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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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ihre Frömmigkeit, *) Ehrlichkeit und Derbheit, ihre besondere Popu-
larität, ihre bevorzugte, sehr markirte Stellung zu den zwei größten
Hohenzollern und das Aussterben ihrer Familie in der nächsten
Generation. Freiherr von Poellnitz sagt in seinen Memoiren vom
alten Derfflinger: "Das elende Handwerk eines Hoffmanns war
ihm fremd; Eigennutz und Prachtliebe haßte er gleich stark;" und
die mehr erwähnten Worte am Rheinsberger Obelisken, in die
Prinz Heinrich die Charakteristik Zietens zusammenfaßte, lauten
beinah im Gleichklang mit obigem: "Was ihn mehr auszeichnete
als sein rascher Blick und sein hoher Muth, das waren seine
Rechtschaffenheit und Uninteressirtheit (desinteressement) und
seine Verachtung gegen alle diejenigen, die sich auf Kosten unter-
drückter Völker bereicherten." Man erkennt leicht die völlige Ueber-
einstimmung. Auch darin sind sie sich ähnlich, daß beide (wie übri-
gens viele unserer preußischen Generale) gute Landwirthe, überhaupt
gute Wirthe waren und etwas vor sich brachten.

Wir fragen nun nach den Sehenswürdigkeiten Gusows. Be-
merkenswerth sind das Schloß, der Park und die Kirche.

Das Schloß, ein ziemlich einfaches Gebäude ohne Schönheit
oder nennenswerthe Eigenthümlichkeit, besteht aus einem Corps de
Logis, das noch von Derfflinger selbst herrühren soll, und aus zwei
Vorderflügeln. Seine Lage am Rande des Parks ist sehr anmuthig.
Ein breiter Graben umgiebt den Bau nach allen vier Seiten hin, so
daß er wie auf einer künstlichen Insel liegt, zu der zwei Brücken führen.
Die Hinterfront gewährt eine schöne Aussicht in die weiten Anlagen
des Parks hinein. Das Innere des Schlosses bietet nichts von histo-
rischem Interesse, vielleicht mit Ausnahme einiger Böller, die in der
Halle stehen und aller Wahrscheinlichkeit nach der Derfflingerschen
Zeit, oder der nächstfolgenden, angehören; wenigstens sind es Fal-

*) Es heißt, daß der alte Derfflinger, als er bei Tisch die Nachricht
empfing, sein Sohn sei beim Sturme auf Ofen gefallen, ruhig ausgerufen
habe: "Warum hat sich der Narr nicht besser in Acht genommen." Ist
diese Anekdote echt, so beweist sie allerdings mehr Derbheit als Fröm-
migkeit.

ihre Frömmigkeit, *) Ehrlichkeit und Derbheit, ihre beſondere Popu-
larität, ihre bevorzugte, ſehr markirte Stellung zu den zwei größten
Hohenzollern und das Ausſterben ihrer Familie in der nächſten
Generation. Freiherr von Poellnitz ſagt in ſeinen Memoiren vom
alten Derfflinger: „Das elende Handwerk eines Hoffmanns war
ihm fremd; Eigennutz und Prachtliebe haßte er gleich ſtark;“ und
die mehr erwähnten Worte am Rheinsberger Obelisken, in die
Prinz Heinrich die Charakteriſtik Zietens zuſammenfaßte, lauten
beinah im Gleichklang mit obigem: „Was ihn mehr auszeichnete
als ſein raſcher Blick und ſein hoher Muth, das waren ſeine
Rechtſchaffenheit und Unintereſſirtheit (désintéressement) und
ſeine Verachtung gegen alle diejenigen, die ſich auf Koſten unter-
drückter Völker bereicherten.“ Man erkennt leicht die völlige Ueber-
einſtimmung. Auch darin ſind ſie ſich ähnlich, daß beide (wie übri-
gens viele unſerer preußiſchen Generale) gute Landwirthe, überhaupt
gute Wirthe waren und etwas vor ſich brachten.

Wir fragen nun nach den Sehenswürdigkeiten Guſows. Be-
merkenswerth ſind das Schloß, der Park und die Kirche.

Das Schloß, ein ziemlich einfaches Gebäude ohne Schönheit
oder nennenswerthe Eigenthümlichkeit, beſteht aus einem Corps de
Logis, das noch von Derfflinger ſelbſt herrühren ſoll, und aus zwei
Vorderflügeln. Seine Lage am Rande des Parks iſt ſehr anmuthig.
Ein breiter Graben umgiebt den Bau nach allen vier Seiten hin, ſo
daß er wie auf einer künſtlichen Inſel liegt, zu der zwei Brücken führen.
Die Hinterfront gewährt eine ſchöne Ausſicht in die weiten Anlagen
des Parks hinein. Das Innere des Schloſſes bietet nichts von hiſto-
riſchem Intereſſe, vielleicht mit Ausnahme einiger Böller, die in der
Halle ſtehen und aller Wahrſcheinlichkeit nach der Derfflingerſchen
Zeit, oder der nächſtfolgenden, angehören; wenigſtens ſind es Fal-

*) Es heißt, daß der alte Derfflinger, als er bei Tiſch die Nachricht
empfing, ſein Sohn ſei beim Sturme auf Ofen gefallen, ruhig ausgerufen
habe: „Warum hat ſich der Narr nicht beſſer in Acht genommen.“ Iſt
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[322/0340] ihre Frömmigkeit, *) Ehrlichkeit und Derbheit, ihre beſondere Popu- larität, ihre bevorzugte, ſehr markirte Stellung zu den zwei größten Hohenzollern und das Ausſterben ihrer Familie in der nächſten Generation. Freiherr von Poellnitz ſagt in ſeinen Memoiren vom alten Derfflinger: „Das elende Handwerk eines Hoffmanns war ihm fremd; Eigennutz und Prachtliebe haßte er gleich ſtark;“ und die mehr erwähnten Worte am Rheinsberger Obelisken, in die Prinz Heinrich die Charakteriſtik Zietens zuſammenfaßte, lauten beinah im Gleichklang mit obigem: „Was ihn mehr auszeichnete als ſein raſcher Blick und ſein hoher Muth, das waren ſeine Rechtſchaffenheit und Unintereſſirtheit (désintéressement) und ſeine Verachtung gegen alle diejenigen, die ſich auf Koſten unter- drückter Völker bereicherten.“ Man erkennt leicht die völlige Ueber- einſtimmung. Auch darin ſind ſie ſich ähnlich, daß beide (wie übri- gens viele unſerer preußiſchen Generale) gute Landwirthe, überhaupt gute Wirthe waren und etwas vor ſich brachten. Wir fragen nun nach den Sehenswürdigkeiten Guſows. Be- merkenswerth ſind das Schloß, der Park und die Kirche. Das Schloß, ein ziemlich einfaches Gebäude ohne Schönheit oder nennenswerthe Eigenthümlichkeit, beſteht aus einem Corps de Logis, das noch von Derfflinger ſelbſt herrühren ſoll, und aus zwei Vorderflügeln. Seine Lage am Rande des Parks iſt ſehr anmuthig. Ein breiter Graben umgiebt den Bau nach allen vier Seiten hin, ſo daß er wie auf einer künſtlichen Inſel liegt, zu der zwei Brücken führen. Die Hinterfront gewährt eine ſchöne Ausſicht in die weiten Anlagen des Parks hinein. Das Innere des Schloſſes bietet nichts von hiſto- riſchem Intereſſe, vielleicht mit Ausnahme einiger Böller, die in der Halle ſtehen und aller Wahrſcheinlichkeit nach der Derfflingerſchen Zeit, oder der nächſtfolgenden, angehören; wenigſtens ſind es Fal- *) Es heißt, daß der alte Derfflinger, als er bei Tiſch die Nachricht empfing, ſein Sohn ſei beim Sturme auf Ofen gefallen, ruhig ausgerufen habe: „Warum hat ſich der Narr nicht beſſer in Acht genommen.“ Iſt dieſe Anekdote echt, ſo beweiſt ſie allerdings mehr Derbheit als Fröm- migkeit.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/340>, abgerufen am 23.11.2024.