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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Kriegs- und Gedenktafel, die ebenfalls in der Nähe des Altars
ihren Platz hat, zeigt, daß die Gusower 1813--1815 des alten
Derfflingers würdig gefochten haben. Von 42, die auszogen, blie-
ben 24, nur 18 kehrten heim.

Die eigentlichen Sehenswürdigkeiten der Kirche sind das
Grabmonument und das Grabgewölbe des alten Feldmar-
schalls.

Das Grabmonument, wenn ich nicht irre, in gewöhnlichem
Kalkstein ausgeführt, befindet sich rechts vom Altar, ziemlich in
der Mitte der Kirche. Es hat sehr gelitten und bedarf der Reno-
virung. Einige Stücke sitzen so lose, daß die Kirchgänger, Ange-
sichts einer immer drohenden Gefahr, die Plätze unter dem Monu-
ment vermeiden. Zwei Standarten bilden eine Art Einfassung des
Ganzen. Sie sind von schwerer, hellblauer Seide und führen,
nach mühevoll vorgenommener Entzifferung, den Bannerspruch:
"Agere fuit pati fortiora." Es heißt, es seien schwedische Fah-
nen, doch ist das jedenfalls ein Irrthum. Die Metallspitze der
einen Standarte zeigt deutlich ein F. III. (Friedrich III.), was
wohl kaum einen Zweifel darüber läßt, daß es brandenburgische
Feldzeichen sind, wahrscheinlich Standarten von Derfflingers eigenen
Regimentern. Zwei Kavallerieregimenter und ein Fußregiment führ-
ten seinen Namen.

Das Monument selbst besteht, wie alle derartigen Arbeiten,
aus einem Steinsarkophag, über dem sich die Büste und unter
dem sich das Wappen Derfflingers befindet. Die Büste ist, mit
Rücksicht auf die Zeit und das schlechte Material, keine verächtliche
Arbeit; ein ausdrucksvolles Gesicht, ziemlich mager, die einzelnen
Theile eher klein als groß, eigenes, fast gekräuseltes Haar und ein
kleiner, bürstenartiger Schnurrbart; der ganze Kopf den kleinen
Kupferstichporträts des alten Helden, denen man mitunter in Bil-
derkalendern begegnet, wenig ähnlich, aber lebhaft an den Gesichts-
ausdruck unseres "alten Wrangel" erinnernd, dessen Ahnherrn er
bei Fehrbellin besiegte. Der Sarkophag ist ein schlichter, ausge-
höhlter Steinkasten, in dem der zerbrochene Feldmarschallsstab des

Kriegs- und Gedenktafel, die ebenfalls in der Nähe des Altars
ihren Platz hat, zeigt, daß die Guſower 1813—1815 des alten
Derfflingers würdig gefochten haben. Von 42, die auszogen, blie-
ben 24, nur 18 kehrten heim.

Die eigentlichen Sehenswürdigkeiten der Kirche ſind das
Grabmonument und das Grabgewölbe des alten Feldmar-
ſchalls.

Das Grabmonument, wenn ich nicht irre, in gewöhnlichem
Kalkſtein ausgeführt, befindet ſich rechts vom Altar, ziemlich in
der Mitte der Kirche. Es hat ſehr gelitten und bedarf der Reno-
virung. Einige Stücke ſitzen ſo loſe, daß die Kirchgänger, Ange-
ſichts einer immer drohenden Gefahr, die Plätze unter dem Monu-
ment vermeiden. Zwei Standarten bilden eine Art Einfaſſung des
Ganzen. Sie ſind von ſchwerer, hellblauer Seide und führen,
nach mühevoll vorgenommener Entzifferung, den Bannerſpruch:
„Agere fuit pati fortiora.“ Es heißt, es ſeien ſchwediſche Fah-
nen, doch iſt das jedenfalls ein Irrthum. Die Metallſpitze der
einen Standarte zeigt deutlich ein F. III. (Friedrich III.), was
wohl kaum einen Zweifel darüber läßt, daß es brandenburgiſche
Feldzeichen ſind, wahrſcheinlich Standarten von Derfflingers eigenen
Regimentern. Zwei Kavallerieregimenter und ein Fußregiment führ-
ten ſeinen Namen.

Das Monument ſelbſt beſteht, wie alle derartigen Arbeiten,
aus einem Steinſarkophag, über dem ſich die Büſte und unter
dem ſich das Wappen Derfflingers befindet. Die Büſte iſt, mit
Rückſicht auf die Zeit und das ſchlechte Material, keine verächtliche
Arbeit; ein ausdrucksvolles Geſicht, ziemlich mager, die einzelnen
Theile eher klein als groß, eigenes, faſt gekräuſeltes Haar und ein
kleiner, bürſtenartiger Schnurrbart; der ganze Kopf den kleinen
Kupferſtichporträts des alten Helden, denen man mitunter in Bil-
derkalendern begegnet, wenig ähnlich, aber lebhaft an den Geſichts-
ausdruck unſeres „alten Wrangel“ erinnernd, deſſen Ahnherrn er
bei Fehrbellin beſiegte. Der Sarkophag iſt ein ſchlichter, ausge-
höhlter Steinkaſten, in dem der zerbrochene Feldmarſchallsſtab des

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[324/0342] Kriegs- und Gedenktafel, die ebenfalls in der Nähe des Altars ihren Platz hat, zeigt, daß die Guſower 1813—1815 des alten Derfflingers würdig gefochten haben. Von 42, die auszogen, blie- ben 24, nur 18 kehrten heim. Die eigentlichen Sehenswürdigkeiten der Kirche ſind das Grabmonument und das Grabgewölbe des alten Feldmar- ſchalls. Das Grabmonument, wenn ich nicht irre, in gewöhnlichem Kalkſtein ausgeführt, befindet ſich rechts vom Altar, ziemlich in der Mitte der Kirche. Es hat ſehr gelitten und bedarf der Reno- virung. Einige Stücke ſitzen ſo loſe, daß die Kirchgänger, Ange- ſichts einer immer drohenden Gefahr, die Plätze unter dem Monu- ment vermeiden. Zwei Standarten bilden eine Art Einfaſſung des Ganzen. Sie ſind von ſchwerer, hellblauer Seide und führen, nach mühevoll vorgenommener Entzifferung, den Bannerſpruch: „Agere fuit pati fortiora.“ Es heißt, es ſeien ſchwediſche Fah- nen, doch iſt das jedenfalls ein Irrthum. Die Metallſpitze der einen Standarte zeigt deutlich ein F. III. (Friedrich III.), was wohl kaum einen Zweifel darüber läßt, daß es brandenburgiſche Feldzeichen ſind, wahrſcheinlich Standarten von Derfflingers eigenen Regimentern. Zwei Kavallerieregimenter und ein Fußregiment führ- ten ſeinen Namen. Das Monument ſelbſt beſteht, wie alle derartigen Arbeiten, aus einem Steinſarkophag, über dem ſich die Büſte und unter dem ſich das Wappen Derfflingers befindet. Die Büſte iſt, mit Rückſicht auf die Zeit und das ſchlechte Material, keine verächtliche Arbeit; ein ausdrucksvolles Geſicht, ziemlich mager, die einzelnen Theile eher klein als groß, eigenes, faſt gekräuſeltes Haar und ein kleiner, bürſtenartiger Schnurrbart; der ganze Kopf den kleinen Kupferſtichporträts des alten Helden, denen man mitunter in Bil- derkalendern begegnet, wenig ähnlich, aber lebhaft an den Geſichts- ausdruck unſeres „alten Wrangel“ erinnernd, deſſen Ahnherrn er bei Fehrbellin beſiegte. Der Sarkophag iſt ein ſchlichter, ausge- höhlter Steinkaſten, in dem der zerbrochene Feldmarſchallsſtab des

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/342>, abgerufen am 23.11.2024.