ordert wurden, die Gedanken der Unzufriedenen in andere Bah- nen lenkte.
Aber von anderer Seite her kam größere und ernstere Ge- fahr. Die sächsischen Truppen im kaiserlichen Heere waren während der Rheincampagne 1691 herzlich schlecht gehalten, ja bei Gelegen- heit der Winterquartiere in einer Weise behandelt worden, daß es einer Beleidigung oder Mißachtung des Kurfürsten von Seiten des Wiener Hofes ziemlich nahe kam. Hiegegen lehnte sich Schö- ning, der seinem neuen Herrn in Ernst und Treue diente, energisch auf und drang in ihn, bei der kaiserlichen Armee nur das Reichs- contingent (3000 Mann) zu belassen. "Schöning" -- so erzählt Paul von Gundling in einem Manuscript, das der Berliner Bi- bliothek angehört -- "handelte sehr sicher und war in seinen Re- den wider des Kaisers Majestät sehr frei. Dadurch wurde indessen seine Stellung gegen den Kaiser selbst sehr gefährlich, um so ge- fährlicher, als eben jetzt ein französischer Abgesandter, Namens Bidal, in Dresden eingetroffen war, der häufig mit dem Kurfür- sten und Schöning verhandelte. Der Minister Clary (österreichischer Gesandte) ermangelte nicht, über alles sehr übertriebene Berichte nach Wien zu erstatten."
Kurz, man glaubte alsbald in Wien an ein sächsisch-franzö- sisches Bündniß, oder gab sich wenigstens das Ansehen, an ein sol- ches zu glauben, um, gestützt darauf, einen Coup ausführen und die unbequeme Gestalt Schönings vom sächsischen Hofe entfernen zu können. Schöning selbst hatte keine Ahnung von dem, was ihm drohte. Er reiste, seit längerer Zeit ernstlich am Podagra lei- dend, in die Bäder von Teplitz. Hier wurde er, auf den eben ge- schilderten Verdacht hin, von den Oesterreichern aufgehoben, ganz unter ähnlichen Umständen, wie sechszig Jahre früher Hans Georg von Arnim (ebenfalls ein Brandenburger und sächsischer Feldmar- schall) von den Schweden aufgehoben und nach Stockholm trans- portirt worden war.
Ueber die Art der Aufhebung Schönings liegt uns folgender Bericht vor. -- In der Nacht zum 23. Juni marschirte ein Offi-
ordert wurden, die Gedanken der Unzufriedenen in andere Bah- nen lenkte.
Aber von anderer Seite her kam größere und ernſtere Ge- fahr. Die ſächſiſchen Truppen im kaiſerlichen Heere waren während der Rheincampagne 1691 herzlich ſchlecht gehalten, ja bei Gelegen- heit der Winterquartiere in einer Weiſe behandelt worden, daß es einer Beleidigung oder Mißachtung des Kurfürſten von Seiten des Wiener Hofes ziemlich nahe kam. Hiegegen lehnte ſich Schö- ning, der ſeinem neuen Herrn in Ernſt und Treue diente, energiſch auf und drang in ihn, bei der kaiſerlichen Armee nur das Reichs- contingent (3000 Mann) zu belaſſen. „Schöning“ — ſo erzählt Paul von Gundling in einem Manuſcript, das der Berliner Bi- bliothek angehört — „handelte ſehr ſicher und war in ſeinen Re- den wider des Kaiſers Majeſtät ſehr frei. Dadurch wurde indeſſen ſeine Stellung gegen den Kaiſer ſelbſt ſehr gefährlich, um ſo ge- fährlicher, als eben jetzt ein franzöſiſcher Abgeſandter, Namens Bidal, in Dresden eingetroffen war, der häufig mit dem Kurfür- ſten und Schöning verhandelte. Der Miniſter Clary (öſterreichiſcher Geſandte) ermangelte nicht, über alles ſehr übertriebene Berichte nach Wien zu erſtatten.“
Kurz, man glaubte alsbald in Wien an ein ſächſiſch-franzö- ſiſches Bündniß, oder gab ſich wenigſtens das Anſehen, an ein ſol- ches zu glauben, um, geſtützt darauf, einen Coup ausführen und die unbequeme Geſtalt Schönings vom ſächſiſchen Hofe entfernen zu können. Schöning ſelbſt hatte keine Ahnung von dem, was ihm drohte. Er reiſte, ſeit längerer Zeit ernſtlich am Podagra lei- dend, in die Bäder von Teplitz. Hier wurde er, auf den eben ge- ſchilderten Verdacht hin, von den Oeſterreichern aufgehoben, ganz unter ähnlichen Umſtänden, wie ſechszig Jahre früher Hans Georg von Arnim (ebenfalls ein Brandenburger und ſächſiſcher Feldmar- ſchall) von den Schweden aufgehoben und nach Stockholm trans- portirt worden war.
Ueber die Art der Aufhebung Schönings liegt uns folgender Bericht vor. — In der Nacht zum 23. Juni marſchirte ein Offi-
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ordert wurden, die Gedanken der Unzufriedenen in andere Bah-
nen lenkte.
Aber von anderer Seite her kam größere und ernſtere Ge-
fahr. Die ſächſiſchen Truppen im kaiſerlichen Heere waren während
der Rheincampagne 1691 herzlich ſchlecht gehalten, ja bei Gelegen-
heit der Winterquartiere in einer Weiſe behandelt worden, daß es
einer Beleidigung oder Mißachtung des Kurfürſten von Seiten
des Wiener Hofes ziemlich nahe kam. Hiegegen lehnte ſich Schö-
ning, der ſeinem neuen Herrn in Ernſt und Treue diente, energiſch
auf und drang in ihn, bei der kaiſerlichen Armee nur das Reichs-
contingent (3000 Mann) zu belaſſen. „Schöning“ — ſo erzählt
Paul von Gundling in einem Manuſcript, das der Berliner Bi-
bliothek angehört — „handelte ſehr ſicher und war in ſeinen Re-
den wider des Kaiſers Majeſtät ſehr frei. Dadurch wurde indeſſen
ſeine Stellung gegen den Kaiſer ſelbſt ſehr gefährlich, um ſo ge-
fährlicher, als eben jetzt ein franzöſiſcher Abgeſandter, Namens
Bidal, in Dresden eingetroffen war, der häufig mit dem Kurfür-
ſten und Schöning verhandelte. Der Miniſter Clary (öſterreichiſcher
Geſandte) ermangelte nicht, über alles ſehr übertriebene Berichte
nach Wien zu erſtatten.“
Kurz, man glaubte alsbald in Wien an ein ſächſiſch-franzö-
ſiſches Bündniß, oder gab ſich wenigſtens das Anſehen, an ein ſol-
ches zu glauben, um, geſtützt darauf, einen Coup ausführen und
die unbequeme Geſtalt Schönings vom ſächſiſchen Hofe entfernen
zu können. Schöning ſelbſt hatte keine Ahnung von dem, was
ihm drohte. Er reiſte, ſeit längerer Zeit ernſtlich am Podagra lei-
dend, in die Bäder von Teplitz. Hier wurde er, auf den eben ge-
ſchilderten Verdacht hin, von den Oeſterreichern aufgehoben, ganz
unter ähnlichen Umſtänden, wie ſechszig Jahre früher Hans Georg
von Arnim (ebenfalls ein Brandenburger und ſächſiſcher Feldmar-
ſchall) von den Schweden aufgehoben und nach Stockholm trans-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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