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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Jo, ick bin ut Pren'n.

Ist es noch weit, Papa?

Ne, jliks wenn Se 'rut komen; man sehen künn Se't nich,
et liegt deep in'ne Grunn.

Ist ein Krug da?

Jo, jliks vöran, wo Oll-Sparren sin Schlott stejen deiht.

Ist noch was zu sehen vom Schloß?

Veel nich. As ick int Dörp käm (ick bin nich bürtig von
Pren'n), do stunn noch veel; aberscht nu nich mehr; ick hebb'
min'n Zickenstall von Oll-Sparren sin Schlott buu't.

Ist noch ein Denkmal in der Kirche?

Nich dat ick weeten däh.

Erzählen sich die Leute noch vom alten Sparr?

Jo, de vertellen noch veel von em. Mine Fru is von Pren-
nen, un de grote Steen dicht an unsern Tuun (so seggt se), det
is Sparren sin Steen. Vördem stunn do en Linnenboom un un-
ner den Boom leeg de grote Steen, un mine Fru seggt, in olle
Tiden sinn ooch vöör iserne Krampen anwest un an jede Kramp'
wör ne iserne Kett un an jede Kett wör een von Oll-Sparr sine
Sklaven. Aber nu is de Linn' wech, un de Krampen sinn ooch
wech; man bloß den groten Steen hebben se liggen laten -- he
möcht' wol en beeten to swer sinn.

Sonst nichts, Papa?

Jo, se vertellen noch allerhann anner dumm Tüüch. Se
dohn binah, as wenn Oll-Sparr de Düvel selber west wär. Se
seggen, he föhr nich geren durch'n Sann, un wenn he sinen
Mantel antrecken däht, denn war et mit eens, wie en Wind, und
Kutsch un Peerd un allens jing dörch de Luft. Mal eens verlör de
Kutscher sin Pietsch un woll sich bücken, aberscht Oll-Spaar heel
em von hinnen fest un seggt' bloß: "vergett nich, min Söhn, wo
Du bist," un as de Kutscher den anneren Dag durch Biesenthal
torügge föhr, do sach he, wie sin Pietsch an'n Biesenthalschen
Kirchthurm hängen däht. Ick glöb et nich; -- ick bin nich bürtig
von Prennen.


Jo, ick bin ut Pren’n.

Iſt es noch weit, Papa?

Ne, jliks wenn Se ’rut komen; man ſehen künn Se’t nich,
et liegt deep in’ne Grunn.

Iſt ein Krug da?

Jo, jliks vöran, wo Oll-Sparren ſin Schlott ſtejen deiht.

Iſt noch was zu ſehen vom Schloß?

Veel nich. As ick int Dörp käm (ick bin nich bürtig von
Pren’n), do ſtunn noch veel; aberſcht nu nich mehr; ick hebb’
min’n Zickenſtall von Oll-Sparren ſin Schlott buu’t.

Iſt noch ein Denkmal in der Kirche?

Nich dat ick weeten däh.

Erzählen ſich die Leute noch vom alten Sparr?

Jo, de vertellen noch veel von em. Mine Fru is von Pren-
nen, un de grote Steen dicht an unſern Tuun (ſo ſeggt ſe), det
is Sparren ſin Steen. Vördem ſtunn do en Linnenboom un un-
ner den Boom leeg de grote Steen, un mine Fru ſeggt, in olle
Tiden ſinn ooch vöör iſerne Krampen anweſt un an jede Kramp’
wör ne iſerne Kett un an jede Kett wör een von Oll-Sparr ſine
Sklaven. Aber nu is de Linn’ wech, un de Krampen ſinn ooch
wech; man bloß den groten Steen hebben ſe liggen laten — he
möcht’ wol en beeten to ſwer ſinn.

Sonſt nichts, Papa?

Jo, ſe vertellen noch allerhann anner dumm Tüüch. Se
dohn binah, as wenn Oll-Sparr de Düvel ſelber weſt wär. Se
ſeggen, he föhr nich geren durch’n Sann, un wenn he ſinen
Mantel antrecken däht, denn war et mit eens, wie en Wind, und
Kutſch un Peerd un allens jing dörch de Luft. Mal eens verlör de
Kutſcher ſin Pietſch un woll ſich bücken, aberſcht Oll-Spaar heel
em von hinnen feſt un ſeggt’ bloß: „vergett nich, min Söhn, wo
Du biſt,“ un as de Kutſcher den anneren Dag durch Bieſenthal
torügge föhr, do ſach he, wie ſin Pietſch an’n Bieſenthalſchen
Kirchthurm hängen däht. Ick glöb et nich; — ick bin nich bürtig
von Prennen.


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[312/0330] Jo, ick bin ut Pren’n. Iſt es noch weit, Papa? Ne, jliks wenn Se ’rut komen; man ſehen künn Se’t nich, et liegt deep in’ne Grunn. Iſt ein Krug da? Jo, jliks vöran, wo Oll-Sparren ſin Schlott ſtejen deiht. Iſt noch was zu ſehen vom Schloß? Veel nich. As ick int Dörp käm (ick bin nich bürtig von Pren’n), do ſtunn noch veel; aberſcht nu nich mehr; ick hebb’ min’n Zickenſtall von Oll-Sparren ſin Schlott buu’t. Iſt noch ein Denkmal in der Kirche? Nich dat ick weeten däh. Erzählen ſich die Leute noch vom alten Sparr? Jo, de vertellen noch veel von em. Mine Fru is von Pren- nen, un de grote Steen dicht an unſern Tuun (ſo ſeggt ſe), det is Sparren ſin Steen. Vördem ſtunn do en Linnenboom un un- ner den Boom leeg de grote Steen, un mine Fru ſeggt, in olle Tiden ſinn ooch vöör iſerne Krampen anweſt un an jede Kramp’ wör ne iſerne Kett un an jede Kett wör een von Oll-Sparr ſine Sklaven. Aber nu is de Linn’ wech, un de Krampen ſinn ooch wech; man bloß den groten Steen hebben ſe liggen laten — he möcht’ wol en beeten to ſwer ſinn. Sonſt nichts, Papa? Jo, ſe vertellen noch allerhann anner dumm Tüüch. Se dohn binah, as wenn Oll-Sparr de Düvel ſelber weſt wär. Se ſeggen, he föhr nich geren durch’n Sann, un wenn he ſinen Mantel antrecken däht, denn war et mit eens, wie en Wind, und Kutſch un Peerd un allens jing dörch de Luft. Mal eens verlör de Kutſcher ſin Pietſch un woll ſich bücken, aberſcht Oll-Spaar heel em von hinnen feſt un ſeggt’ bloß: „vergett nich, min Söhn, wo Du biſt,“ un as de Kutſcher den anneren Dag durch Bieſenthal torügge föhr, do ſach he, wie ſin Pietſch an’n Bieſenthalſchen Kirchthurm hängen däht. Ick glöb et nich; — ick bin nich bürtig von Prennen.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/330>, abgerufen am 23.11.2024.