als er eben das Haus verlassen hatte, hörte sich von dem hinter ihm her eilenden Schöning angerufen, der ihn jetzt aufforderte, mit ihm auf die Seite zu treten. Barfus war dazu bereit; Schöning aber, statt bei Seite zu treten, stellte sich etwa hundert Schritte vor der Hauptwache auf und rief Barfus zu, er solle den Degen ziehen. Barfus durchschaute das Spiel, das offenbar darauf aus war, ihn Angesichts von Zeugen zu einer Insubordination, zu einem Angriff hinzureißen, und ließ bedächtig den Degen in der Scheide. Schöning aber wiederholte sein: "Zieht, Herr Gene- rallieutenant!" und rief ihm endlich zu: "Der Teufel soll mich holen, wenn dieser Barfus das Herz hat, den Degen zu ziehen!" Dabei schlug er zu gleicher Zeit dem Barfus den Stock aus der Hand, auf den sich dieser in vorgebogener Stellung während des ganzen Zwiegesprächs gestützt hatte. Barfus bückte sich, um den Stock wieder aufzuheben, und stieß dann mit dem spanischen Rohr nach Schöning, was dieser durch einen Stoß gegen des Gegners Hals erwiederte. Das war zu viel. Barfus fluchte: "Ei Sacra- ment!" und zog seinen Degen. Schöning sah ihm lächelnd zu, und seine beiden Arme in einander geschlagen, rief er jetzt: "Haha, Monsieur zieht seinen Degen zuerst!" und zog dann auch. Es sprangen aber andere Militärs dazwischen und die Streitenden wurden getrennt. Arrest folgte.
Dieser Vorfall machte größeres Aufsehen als die ganze Be- lagerung von Bonn (die beiläufig am 2. Oktober mit Uebergabe der Festung endete) und führte neun Monate lang zu einem halb juristischen, halb diplomatischen Kampf, in dem sich die gegenüber- stehenden Parteien, die Schöning'sche und die Barfus'sche, in un- zähligen Briefen, Eingaben, Gutachten etc. befehdeten. Aber die Partei Barfus war stärker. Die einflußreichsten Leute des Hofes, Danckelmann, Spanheim, Otto von Schwerin, alle nahmen, ent- weder weil die Sachlage oder der hochfahrende Charakter Schönings zu Gunsten Barfus sprach, die Partie des letzteren, und am 17. Juni 1690 erschien endlich folgendes kurfürstliches Rescript, das Schöning, ohne einem Rechtsspruch vorzugreifen, in ziemlich
als er eben das Haus verlaſſen hatte, hörte ſich von dem hinter ihm her eilenden Schöning angerufen, der ihn jetzt aufforderte, mit ihm auf die Seite zu treten. Barfus war dazu bereit; Schöning aber, ſtatt bei Seite zu treten, ſtellte ſich etwa hundert Schritte vor der Hauptwache auf und rief Barfus zu, er ſolle den Degen ziehen. Barfus durchſchaute das Spiel, das offenbar darauf aus war, ihn Angeſichts von Zeugen zu einer Inſubordination, zu einem Angriff hinzureißen, und ließ bedächtig den Degen in der Scheide. Schöning aber wiederholte ſein: „Zieht, Herr Gene- rallieutenant!“ und rief ihm endlich zu: „Der Teufel ſoll mich holen, wenn dieſer Barfus das Herz hat, den Degen zu ziehen!“ Dabei ſchlug er zu gleicher Zeit dem Barfus den Stock aus der Hand, auf den ſich dieſer in vorgebogener Stellung während des ganzen Zwiegeſprächs geſtützt hatte. Barfus bückte ſich, um den Stock wieder aufzuheben, und ſtieß dann mit dem ſpaniſchen Rohr nach Schöning, was dieſer durch einen Stoß gegen des Gegners Hals erwiederte. Das war zu viel. Barfus fluchte: „Ei Sacra- ment!“ und zog ſeinen Degen. Schöning ſah ihm lächelnd zu, und ſeine beiden Arme in einander geſchlagen, rief er jetzt: „Haha, Monſieur zieht ſeinen Degen zuerſt!“ und zog dann auch. Es ſprangen aber andere Militärs dazwiſchen und die Streitenden wurden getrennt. Arreſt folgte.
Dieſer Vorfall machte größeres Aufſehen als die ganze Be- lagerung von Bonn (die beiläufig am 2. Oktober mit Uebergabe der Feſtung endete) und führte neun Monate lang zu einem halb juriſtiſchen, halb diplomatiſchen Kampf, in dem ſich die gegenüber- ſtehenden Parteien, die Schöning’ſche und die Barfus’ſche, in un- zähligen Briefen, Eingaben, Gutachten ꝛc. befehdeten. Aber die Partei Barfus war ſtärker. Die einflußreichſten Leute des Hofes, Danckelmann, Spanheim, Otto von Schwerin, alle nahmen, ent- weder weil die Sachlage oder der hochfahrende Charakter Schönings zu Gunſten Barfus ſprach, die Partie des letzteren, und am 17. Juni 1690 erſchien endlich folgendes kurfürſtliches Reſcript, das Schöning, ohne einem Rechtsſpruch vorzugreifen, in ziemlich
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als er eben das Haus verlaſſen hatte, hörte ſich von dem hinter
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mit ihm auf die Seite zu treten. Barfus war dazu bereit;
Schöning aber, ſtatt bei Seite zu treten, ſtellte ſich etwa hundert
Schritte vor der Hauptwache auf und rief Barfus zu, er ſolle den
Degen ziehen. Barfus durchſchaute das Spiel, das offenbar darauf
aus war, ihn Angeſichts von Zeugen zu einer Inſubordination,
zu einem Angriff hinzureißen, und ließ bedächtig den Degen in
der Scheide. Schöning aber wiederholte ſein: „Zieht, Herr Gene-
rallieutenant!“ und rief ihm endlich zu: „Der Teufel ſoll mich
holen, wenn dieſer Barfus das Herz hat, den Degen zu ziehen!“
Dabei ſchlug er zu gleicher Zeit dem Barfus den Stock aus der
Hand, auf den ſich dieſer in vorgebogener Stellung während des
ganzen Zwiegeſprächs geſtützt hatte. Barfus bückte ſich, um den
Stock wieder aufzuheben, und ſtieß dann mit dem ſpaniſchen Rohr
nach Schöning, was dieſer durch einen Stoß gegen des Gegners
Hals erwiederte. Das war zu viel. Barfus fluchte: „Ei Sacra-
ment!“ und zog ſeinen Degen. Schöning ſah ihm lächelnd zu,
und ſeine beiden Arme in einander geſchlagen, rief er jetzt: „Haha,
Monſieur zieht ſeinen Degen zuerſt!“ und zog dann auch. Es
ſprangen aber andere Militärs dazwiſchen und die Streitenden
wurden getrennt. Arreſt folgte.
Dieſer Vorfall machte größeres Aufſehen als die ganze Be-
lagerung von Bonn (die beiläufig am 2. Oktober mit Uebergabe
der Feſtung endete) und führte neun Monate lang zu einem halb
juriſtiſchen, halb diplomatiſchen Kampf, in dem ſich die gegenüber-
ſtehenden Parteien, die Schöning’ſche und die Barfus’ſche, in un-
zähligen Briefen, Eingaben, Gutachten ꝛc. befehdeten. Aber die
Partei Barfus war ſtärker. Die einflußreichſten Leute des Hofes,
Danckelmann, Spanheim, Otto von Schwerin, alle nahmen, ent-
weder weil die Sachlage oder der hochfahrende Charakter Schönings
zu Gunſten Barfus ſprach, die Partie des letzteren, und am
17. Juni 1690 erſchien endlich folgendes kurfürſtliches Reſcript,
das Schöning, ohne einem Rechtsſpruch vorzugreifen, in ziemlich
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/46>, abgerufen am 21.11.2024.
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