die Bewunderung der Fremden ist; und der Marmorstatuen Scharnhorst's und Bülow's kann nicht Erwähnung geschehen, ohne daß gleichzeitig und mit immer wachsender Pietät auf die Stand- bilder Zieten's und Leopold's von Dessau hingewiesen würde, die wir dem erfinderischen Kopf und der muthigen Hand des Alten verdanken. Die Fachleute zweifeln kaum noch, vor wem sie sich, als vor dem größeren, zu beugen haben; Rauch hatte die geschick- tere Hand, aber Schadow's Genius stieg höher. Er schritt voran; er brach die Bahn, auf der die Gestalt des Andern, groß und leuchtend und mit dem fliegenden Haar des Olympiers, ihm folgte.
Es ist nicht Absicht dieser Zeilen, den Charakter Schadow's nach allen Seiten hin zu zeichnen; aber ein Zug darf schließlich nicht vergessen sein, der entschieden in das Bild des Alten gehört -- seine Loyalität, sein Herz für Preußen und die Mark. Er war, durch ein volles halbes Jahrhundert hindurch, ein Liebling des Hofes; aber es waren nicht die entsprechenden Auszeichnungen, die seine Loyalität erst schufen; vielmehr wurde er ein Liebling, weil er sich in schwerer Zeit als ein Mann von Herz und Hand be- währt hatte. Er gehörte zu denen, denen gegenüber das allgemein patriarchalische Verhältniß, in dem die Hohenzollern zu ihren Unterthanen stehen, den intimeren Charakter einer alten Bekannt- schaft annimmt und zu einem Verhältniß führt, in dem das Ele- ment der Scheu von der einen und der Hoheit von der andern Seite, in dem des Vertrauens völlig untergeht. Es giebt viel- leicht keine andere Fürstenfamilie, die derartige Verhältnisse kennt, sicherlich nicht in dieser Zahl. An den meisten Höfen fehlt das Vertrauen, bei anderen lassen Steifheit und Formenwesen das Menschliche nicht zur vollen Geltung kommen. Nur die Hohen- zollern kennen jene echte Humanität, die, wie der Zug ihres Her- zens, so das Glück ihres Volkes ist.
Der alte Schadow war einer von denen, die, wie lang- bewährte Diener, "mit zur Familie" gezählt wurden; einer von denen, die das süße Gefühl nicht störten, "wir sind unter uns." Als er Ende der dreißiger Jahre in's Schloß ging, um bei Prinz
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die Bewunderung der Fremden iſt; und der Marmorſtatuen Scharnhorſt’s und Bülow’s kann nicht Erwähnung geſchehen, ohne daß gleichzeitig und mit immer wachſender Pietät auf die Stand- bilder Zieten’s und Leopold’s von Deſſau hingewieſen würde, die wir dem erfinderiſchen Kopf und der muthigen Hand des Alten verdanken. Die Fachleute zweifeln kaum noch, vor wem ſie ſich, als vor dem größeren, zu beugen haben; Rauch hatte die geſchick- tere Hand, aber Schadow’s Genius ſtieg höher. Er ſchritt voran; er brach die Bahn, auf der die Geſtalt des Andern, groß und leuchtend und mit dem fliegenden Haar des Olympiers, ihm folgte.
Es iſt nicht Abſicht dieſer Zeilen, den Charakter Schadow’s nach allen Seiten hin zu zeichnen; aber ein Zug darf ſchließlich nicht vergeſſen ſein, der entſchieden in das Bild des Alten gehört — ſeine Loyalität, ſein Herz für Preußen und die Mark. Er war, durch ein volles halbes Jahrhundert hindurch, ein Liebling des Hofes; aber es waren nicht die entſprechenden Auszeichnungen, die ſeine Loyalität erſt ſchufen; vielmehr wurde er ein Liebling, weil er ſich in ſchwerer Zeit als ein Mann von Herz und Hand be- währt hatte. Er gehörte zu denen, denen gegenüber das allgemein patriarchaliſche Verhältniß, in dem die Hohenzollern zu ihren Unterthanen ſtehen, den intimeren Charakter einer alten Bekannt- ſchaft annimmt und zu einem Verhältniß führt, in dem das Ele- ment der Scheu von der einen und der Hoheit von der andern Seite, in dem des Vertrauens völlig untergeht. Es giebt viel- leicht keine andere Fürſtenfamilie, die derartige Verhältniſſe kennt, ſicherlich nicht in dieſer Zahl. An den meiſten Höfen fehlt das Vertrauen, bei anderen laſſen Steifheit und Formenweſen das Menſchliche nicht zur vollen Geltung kommen. Nur die Hohen- zollern kennen jene echte Humanität, die, wie der Zug ihres Her- zens, ſo das Glück ihres Volkes iſt.
Der alte Schadow war einer von denen, die, wie lang- bewährte Diener, „mit zur Familie“ gezählt wurden; einer von denen, die das ſüße Gefühl nicht ſtörten, „wir ſind unter uns.“ Als er Ende der dreißiger Jahre in’s Schloß ging, um bei Prinz
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die Bewunderung der Fremden iſt; und der Marmorſtatuen
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bilder Zieten’s und Leopold’s von Deſſau hingewieſen würde, die
wir dem erfinderiſchen Kopf und der muthigen Hand des Alten
verdanken. Die Fachleute zweifeln kaum noch, vor wem ſie ſich,
als vor dem größeren, zu beugen haben; Rauch hatte die geſchick-
tere Hand, aber Schadow’s Genius ſtieg höher. Er ſchritt voran;
er brach die Bahn, auf der die Geſtalt des Andern, groß und
leuchtend und mit dem fliegenden Haar des Olympiers, ihm folgte.
Es iſt nicht Abſicht dieſer Zeilen, den Charakter Schadow’s
nach allen Seiten hin zu zeichnen; aber ein Zug darf ſchließlich
nicht vergeſſen ſein, der entſchieden in das Bild des Alten gehört
— ſeine Loyalität, ſein Herz für Preußen und die Mark. Er war,
durch ein volles halbes Jahrhundert hindurch, ein Liebling des
Hofes; aber es waren nicht die entſprechenden Auszeichnungen, die
ſeine Loyalität erſt ſchufen; vielmehr wurde er ein Liebling, weil
er ſich in ſchwerer Zeit als ein Mann von Herz und Hand be-
währt hatte. Er gehörte zu denen, denen gegenüber das allgemein
patriarchaliſche Verhältniß, in dem die Hohenzollern zu ihren
Unterthanen ſtehen, den intimeren Charakter einer alten Bekannt-
ſchaft annimmt und zu einem Verhältniß führt, in dem das Ele-
ment der Scheu von der einen und der Hoheit von der andern
Seite, in dem des Vertrauens völlig untergeht. Es giebt viel-
leicht keine andere Fürſtenfamilie, die derartige Verhältniſſe kennt,
ſicherlich nicht in dieſer Zahl. An den meiſten Höfen fehlt
das Vertrauen, bei anderen laſſen Steifheit und Formenweſen das
Menſchliche nicht zur vollen Geltung kommen. Nur die Hohen-
zollern kennen jene echte Humanität, die, wie der Zug ihres Her-
zens, ſo das Glück ihres Volkes iſt.
Der alte Schadow war einer von denen, die, wie lang-
bewährte Diener, „mit zur Familie“ gezählt wurden; einer von
denen, die das ſüße Gefühl nicht ſtörten, „wir ſind unter uns.“
Als er Ende der dreißiger Jahre in’s Schloß ging, um bei Prinz
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/451>, abgerufen am 27.11.2024.
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