ist, so konnte ihr diese Huldigung allenfalls eben so gut als Ge- mahlin des Oraniers, wie als einer gebornen Prinzessin von Oranien dargebracht werden. Kein Kupferstich existirt, der uns diese oder auch nur verwandte Züge als das Bildniß Louise Henriettens überlieferte, und so war es in der That wohlgethan, daß unser Bildhauer Friedrich Wilhelm Wolff, als ihm der Auftrag wurde, das Standbild Louise Henriettens für die Stadt Oranienburg zu fertigen, an dem Reiz dieses Bildes (es ist ein sehr ansprechendes Gesicht) vorüberging und die Züge der Kurfürstin nach jenem minder reizvollen Kopf modellirte, dem wir auf dem großen Bilde Terwestens begegnen. Wolff, ein geborner Fehrbelliner und halb Nachbarskind von Oranienburg, unterzog sich der ihm gewordenen Aufgabe mit Liebe und Geschick, und seit dem Herbste 1858 er- hebt sich auf dem Schloßplatz zu Oranienburg das überlebens- große Erzbildniß der frommen Frau, die beide, Schloß wie Stadt, mit ihrem Namen und ihrer eignen Geschichte auf immer verwob.
"Der hohen Wiederbegründerin dieser Stadt, Louise Henriette, Kurfürstin von Brandenburg, geb. Prinzessin von Oranien, zum dauernden Gedächtniß die dankbare Bürgerschaft Oranienburgs," so lautet die Inschrift. Was sie schuf, es hat das Kleid gewechselt seitdem, aber die Dinge blieben, der Segen lebt fort und mit ihm der Name und das Gedächtniß der Gründerin.
(Die Zeit FriedrichsIII.von 1688--1713.) Schloß Oranienburg war, wie wir es geschildert haben, ein Bau von mäßigen Dimensionen (nur fünf Fenster breit), als 1688, nach dem Tode des großen Kurfürsten, der prachtliebende Friedrich III. zur Regierung kam. Es war eine Zeit für die bildenden Künste in unserem Lande, wie vielleicht keine zweite, *) zumal wenn man die verhältnißmäßig bescheidenen Mittel in Anschlag bringt, die
*) Die Zahl der Baumeister, Bildhauer und Maler belief sich da- mals im Brandenburgischen auf 143.
iſt, ſo konnte ihr dieſe Huldigung allenfalls eben ſo gut als Ge- mahlin des Oraniers, wie als einer gebornen Prinzeſſin von Oranien dargebracht werden. Kein Kupferſtich exiſtirt, der uns dieſe oder auch nur verwandte Züge als das Bildniß Louiſe Henriettens überlieferte, und ſo war es in der That wohlgethan, daß unſer Bildhauer Friedrich Wilhelm Wolff, als ihm der Auftrag wurde, das Standbild Louiſe Henriettens für die Stadt Oranienburg zu fertigen, an dem Reiz dieſes Bildes (es iſt ein ſehr anſprechendes Geſicht) vorüberging und die Züge der Kurfürſtin nach jenem minder reizvollen Kopf modellirte, dem wir auf dem großen Bilde Terweſtens begegnen. Wolff, ein geborner Fehrbelliner und halb Nachbarskind von Oranienburg, unterzog ſich der ihm gewordenen Aufgabe mit Liebe und Geſchick, und ſeit dem Herbſte 1858 er- hebt ſich auf dem Schloßplatz zu Oranienburg das überlebens- große Erzbildniß der frommen Frau, die beide, Schloß wie Stadt, mit ihrem Namen und ihrer eignen Geſchichte auf immer verwob.
„Der hohen Wiederbegründerin dieſer Stadt, Louiſe Henriette, Kurfürſtin von Brandenburg, geb. Prinzeſſin von Oranien, zum dauernden Gedächtniß die dankbare Bürgerſchaft Oranienburgs,“ ſo lautet die Inſchrift. Was ſie ſchuf, es hat das Kleid gewechſelt ſeitdem, aber die Dinge blieben, der Segen lebt fort und mit ihm der Name und das Gedächtniß der Gründerin.
(Die Zeit FriedrichsIII.von 1688—1713.) Schloß Oranienburg war, wie wir es geſchildert haben, ein Bau von mäßigen Dimenſionen (nur fünf Fenſter breit), als 1688, nach dem Tode des großen Kurfürſten, der prachtliebende Friedrich III. zur Regierung kam. Es war eine Zeit für die bildenden Künſte in unſerem Lande, wie vielleicht keine zweite, *) zumal wenn man die verhältnißmäßig beſcheidenen Mittel in Anſchlag bringt, die
*) Die Zahl der Baumeiſter, Bildhauer und Maler belief ſich da- mals im Brandenburgiſchen auf 143.
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iſt, ſo konnte ihr dieſe Huldigung allenfalls eben ſo gut als Ge-
mahlin des Oraniers, wie als einer gebornen Prinzeſſin von
Oranien dargebracht werden. Kein Kupferſtich exiſtirt, der uns dieſe
oder auch nur verwandte Züge als das Bildniß Louiſe Henriettens
überlieferte, und ſo war es in der That wohlgethan, daß unſer
Bildhauer Friedrich Wilhelm Wolff, als ihm der Auftrag wurde,
das Standbild Louiſe Henriettens für die Stadt Oranienburg zu
fertigen, an dem Reiz dieſes Bildes (es iſt ein ſehr anſprechendes
Geſicht) vorüberging und die Züge der Kurfürſtin nach jenem
minder reizvollen Kopf modellirte, dem wir auf dem großen Bilde
Terweſtens begegnen. Wolff, ein geborner Fehrbelliner und halb
Nachbarskind von Oranienburg, unterzog ſich der ihm gewordenen
Aufgabe mit Liebe und Geſchick, und ſeit dem Herbſte 1858 er-
hebt ſich auf dem Schloßplatz zu Oranienburg das überlebens-
große Erzbildniß der frommen Frau, die beide, Schloß wie Stadt,
mit ihrem Namen und ihrer eignen Geſchichte auf immer verwob.
„Der hohen Wiederbegründerin dieſer Stadt, Louiſe Henriette,
Kurfürſtin von Brandenburg, geb. Prinzeſſin von Oranien, zum
dauernden Gedächtniß die dankbare Bürgerſchaft Oranienburgs,“
ſo lautet die Inſchrift. Was ſie ſchuf, es hat das Kleid gewechſelt
ſeitdem, aber die Dinge blieben, der Segen lebt fort und mit ihm
der Name und das Gedächtniß der Gründerin.
(Die Zeit Friedrichs III. von 1688—1713.) Schloß
Oranienburg war, wie wir es geſchildert haben, ein Bau von
mäßigen Dimenſionen (nur fünf Fenſter breit), als 1688, nach
dem Tode des großen Kurfürſten, der prachtliebende Friedrich III.
zur Regierung kam. Es war eine Zeit für die bildenden Künſte
in unſerem Lande, wie vielleicht keine zweite, *) zumal wenn man
die verhältnißmäßig beſcheidenen Mittel in Anſchlag bringt, die
*) Die Zahl der Baumeiſter, Bildhauer und Maler belief ſich da-
mals im Brandenburgiſchen auf 143.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/235>, abgerufen am 25.11.2024.
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