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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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im Winter und Frühling gewährten und den Sommer über zu
Kürbisgärten dienten. Den übrigen Mist warf man aufs Eis oder
ins Wasser und ließ ihn mit der Oder forttreiben. Einzeln lie-
gende Häuser (wie jetzt) gab es im Bruche nicht ein einziges.
Im Frühling, und sonderlich im Mai, pflegte die Oder die
ganze Gegend zu 10 bis 12, bis 14 Fuß hoch zu überschwem-
men, so daß zuweilen das Wasser die Dörfer durchströmte
und niemand anders als mit Kähnen zu dem andern
kommen konnte
." (Dafür, daß das ganze Bruch damals sehr
oft unter Wasser stand und keine andre Communikation, als mit-
telst Kahn zuließ, spricht auch die Einleitung zu der vorstehenden
Schilderung. Diese lautet: "Ich habe das Bruch unzählige Mal
durchreist, sowohl ehedem zu Wasser, als auch jetzt, nachdem es
urbar gemacht worden ist, zu Lande.")

Diese Beschreibung, kurz wie sie ist, ist doch das Beste und
Zuverlässigste, was sich über den Zustand des Bruchs, wie es vor
der Eindeichung war, beibringen läßt. Der neumärkische Geistliche,
von dem die Schilderung herrührt, hatte die alten Zustände wirk-
lich noch gesehn, und so wenig das sein mag, was er in dieser
seiner Beschreibung beibringt, es giebt doch ein klares und be-
stimmtes Bild. Wir erfahren aus diesem Briefe dreierlei: 1. daß das
Bruch den größten Theil des Jahres über unter Wasser stand und
nur zu Wasser passirbar war; 2. daß auf den kleinen Sandinseln
dieses Bruchs Häusergruppen ("in Haufen" sagt der Briefschrei-
ber) lagen, die uns also die Form dieser wendischen Dörfer ver-
anschaulichen; und 3. daß es kleine schmutzige Häuser (entweder
aus Holzblöcken aufgeführt, oder sogenannte Lehmkathen)
waren, die meistens von Kuhmist-Wällen gegen das andrin-
gende Wasser vertheidigt wurden.

Man hat dies Bild durch die Hinzusetzung vervollständigen
wollen, "daß also, nach diesem allem, die alten wendischen Bruch-
dörfer den noch jetzt existirenden Spreewalddörfern muthmaßlich
sehr ähnlich gewesen wären" und wenn man diese Aehnlichkeit auf
den Grundcharakter der Dörfer, d. h. auf ihre Art und nicht

im Winter und Frühling gewährten und den Sommer über zu
Kürbisgärten dienten. Den übrigen Miſt warf man aufs Eis oder
ins Waſſer und ließ ihn mit der Oder forttreiben. Einzeln lie-
gende Häuſer (wie jetzt) gab es im Bruche nicht ein einziges.
Im Frühling, und ſonderlich im Mai, pflegte die Oder die
ganze Gegend zu 10 bis 12, bis 14 Fuß hoch zu überſchwem-
men, ſo daß zuweilen das Waſſer die Dörfer durchſtrömte
und niemand anders als mit Kähnen zu dem andern
kommen konnte
.“ (Dafür, daß das ganze Bruch damals ſehr
oft unter Waſſer ſtand und keine andre Communikation, als mit-
telſt Kahn zuließ, ſpricht auch die Einleitung zu der vorſtehenden
Schilderung. Dieſe lautet: „Ich habe das Bruch unzählige Mal
durchreiſt, ſowohl ehedem zu Waſſer, als auch jetzt, nachdem es
urbar gemacht worden iſt, zu Lande.“)

Dieſe Beſchreibung, kurz wie ſie iſt, iſt doch das Beſte und
Zuverläſſigſte, was ſich über den Zuſtand des Bruchs, wie es vor
der Eindeichung war, beibringen läßt. Der neumärkiſche Geiſtliche,
von dem die Schilderung herrührt, hatte die alten Zuſtände wirk-
lich noch geſehn, und ſo wenig das ſein mag, was er in dieſer
ſeiner Beſchreibung beibringt, es giebt doch ein klares und be-
ſtimmtes Bild. Wir erfahren aus dieſem Briefe dreierlei: 1. daß das
Bruch den größten Theil des Jahres über unter Waſſer ſtand und
nur zu Waſſer paſſirbar war; 2. daß auf den kleinen Sandinſeln
dieſes Bruchs Häuſergruppen („in Haufen“ ſagt der Briefſchrei-
ber) lagen, die uns alſo die Form dieſer wendiſchen Dörfer ver-
anſchaulichen; und 3. daß es kleine ſchmutzige Häuſer (entweder
aus Holzblöcken aufgeführt, oder ſogenannte Lehmkathen)
waren, die meiſtens von Kuhmiſt-Wällen gegen das andrin-
gende Waſſer vertheidigt wurden.

Man hat dies Bild durch die Hinzuſetzung vervollſtändigen
wollen, „daß alſo, nach dieſem allem, die alten wendiſchen Bruch-
dörfer den noch jetzt exiſtirenden Spreewalddörfern muthmaßlich
ſehr ähnlich geweſen wären“ und wenn man dieſe Aehnlichkeit auf
den Grundcharakter der Dörfer, d. h. auf ihre Art und nicht

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[207/0219] im Winter und Frühling gewährten und den Sommer über zu Kürbisgärten dienten. Den übrigen Miſt warf man aufs Eis oder ins Waſſer und ließ ihn mit der Oder forttreiben. Einzeln lie- gende Häuſer (wie jetzt) gab es im Bruche nicht ein einziges. Im Frühling, und ſonderlich im Mai, pflegte die Oder die ganze Gegend zu 10 bis 12, bis 14 Fuß hoch zu überſchwem- men, ſo daß zuweilen das Waſſer die Dörfer durchſtrömte und niemand anders als mit Kähnen zu dem andern kommen konnte.“ (Dafür, daß das ganze Bruch damals ſehr oft unter Waſſer ſtand und keine andre Communikation, als mit- telſt Kahn zuließ, ſpricht auch die Einleitung zu der vorſtehenden Schilderung. Dieſe lautet: „Ich habe das Bruch unzählige Mal durchreiſt, ſowohl ehedem zu Waſſer, als auch jetzt, nachdem es urbar gemacht worden iſt, zu Lande.“) Dieſe Beſchreibung, kurz wie ſie iſt, iſt doch das Beſte und Zuverläſſigſte, was ſich über den Zuſtand des Bruchs, wie es vor der Eindeichung war, beibringen läßt. Der neumärkiſche Geiſtliche, von dem die Schilderung herrührt, hatte die alten Zuſtände wirk- lich noch geſehn, und ſo wenig das ſein mag, was er in dieſer ſeiner Beſchreibung beibringt, es giebt doch ein klares und be- ſtimmtes Bild. Wir erfahren aus dieſem Briefe dreierlei: 1. daß das Bruch den größten Theil des Jahres über unter Waſſer ſtand und nur zu Waſſer paſſirbar war; 2. daß auf den kleinen Sandinſeln dieſes Bruchs Häuſergruppen („in Haufen“ ſagt der Briefſchrei- ber) lagen, die uns alſo die Form dieſer wendiſchen Dörfer ver- anſchaulichen; und 3. daß es kleine ſchmutzige Häuſer (entweder aus Holzblöcken aufgeführt, oder ſogenannte Lehmkathen) waren, die meiſtens von Kuhmiſt-Wällen gegen das andrin- gende Waſſer vertheidigt wurden. Man hat dies Bild durch die Hinzuſetzung vervollſtändigen wollen, „daß alſo, nach dieſem allem, die alten wendiſchen Bruch- dörfer den noch jetzt exiſtirenden Spreewalddörfern muthmaßlich ſehr ähnlich geweſen wären“ und wenn man dieſe Aehnlichkeit auf den Grundcharakter der Dörfer, d. h. auf ihre Art und nicht

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/219>, abgerufen am 25.11.2024.