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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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lasse, ward auch noch das Fleisch aus der Suppe gethan. Wie er
an Umsicht, Raschheit und verschlagener Tapferkeit ein Geistes-
verwandter des alten Zieten war, so war er es auch in Schlicht-
heit, Rechtschaffenheit, Unbestechlichkeit. Die Worte des Prinzen
Heinrich, die den alten Husaren-General so schön charakterisiren,
("er verachtete alle diejenigen, die sich auf Kosten unterdrückter
Völker bereicherten") passen ebenso auf Günther. Seine kurze
Verwaltung Süd-Preußens war deshalb in mehr als einer Bezie-
hung ein Segen für jene Landestheile. Seine Uneigennützigkeit
erwarb ihm die Achtung von Freund und Feind, und selbst die
polnische Bevölkerung näherte sich ihm und unterwarf sich in strei-
tigen Fällen seiner Entscheidung. Von Suwaroff, den er öfter
sah, wurde er in ausgezeichneter Weise empfangen. "Ich freue
mich, heute einen wahren General kennen zu lernen
"
waren die ersten Worte, womit der damals im Zenith seines
Ruhms stehende Praga-Erstürmer unsern General begrüßte, und
als Günther mehrere Jahre später ein in Süd-Preußen zurück-
gebliebenes, völlig vergessenes russisches Magazin unaufgefordert
an Suwaroff zurückliefern wollte, rief dieser verwundert aus:
"Solch' einen Glauben hab' ich in Israel nicht funden." Frei-
lich, es war so unrussisch wie möglich.

An Gehorsam, an Diensttreue war ihm keiner gleich. Seine
stete Sorge war, daß der König schlecht bedient werde. In
vollem Maaße gehörte er noch jenem Krieger-Orden an, der sich
während der Regierungszeit des großen Königs gebildet hatte,
dessen erste und einzige Regel lautete "im Dienst des Vaterlandes
zu leben und zu sterben." Das Opfer war Gebot, war Leiden-
schaft
. Preußen über alles. Noch wenige Wochen vor seinem Tode,
als ihm erzählt wurde, daß die Grenadier-Bataillone die alten
Grenadier-Mützen wieder erhalten hätten, rief er aus: Gott gebe,
daß mit den alten Mützen auch der alte Geist der Gleim'schen
Grenadiere wieder da sein möge, dann werden sie und Preußen
unüberwindlich sein." Der Tod ersparte ihm die bittre Erfahrung,

laſſe, ward auch noch das Fleiſch aus der Suppe gethan. Wie er
an Umſicht, Raſchheit und verſchlagener Tapferkeit ein Geiſtes-
verwandter des alten Zieten war, ſo war er es auch in Schlicht-
heit, Rechtſchaffenheit, Unbeſtechlichkeit. Die Worte des Prinzen
Heinrich, die den alten Huſaren-General ſo ſchön charakteriſiren,
(„er verachtete alle diejenigen, die ſich auf Koſten unterdrückter
Völker bereicherten“) paſſen ebenſo auf Günther. Seine kurze
Verwaltung Süd-Preußens war deshalb in mehr als einer Bezie-
hung ein Segen für jene Landestheile. Seine Uneigennützigkeit
erwarb ihm die Achtung von Freund und Feind, und ſelbſt die
polniſche Bevölkerung näherte ſich ihm und unterwarf ſich in ſtrei-
tigen Fällen ſeiner Entſcheidung. Von Suwaroff, den er öfter
ſah, wurde er in ausgezeichneter Weiſe empfangen. „Ich freue
mich, heute einen wahren General kennen zu lernen

waren die erſten Worte, womit der damals im Zenith ſeines
Ruhms ſtehende Praga-Erſtürmer unſern General begrüßte, und
als Günther mehrere Jahre ſpäter ein in Süd-Preußen zurück-
gebliebenes, völlig vergeſſenes ruſſiſches Magazin unaufgefordert
an Suwaroff zurückliefern wollte, rief dieſer verwundert aus:
„Solch’ einen Glauben hab’ ich in Iſrael nicht funden.“ Frei-
lich, es war ſo unruſſiſch wie möglich.

An Gehorſam, an Dienſttreue war ihm keiner gleich. Seine
ſtete Sorge war, daß der König ſchlecht bedient werde. In
vollem Maaße gehörte er noch jenem Krieger-Orden an, der ſich
während der Regierungszeit des großen Königs gebildet hatte,
deſſen erſte und einzige Regel lautete „im Dienſt des Vaterlandes
zu leben und zu ſterben.“ Das Opfer war Gebot, war Leiden-
ſchaft
. Preußen über alles. Noch wenige Wochen vor ſeinem Tode,
als ihm erzählt wurde, daß die Grenadier-Bataillone die alten
Grenadier-Mützen wieder erhalten hätten, rief er aus: Gott gebe,
daß mit den alten Mützen auch der alte Geiſt der Gleim’ſchen
Grenadiere wieder da ſein möge, dann werden ſie und Preußen
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[61/0079] laſſe, ward auch noch das Fleiſch aus der Suppe gethan. Wie er an Umſicht, Raſchheit und verſchlagener Tapferkeit ein Geiſtes- verwandter des alten Zieten war, ſo war er es auch in Schlicht- heit, Rechtſchaffenheit, Unbeſtechlichkeit. Die Worte des Prinzen Heinrich, die den alten Huſaren-General ſo ſchön charakteriſiren, („er verachtete alle diejenigen, die ſich auf Koſten unterdrückter Völker bereicherten“) paſſen ebenſo auf Günther. Seine kurze Verwaltung Süd-Preußens war deshalb in mehr als einer Bezie- hung ein Segen für jene Landestheile. Seine Uneigennützigkeit erwarb ihm die Achtung von Freund und Feind, und ſelbſt die polniſche Bevölkerung näherte ſich ihm und unterwarf ſich in ſtrei- tigen Fällen ſeiner Entſcheidung. Von Suwaroff, den er öfter ſah, wurde er in ausgezeichneter Weiſe empfangen. „Ich freue mich, heute einen wahren General kennen zu lernen“ waren die erſten Worte, womit der damals im Zenith ſeines Ruhms ſtehende Praga-Erſtürmer unſern General begrüßte, und als Günther mehrere Jahre ſpäter ein in Süd-Preußen zurück- gebliebenes, völlig vergeſſenes ruſſiſches Magazin unaufgefordert an Suwaroff zurückliefern wollte, rief dieſer verwundert aus: „Solch’ einen Glauben hab’ ich in Iſrael nicht funden.“ Frei- lich, es war ſo unruſſiſch wie möglich. An Gehorſam, an Dienſttreue war ihm keiner gleich. Seine ſtete Sorge war, daß der König ſchlecht bedient werde. In vollem Maaße gehörte er noch jenem Krieger-Orden an, der ſich während der Regierungszeit des großen Königs gebildet hatte, deſſen erſte und einzige Regel lautete „im Dienſt des Vaterlandes zu leben und zu ſterben.“ Das Opfer war Gebot, war Leiden- ſchaft. Preußen über alles. Noch wenige Wochen vor ſeinem Tode, als ihm erzählt wurde, daß die Grenadier-Bataillone die alten Grenadier-Mützen wieder erhalten hätten, rief er aus: Gott gebe, daß mit den alten Mützen auch der alte Geiſt der Gleim’ſchen Grenadiere wieder da ſein möge, dann werden ſie und Preußen unüberwindlich ſein.“ Der Tod erſparte ihm die bittre Erfahrung,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/79>, abgerufen am 24.11.2024.