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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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nehmen und das Nothwendige und Nützliche zugleich erfüllen,
nothwendig ihm allein, aber nützlich der Allgemeinheit, der gu-
ten Sache.

Rahels Worte aber halten ihn in der Heimath und führen
ihn endlich aus seiner Friedersdorfer Verbannung wieder in die
Welt zurück. "Sie dürfen nicht vereinsamen. In Friedersdorf ist
keine Gesellschaft für Sie, und die müssen Sie haben, lebendigen
alles anregenden Umgang. Sie gehen da in Ihren eigenen Stim-
mungen wie in einem Zauberwald umher und werden bald nichts
mehr vernehmen können."

Zuletzt hat er überwunden, Weichheit, ein neues Leben scheint
sein Herz beschlichen zu haben, und er schreibt, frühere Briefworte
Rahels in seiner Antwort wiederholend: "Leben, lieben, studiren,
fleißig sein, heirathen, wenns so kommt, jede Kleinigkeit recht und
lebendig machen, dies ist immer gelebt und dies wehrt niemand."
-- Ja, Sie haben Recht, liebe Rahel. Ja, ich weiß das jetzt.
Fernab sind mir jetzt alle Träume von Heldengröße und äußerer
Bedeutsamkeit; führt mich das Schicksal dahin, wo ich in großen
Kreisen zu wirken habe, so will ich auch das können, aber meine
Hoffnungen, meine Plane sind nicht darauf gestellt. Ich klage auch
nicht länger über die Zeit; ganz dumm ist, wer das thut. Wem
das Herrliche im Gemüth gegeben ist, dem wird alle Zeit herrlich."

Mit diesem Briefe sehen wir Marwitz nach Berlin zurückkeh-
ren, und ein neues, klareres Leben beginnt. Es ist plötzlich, als
habe der Most ausgegohren. Viele Ideale sind hin, aber das
Schillersche Trostwort: "Beschäftigung, die nie ermattet", wird
auch ein Trostwort für ihn. Ernst, Arbeit nehmen von ihm Besitz,
das wirkliche Leben, wie es ist, wohl oder übel, ist plötzlich für
ihn da, er stellt sich zu demselben und tritt mitwirkend, mitstrebend
an dem Nächstliegenden in dieses wirkliche Leben ein.

Marwitz verließ Friedersdorf etwa im Juli 1811, aber nicht, um
in Berlin seinen Wohnsitz zu nehmen, sondern um in Potsdam
bei der dortigen Regierung als Hülfsarbeiter einzutreten. Zugleich
beschäftigten ihn Vorarbeiten zu einem juristischen oder kameralisti-

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nehmen und das Nothwendige und Nützliche zugleich erfüllen,
nothwendig ihm allein, aber nützlich der Allgemeinheit, der gu-
ten Sache.

Rahels Worte aber halten ihn in der Heimath und führen
ihn endlich aus ſeiner Friedersdorfer Verbannung wieder in die
Welt zurück. „Sie dürfen nicht vereinſamen. In Friedersdorf iſt
keine Geſellſchaft für Sie, und die müſſen Sie haben, lebendigen
alles anregenden Umgang. Sie gehen da in Ihren eigenen Stim-
mungen wie in einem Zauberwald umher und werden bald nichts
mehr vernehmen können.“

Zuletzt hat er überwunden, Weichheit, ein neues Leben ſcheint
ſein Herz beſchlichen zu haben, und er ſchreibt, frühere Briefworte
Rahels in ſeiner Antwort wiederholend: „Leben, lieben, ſtudiren,
fleißig ſein, heirathen, wenns ſo kommt, jede Kleinigkeit recht und
lebendig machen, dies iſt immer gelebt und dies wehrt niemand.“
— Ja, Sie haben Recht, liebe Rahel. Ja, ich weiß das jetzt.
Fernab ſind mir jetzt alle Träume von Heldengröße und äußerer
Bedeutſamkeit; führt mich das Schickſal dahin, wo ich in großen
Kreiſen zu wirken habe, ſo will ich auch das können, aber meine
Hoffnungen, meine Plane ſind nicht darauf geſtellt. Ich klage auch
nicht länger über die Zeit; ganz dumm iſt, wer das thut. Wem
das Herrliche im Gemüth gegeben iſt, dem wird alle Zeit herrlich.“

Mit dieſem Briefe ſehen wir Marwitz nach Berlin zurückkeh-
ren, und ein neues, klareres Leben beginnt. Es iſt plötzlich, als
habe der Moſt ausgegohren. Viele Ideale ſind hin, aber das
Schillerſche Troſtwort: „Beſchäftigung, die nie ermattet“, wird
auch ein Troſtwort für ihn. Ernſt, Arbeit nehmen von ihm Beſitz,
das wirkliche Leben, wie es iſt, wohl oder übel, iſt plötzlich für
ihn da, er ſtellt ſich zu demſelben und tritt mitwirkend, mitſtrebend
an dem Nächſtliegenden in dieſes wirkliche Leben ein.

Marwitz verließ Friedersdorf etwa im Juli 1811, aber nicht, um
in Berlin ſeinen Wohnſitz zu nehmen, ſondern um in Potsdam
bei der dortigen Regierung als Hülfsarbeiter einzutreten. Zugleich
beſchäftigten ihn Vorarbeiten zu einem juriſtiſchen oder kameraliſti-

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[401/0413] nehmen und das Nothwendige und Nützliche zugleich erfüllen, nothwendig ihm allein, aber nützlich der Allgemeinheit, der gu- ten Sache. Rahels Worte aber halten ihn in der Heimath und führen ihn endlich aus ſeiner Friedersdorfer Verbannung wieder in die Welt zurück. „Sie dürfen nicht vereinſamen. In Friedersdorf iſt keine Geſellſchaft für Sie, und die müſſen Sie haben, lebendigen alles anregenden Umgang. Sie gehen da in Ihren eigenen Stim- mungen wie in einem Zauberwald umher und werden bald nichts mehr vernehmen können.“ Zuletzt hat er überwunden, Weichheit, ein neues Leben ſcheint ſein Herz beſchlichen zu haben, und er ſchreibt, frühere Briefworte Rahels in ſeiner Antwort wiederholend: „Leben, lieben, ſtudiren, fleißig ſein, heirathen, wenns ſo kommt, jede Kleinigkeit recht und lebendig machen, dies iſt immer gelebt und dies wehrt niemand.“ — Ja, Sie haben Recht, liebe Rahel. Ja, ich weiß das jetzt. Fernab ſind mir jetzt alle Träume von Heldengröße und äußerer Bedeutſamkeit; führt mich das Schickſal dahin, wo ich in großen Kreiſen zu wirken habe, ſo will ich auch das können, aber meine Hoffnungen, meine Plane ſind nicht darauf geſtellt. Ich klage auch nicht länger über die Zeit; ganz dumm iſt, wer das thut. Wem das Herrliche im Gemüth gegeben iſt, dem wird alle Zeit herrlich.“ Mit dieſem Briefe ſehen wir Marwitz nach Berlin zurückkeh- ren, und ein neues, klareres Leben beginnt. Es iſt plötzlich, als habe der Moſt ausgegohren. Viele Ideale ſind hin, aber das Schillerſche Troſtwort: „Beſchäftigung, die nie ermattet“, wird auch ein Troſtwort für ihn. Ernſt, Arbeit nehmen von ihm Beſitz, das wirkliche Leben, wie es iſt, wohl oder übel, iſt plötzlich für ihn da, er ſtellt ſich zu demſelben und tritt mitwirkend, mitſtrebend an dem Nächſtliegenden in dieſes wirkliche Leben ein. Marwitz verließ Friedersdorf etwa im Juli 1811, aber nicht, um in Berlin ſeinen Wohnſitz zu nehmen, ſondern um in Potsdam bei der dortigen Regierung als Hülfsarbeiter einzutreten. Zugleich beſchäftigten ihn Vorarbeiten zu einem juriſtiſchen oder kameraliſti- 26

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/413>, abgerufen am 25.11.2024.