weiß ja, daß Er keine Söhne hat", antwortete der König gnädig, "es soll Alles Seiner Tochter verbleiben."
So kamen Cunersdorf und Friedland an die Familie Lest- witz, Friedland als freier Besitz aus Königs Hand, Cunersdorf durch Kauf. Friedland, das einst eine glänzende Zeit gehabt hatte, verlor mehr und mehr. Nur Kirchdorf blieb es. In Schloß Cu- nersdorf aber lebten die Lestwitze und nach ihnen die Itzen- plitze, von denen beiden ich in Nachstehendem zu erzählen haben werde.
[Hans Georg Sigismund von Lestwitz, von 1763 -- 1788.]
Lestwitz ebenso wie auch Prittwitz gehört in die Reihe der- jenigen Offiziere des großen Königs, denen es, bei verhältniß- mäßig noch jungen Jahren, vergönnt war, durch irgend eine glän- zende Kriegsthat in die Geschichte einzutreten, denen wir aber, während der letzten 30 Jahre ihres Lebens, wo sie zu hohen Stellungen gelangten, kaum wieder begegnen, weil der andauernde Friede jede Gelegenheit zu Thaten verbot, die der historischen Auf- zeichnung werth gewesen wären. Ich gebe hier alles, was ich über Lestwitz habe in Erfahrung bringen können.
Hans Sigismund von Lestwitz wurde am 19. Juni 1718 zu Kontop im Glogauschen geboren. Sein Vater war der spätere General-Lieutenant Johann George von Lestwitz, seine Mutter, Helene, geb. Freiin von Kottwitz. Die Lest- witze, die im Mannesstamme, mit unserm Hans Sigismund ausstarben, gehörten den vier alten schlesischen Familien an (die Lestwitze, die Prittwitz, Strachwitz und Zedlitz), die schon bei Liegnitz in der Mongolenschlacht gefochten hatten. Hans Si- gismund machte seine Studien auf der Universität zu Frank- furt a. d. O., und trat 1734 als Fahnjunker in das daselbst garnisonirende Schwerin'sche Regiment. Er machte die beiden schlesischen Kriege mit, focht bei Molwitz, Chotusitz (Czaslau), Hohenfriedberg und Sorr mit Auszeichnung, und erhielt gleich in der ersten Schlacht des 7jährigen Krieges (bei Lowositz) den Pour
weiß ja, daß Er keine Söhne hat“, antwortete der König gnädig, „es ſoll Alles Seiner Tochter verbleiben.“
So kamen Cunersdorf und Friedland an die Familie Leſt- witz, Friedland als freier Beſitz aus Königs Hand, Cunersdorf durch Kauf. Friedland, das einſt eine glänzende Zeit gehabt hatte, verlor mehr und mehr. Nur Kirchdorf blieb es. In Schloß Cu- nersdorf aber lebten die Leſtwitze und nach ihnen die Itzen- plitze, von denen beiden ich in Nachſtehendem zu erzählen haben werde.
[Hans Georg Sigismund von Leſtwitz, von 1763 — 1788.]
Leſtwitz ebenſo wie auch Prittwitz gehört in die Reihe der- jenigen Offiziere des großen Königs, denen es, bei verhältniß- mäßig noch jungen Jahren, vergönnt war, durch irgend eine glän- zende Kriegsthat in die Geſchichte einzutreten, denen wir aber, während der letzten 30 Jahre ihres Lebens, wo ſie zu hohen Stellungen gelangten, kaum wieder begegnen, weil der andauernde Friede jede Gelegenheit zu Thaten verbot, die der hiſtoriſchen Auf- zeichnung werth geweſen wären. Ich gebe hier alles, was ich über Leſtwitz habe in Erfahrung bringen können.
Hans Sigismund von Leſtwitz wurde am 19. Juni 1718 zu Kontop im Glogauſchen geboren. Sein Vater war der ſpätere General-Lieutenant Johann George von Leſtwitz, ſeine Mutter, Helene, geb. Freiin von Kottwitz. Die Leſt- witze, die im Mannesſtamme, mit unſerm Hans Sigismund ausſtarben, gehörten den vier alten ſchleſiſchen Familien an (die Leſtwitze, die Prittwitz, Strachwitz und Zedlitz), die ſchon bei Liegnitz in der Mongolenſchlacht gefochten hatten. Hans Si- gismund machte ſeine Studien auf der Univerſität zu Frank- furt a. d. O., und trat 1734 als Fahnjunker in das daſelbſt garniſonirende Schwerin’ſche Regiment. Er machte die beiden ſchleſiſchen Kriege mit, focht bei Molwitz, Chotuſitz (Czaslau), Hohenfriedberg und Sorr mit Auszeichnung, und erhielt gleich in der erſten Schlacht des 7jährigen Krieges (bei Lowoſitz) den Pour
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weiß ja, daß Er keine Söhne hat“, antwortete der König gnädig,
„es ſoll Alles Seiner Tochter verbleiben.“
So kamen Cunersdorf und Friedland an die Familie Leſt-
witz, Friedland als freier Beſitz aus Königs Hand, Cunersdorf
durch Kauf. Friedland, das einſt eine glänzende Zeit gehabt hatte,
verlor mehr und mehr. Nur Kirchdorf blieb es. In Schloß Cu-
nersdorf aber lebten die Leſtwitze und nach ihnen die Itzen-
plitze, von denen beiden ich in Nachſtehendem zu erzählen haben
werde.
[Hans Georg Sigismund von Leſtwitz,
von 1763 — 1788.]
Leſtwitz ebenſo wie auch Prittwitz gehört in die Reihe der-
jenigen Offiziere des großen Königs, denen es, bei verhältniß-
mäßig noch jungen Jahren, vergönnt war, durch irgend eine glän-
zende Kriegsthat in die Geſchichte einzutreten, denen wir aber,
während der letzten 30 Jahre ihres Lebens, wo ſie zu hohen
Stellungen gelangten, kaum wieder begegnen, weil der andauernde
Friede jede Gelegenheit zu Thaten verbot, die der hiſtoriſchen Auf-
zeichnung werth geweſen wären. Ich gebe hier alles, was ich über
Leſtwitz habe in Erfahrung bringen können.
Hans Sigismund von Leſtwitz wurde am 19. Juni
1718 zu Kontop im Glogauſchen geboren. Sein Vater war der
ſpätere General-Lieutenant Johann George von Leſtwitz,
ſeine Mutter, Helene, geb. Freiin von Kottwitz. Die Leſt-
witze, die im Mannesſtamme, mit unſerm Hans Sigismund
ausſtarben, gehörten den vier alten ſchleſiſchen Familien an (die
Leſtwitze, die Prittwitz, Strachwitz und Zedlitz), die ſchon
bei Liegnitz in der Mongolenſchlacht gefochten hatten. Hans Si-
gismund machte ſeine Studien auf der Univerſität zu Frank-
furt a. d. O., und trat 1734 als Fahnjunker in das daſelbſt
garniſonirende Schwerin’ſche Regiment. Er machte die beiden
ſchleſiſchen Kriege mit, focht bei Molwitz, Chotuſitz (Czaslau),
Hohenfriedberg und Sorr mit Auszeichnung, und erhielt gleich in
der erſten Schlacht des 7jährigen Krieges (bei Lowoſitz) den Pour
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/465>, abgerufen am 24.11.2024.
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