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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Auge wurde matt, so verging er wie eine Blume. Seine Mutter
saß in der Sterbenacht an seinem Bett; da richtete er sich noch
einmal auf, küßte der Mutter die Hand und sprach sterbend, aber
leise-vernehmlich vor sich hin:

Alle Liebe ist nicht stark genung,
Ich muß doch sterben und bin so jung.

So die Sage; eh wir aber auf dieselbe in aller Kürze noch
einmal zurückkommen, begleiten wir die Uchtenhagen noch durch
ihre letzten Jahre bis zum völligen Erlöschen des Geschlechts.

Hans von Uchtenhagen (der überlebende Vater des früh
heimgegangenen Kindes) den Freuden dieser Welt für immer ab-
gewandt, und ohne tiefres Interesse, das alte Erbe des Hauses
zusammenzuhalten, verkaufte, ein Jahr nach dem Tode seines Kin-
des, die Stadt Freienwalde, sammt allen seinen sonstigen Gütern,
an den Kurfürsten Johann Sigismund, zugleich sich verpflichtend,
die reichen Besitzungen jenseit der Oder, die sogenannte Insel
Neuenhagen, sofort in churfürstlichen Besitz übergehen zu lassen.
Andrerseits ward ihm, dem Hans von Uchtenhagen, die Beibehal-
tung aller diesseits der Oder gelegenen Besitzungen, namentlich
der Stadt Freienwalde, auf die Dauer seines Lebens zugestanden,
auch das Recht ihm eingeräumt, bei etwaiger Geburt eines Erben,
gegen Rückzahlung der Kaufsumme, in den alten Besitz wieder ein-
treten zu können. Aber kein Erbe wurde geboren, und in das
alte, still und freudlos gewordene Haus der Uchtenhagens, das
sich, mit Thurm und Zinnen, ein alter gothischer Bau, neben der
Freienwalder Kirche erhob, trat nur noch der Engel des Todes.
Dem Sohne folgte drei Jahre später die Mutter, bis nach aber-
mals 12 Jahren, voll stillen Leids und frommer Betrachtung, auch
Hans von Uchtenhagen, aus der Unrast dieser Tage eintrat in
das Reich des ewigen Friedens. Das Kirchenbuch berichtet:

Anno Domini 1618, am Abend Judica des 21. Martii,
zwischen 12 und 1 Uhr, ist der Edle, gestrenge und Ehrenveste
Hans von Uchtenhagen, dieses Städtleins Erbherr und Junker

Auge wurde matt, ſo verging er wie eine Blume. Seine Mutter
ſaß in der Sterbenacht an ſeinem Bett; da richtete er ſich noch
einmal auf, küßte der Mutter die Hand und ſprach ſterbend, aber
leiſe-vernehmlich vor ſich hin:

Alle Liebe iſt nicht ſtark genung,
Ich muß doch ſterben und bin ſo jung.

So die Sage; eh wir aber auf dieſelbe in aller Kürze noch
einmal zurückkommen, begleiten wir die Uchtenhagen noch durch
ihre letzten Jahre bis zum völligen Erlöſchen des Geſchlechts.

Hans von Uchtenhagen (der überlebende Vater des früh
heimgegangenen Kindes) den Freuden dieſer Welt für immer ab-
gewandt, und ohne tiefres Intereſſe, das alte Erbe des Hauſes
zuſammenzuhalten, verkaufte, ein Jahr nach dem Tode ſeines Kin-
des, die Stadt Freienwalde, ſammt allen ſeinen ſonſtigen Gütern,
an den Kurfürſten Johann Sigismund, zugleich ſich verpflichtend,
die reichen Beſitzungen jenſeit der Oder, die ſogenannte Inſel
Neuenhagen, ſofort in churfürſtlichen Beſitz übergehen zu laſſen.
Andrerſeits ward ihm, dem Hans von Uchtenhagen, die Beibehal-
tung aller dieſſeits der Oder gelegenen Beſitzungen, namentlich
der Stadt Freienwalde, auf die Dauer ſeines Lebens zugeſtanden,
auch das Recht ihm eingeräumt, bei etwaiger Geburt eines Erben,
gegen Rückzahlung der Kaufſumme, in den alten Beſitz wieder ein-
treten zu können. Aber kein Erbe wurde geboren, und in das
alte, ſtill und freudlos gewordene Haus der Uchtenhagens, das
ſich, mit Thurm und Zinnen, ein alter gothiſcher Bau, neben der
Freienwalder Kirche erhob, trat nur noch der Engel des Todes.
Dem Sohne folgte drei Jahre ſpäter die Mutter, bis nach aber-
mals 12 Jahren, voll ſtillen Leids und frommer Betrachtung, auch
Hans von Uchtenhagen, aus der Unraſt dieſer Tage eintrat in
das Reich des ewigen Friedens. Das Kirchenbuch berichtet:

Anno Domini 1618, am Abend Judica des 21. Martii,
zwiſchen 12 und 1 Uhr, iſt der Edle, geſtrenge und Ehrenveſte
Hans von Uchtenhagen, dieſes Städtleins Erbherr und Junker

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[318/0330] Auge wurde matt, ſo verging er wie eine Blume. Seine Mutter ſaß in der Sterbenacht an ſeinem Bett; da richtete er ſich noch einmal auf, küßte der Mutter die Hand und ſprach ſterbend, aber leiſe-vernehmlich vor ſich hin: Alle Liebe iſt nicht ſtark genung, Ich muß doch ſterben und bin ſo jung. So die Sage; eh wir aber auf dieſelbe in aller Kürze noch einmal zurückkommen, begleiten wir die Uchtenhagen noch durch ihre letzten Jahre bis zum völligen Erlöſchen des Geſchlechts. Hans von Uchtenhagen (der überlebende Vater des früh heimgegangenen Kindes) den Freuden dieſer Welt für immer ab- gewandt, und ohne tiefres Intereſſe, das alte Erbe des Hauſes zuſammenzuhalten, verkaufte, ein Jahr nach dem Tode ſeines Kin- des, die Stadt Freienwalde, ſammt allen ſeinen ſonſtigen Gütern, an den Kurfürſten Johann Sigismund, zugleich ſich verpflichtend, die reichen Beſitzungen jenſeit der Oder, die ſogenannte Inſel Neuenhagen, ſofort in churfürſtlichen Beſitz übergehen zu laſſen. Andrerſeits ward ihm, dem Hans von Uchtenhagen, die Beibehal- tung aller dieſſeits der Oder gelegenen Beſitzungen, namentlich der Stadt Freienwalde, auf die Dauer ſeines Lebens zugeſtanden, auch das Recht ihm eingeräumt, bei etwaiger Geburt eines Erben, gegen Rückzahlung der Kaufſumme, in den alten Beſitz wieder ein- treten zu können. Aber kein Erbe wurde geboren, und in das alte, ſtill und freudlos gewordene Haus der Uchtenhagens, das ſich, mit Thurm und Zinnen, ein alter gothiſcher Bau, neben der Freienwalder Kirche erhob, trat nur noch der Engel des Todes. Dem Sohne folgte drei Jahre ſpäter die Mutter, bis nach aber- mals 12 Jahren, voll ſtillen Leids und frommer Betrachtung, auch Hans von Uchtenhagen, aus der Unraſt dieſer Tage eintrat in das Reich des ewigen Friedens. Das Kirchenbuch berichtet: Anno Domini 1618, am Abend Judica des 21. Martii, zwiſchen 12 und 1 Uhr, iſt der Edle, geſtrenge und Ehrenveſte Hans von Uchtenhagen, dieſes Städtleins Erbherr und Junker

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/330>, abgerufen am 22.11.2024.