berühmter Ahnen an das Vergängliche alles Irdi-<lb/>ſchen, aber ſie predigen zugleich auch den Sieg des Geiſtes über<lb/>
den Leib und entfalten ſtill die Fahne, auf der als <hirendition="#g">Zuruf</hi> und<lb/><hirendition="#g">Richtſchnur</hi> das Dichterwort geſchrieben ſteht:</p><lb/><p><hirendition="#c">„Und ein berühmter Name nach dem Tode!“</hi></p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></body></text></TEI>
[492/0504]
Kurfürſt George Wilhelms aber wendete ſich das Blatt; er erhielt
ſeine Güter zurück und wurde auserſehn, den Adam Schwarzen-
berg gefangen zu nehmen. Später kaufte er ſich in Sachſen an
und wurde, durch weitre Verzweigung, der Stammvater der noch
blühenden Würtemberg’ſchen Linie. Das Bild Curt Bertrams be-
findet ſich in Jahnsfelde. Er iſt ein ſchöner Mann, blühend, noch
jung, voll klugen und energiſchen Ausdrucks. Seine Tracht, in
Koller und Klapphut, iſt im Weſentlichen die eines ſchwediſchen
Kriegsoberſten.
Die andern Bilder — und auch unter ihnen nur eine Aus-
wahl — geb’ ich in den Anmerkungen. Was der Jahnsfelder
Porträt-Gallerie einen Reiz verleiht und ihr unterſcheidendes Merk-
mal bildet, iſt, daß ſie das Froſtige eines ſogenannten „Ahnen-
ſaals“ durchaus vermeidet. Man ſteigt nicht erſt treppauf, man
zieht nicht erſt die verſchoßnen Gardinen zurück, man ſorgt nicht
erſt, abſtäubend und Fenſter-öffnend, für Luft und Licht, — in
Jahnsfelde lebt man mitten unter ihnen. Dieſe alten Herren
in Rüſtung oder Perrücke, hier ſind ſie nicht zu ſteifer Repräſen-
tation da, ſie ſind nicht Fremde am eignen Heerde, man hat ſich
häuslich-familiär mit ihnen eingerichtet; man kennt ſie, man
liebt ſie. Ein täglicher Verkehr hat Platz gegriffen zwiſchen denen
die waren und zwiſchen denen die ſind; Aelteſtes und Neuſtes
reichen ſich die Hand; wie ein ununterbrochener Strom wandert
das Leben weiter von Geſchlecht zu Geſchlecht. Wohl mahnen auch
hier die Bilder berühmter Ahnen an das Vergängliche alles Irdi-
ſchen, aber ſie predigen zugleich auch den Sieg des Geiſtes über
den Leib und entfalten ſtill die Fahne, auf der als Zuruf und
Richtſchnur das Dichterwort geſchrieben ſteht:
„Und ein berühmter Name nach dem Tode!“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/504>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.