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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Trauerjahr war um, der Flor fiel, Hochzeit gab es wieder und
bunte Fahnen, -- Sophie Charlotte hielt ihren Einzug in die
Marken. Zwanzig Jahre lang stand die helle Sonne dieser Frau
über dem dunklen Tannen-Lande, und gab ihm eine Heiterkeit,
die es bis dahin nicht gekannt hatte, aber ihr lachendes Auge,
das über so Vielem leuchtete, leuchtete nicht über Schloß Coepenick.
Waren ihr die Zimmer zu hoch, die Bäume zu dunkel, die Tra-
ditionen zu trist, -- gleichviel, sie vermied Schloß Coepenick, wo
die hessische Prinzessin, die erste Gemahlin des Kurprinzen, ihre
Tage hinweg geängstigt hatte und die sonnenbeschienenen Abhänge
des Dorfes Lützow, die ein glückliches Ohngefähr sie hatte kennen
lernen, entsprachen mehr ihrem heitern Sinn. Schloß Coepenick
verödete, wurde stiller, verlassener als es je gewesen war und
Schloß Charlottenburg mit funkelnder Kuppel und goldnen Figu-
ren wuchs statt seiner empor.

(Die Zeit Friedrich Wilhelms I.) Schloß Coepenick
stand leer, an die zwanzig Jahre und drüber, bis der soldatische
Sohn Sophie Charlottens wieder neues Leben in die ausgestor-
benen Mauern trug. Die Jagdpassion kam wieder zu Ehren; Tage
brachen wieder an, wie sie Kurfürst Joachim nicht wilder, nicht
waidmännischer gekannt hatte, und die Dianenbilder an Plafonds
und Simsen, die dreißig Jahre lang wie ein Hohn im neuen
Jagdschloß zu Coepenick gewesen waren, kamen jetzt zum ersten
Mal, seit Rütger von Langenfeld diese Säle und Corridore
mit ihnen geschmückt hatte, zu ihrer Bedeutung und ihrem Recht.
Jagd tobte wieder um Coepenick her wie in alter Zeit und Fang-
eisen und Hörner waren wieder im Schlosse zu Haus.

Diese Jagden zeichneten sich durch die Gefahren aus, die es für
guten Ton galt, lieber aufzusuchen als zu vermeiden. Züge eigen-
thümlicher Ritterlichkeit machten sich geltend, die an den Hof
Franz I. erinnert haben würden, wenn nicht an Stelle galanten
Minnedienstes jene kurbrandenburgische Derbheit vorgeherrscht hätte,
der zu allen Zeiten ein Kraftwort weit über das beste Wortspiel
ging. Bei diesen Jagden, wie Schloß Coepenick sie damals häufig

Trauerjahr war um, der Flor fiel, Hochzeit gab es wieder und
bunte Fahnen, — Sophie Charlotte hielt ihren Einzug in die
Marken. Zwanzig Jahre lang ſtand die helle Sonne dieſer Frau
über dem dunklen Tannen-Lande, und gab ihm eine Heiterkeit,
die es bis dahin nicht gekannt hatte, aber ihr lachendes Auge,
das über ſo Vielem leuchtete, leuchtete nicht über Schloß Coepenick.
Waren ihr die Zimmer zu hoch, die Bäume zu dunkel, die Tra-
ditionen zu triſt, — gleichviel, ſie vermied Schloß Coepenick, wo
die heſſiſche Prinzeſſin, die erſte Gemahlin des Kurprinzen, ihre
Tage hinweg geängſtigt hatte und die ſonnenbeſchienenen Abhänge
des Dorfes Lützow, die ein glückliches Ohngefähr ſie hatte kennen
lernen, entſprachen mehr ihrem heitern Sinn. Schloß Coepenick
verödete, wurde ſtiller, verlaſſener als es je geweſen war und
Schloß Charlottenburg mit funkelnder Kuppel und goldnen Figu-
ren wuchs ſtatt ſeiner empor.

(Die Zeit Friedrich Wilhelms I.) Schloß Coepenick
ſtand leer, an die zwanzig Jahre und drüber, bis der ſoldatiſche
Sohn Sophie Charlottens wieder neues Leben in die ausgeſtor-
benen Mauern trug. Die Jagdpaſſion kam wieder zu Ehren; Tage
brachen wieder an, wie ſie Kurfürſt Joachim nicht wilder, nicht
waidmänniſcher gekannt hatte, und die Dianenbilder an Plafonds
und Simſen, die dreißig Jahre lang wie ein Hohn im neuen
Jagdſchloß zu Coepenick geweſen waren, kamen jetzt zum erſten
Mal, ſeit Rütger von Langenfeld dieſe Säle und Corridore
mit ihnen geſchmückt hatte, zu ihrer Bedeutung und ihrem Recht.
Jagd tobte wieder um Coepenick her wie in alter Zeit und Fang-
eiſen und Hörner waren wieder im Schloſſe zu Haus.

Dieſe Jagden zeichneten ſich durch die Gefahren aus, die es für
guten Ton galt, lieber aufzuſuchen als zu vermeiden. Züge eigen-
thümlicher Ritterlichkeit machten ſich geltend, die an den Hof
Franz I. erinnert haben würden, wenn nicht an Stelle galanten
Minnedienſtes jene kurbrandenburgiſche Derbheit vorgeherrſcht hätte,
der zu allen Zeiten ein Kraftwort weit über das beſte Wortſpiel
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[351/0369] Trauerjahr war um, der Flor fiel, Hochzeit gab es wieder und bunte Fahnen, — Sophie Charlotte hielt ihren Einzug in die Marken. Zwanzig Jahre lang ſtand die helle Sonne dieſer Frau über dem dunklen Tannen-Lande, und gab ihm eine Heiterkeit, die es bis dahin nicht gekannt hatte, aber ihr lachendes Auge, das über ſo Vielem leuchtete, leuchtete nicht über Schloß Coepenick. Waren ihr die Zimmer zu hoch, die Bäume zu dunkel, die Tra- ditionen zu triſt, — gleichviel, ſie vermied Schloß Coepenick, wo die heſſiſche Prinzeſſin, die erſte Gemahlin des Kurprinzen, ihre Tage hinweg geängſtigt hatte und die ſonnenbeſchienenen Abhänge des Dorfes Lützow, die ein glückliches Ohngefähr ſie hatte kennen lernen, entſprachen mehr ihrem heitern Sinn. Schloß Coepenick verödete, wurde ſtiller, verlaſſener als es je geweſen war und Schloß Charlottenburg mit funkelnder Kuppel und goldnen Figu- ren wuchs ſtatt ſeiner empor. (Die Zeit Friedrich Wilhelms I.) Schloß Coepenick ſtand leer, an die zwanzig Jahre und drüber, bis der ſoldatiſche Sohn Sophie Charlottens wieder neues Leben in die ausgeſtor- benen Mauern trug. Die Jagdpaſſion kam wieder zu Ehren; Tage brachen wieder an, wie ſie Kurfürſt Joachim nicht wilder, nicht waidmänniſcher gekannt hatte, und die Dianenbilder an Plafonds und Simſen, die dreißig Jahre lang wie ein Hohn im neuen Jagdſchloß zu Coepenick geweſen waren, kamen jetzt zum erſten Mal, ſeit Rütger von Langenfeld dieſe Säle und Corridore mit ihnen geſchmückt hatte, zu ihrer Bedeutung und ihrem Recht. Jagd tobte wieder um Coepenick her wie in alter Zeit und Fang- eiſen und Hörner waren wieder im Schloſſe zu Haus. Dieſe Jagden zeichneten ſich durch die Gefahren aus, die es für guten Ton galt, lieber aufzuſuchen als zu vermeiden. Züge eigen- thümlicher Ritterlichkeit machten ſich geltend, die an den Hof Franz I. erinnert haben würden, wenn nicht an Stelle galanten Minnedienſtes jene kurbrandenburgiſche Derbheit vorgeherrſcht hätte, der zu allen Zeiten ein Kraftwort weit über das beſte Wortſpiel ging. Bei dieſen Jagden, wie Schloß Coepenick ſie damals häufig

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/369>, abgerufen am 25.11.2024.