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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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war mit einem bedeckten Gange umgeben, auf dessen Plattform
zur Sommerzeit zahlreiche Orangenbäume standen. So war Schloß
Oranienburg in den Jahren, die seiner Gründung unmittelbar
folgten. Nichts davon ist der Gegenwart geblieben, und wir wür-
den, da keine gleichzeitigen Pläne und Beschreibungen existiren,
darauf verzichten müssen, uns eine Vorstellung von dem damaligen
Anblick des Schlosses zu machen, wenn nicht in dem Waisenhause
ein großes für die Local-Geschichte Oranienburgs höchst werthvolles
Gemälde existirte, das, früher den Prachtzimmern des Schlosses
selber angehörig, später ein Unterkommen im Waisenhause fand
und in Ermangelung anderer Anhaltepunkte am ehesten geeignet
ist, uns über die Gestalt der damaligen Oranienburg annähernden
oder doch muthmaßlichen Aufschluß zu geben. Dies wandgroße
Bild (etwa 11 Fuß im Quadrat) von dem sich eine gleichzeitige
Copie als Plafond-Gemälde in einem der Säle, wahrscheinlich in
einem der Pavillon-Zimmer befand, stellt, unter Benutzung der
alten Dido-Sage, die Gründung Oranienburgs dar.

In der Mitte des Bildes erkennen wir das kurfürstliche Paar,
angethan mit allen Abzeichen ihrer Würde; Louise Henriette als
Dido. Hinter dem Kurfürsten, den Speer in der Hand, steht der
Oberst La Cave, während die Gräfin von Blumenthal, eine schöne,
stattliche Dame, die Schleppe der Kurfürstin trägt. Weiter zurück,
der Gräfin Blumenthal zunächst, erblicken wir den Oberjägermeister
von Hertefeld und einen von Rochow (die Angaben fehlen, welchen).
Alle die Genannten füllen die linke Seite des Bildes, während
zur Rechten des Kurfürsten der Geheimrath Otto von Schwerin
steht, in wenig schmeichelhafter Weise mit zurückgeschlagenen Hemds-
ärmeln und im günstigsten Fall in der Rolle eines behäbigen
Gerbermeisters. Er hält eine Kuhhaut (mit der Inschrift plus
outre,
"immer mehr") in der Linken, während er mit der Rechten
bemüht ist, die Haut in Streifen zu schneiden. Diese Streifen
werden von drei oder vier geschäftigen Dienern zur Absteckung
einer weiten, sich im Hintergrund markirenden Feldfläche benutzt,
aus deren Mitte sich in grauweißer Farbe ein Schloß erhebt; nur

war mit einem bedeckten Gange umgeben, auf deſſen Plattform
zur Sommerzeit zahlreiche Orangenbäume ſtanden. So war Schloß
Oranienburg in den Jahren, die ſeiner Gründung unmittelbar
folgten. Nichts davon iſt der Gegenwart geblieben, und wir wür-
den, da keine gleichzeitigen Pläne und Beſchreibungen exiſtiren,
darauf verzichten müſſen, uns eine Vorſtellung von dem damaligen
Anblick des Schloſſes zu machen, wenn nicht in dem Waiſenhauſe
ein großes für die Local-Geſchichte Oranienburgs höchſt werthvolles
Gemälde exiſtirte, das, früher den Prachtzimmern des Schloſſes
ſelber angehörig, ſpäter ein Unterkommen im Waiſenhauſe fand
und in Ermangelung anderer Anhaltepunkte am eheſten geeignet
iſt, uns über die Geſtalt der damaligen Oranienburg annähernden
oder doch muthmaßlichen Aufſchluß zu geben. Dies wandgroße
Bild (etwa 11 Fuß im Quadrat) von dem ſich eine gleichzeitige
Copie als Plafond-Gemälde in einem der Säle, wahrſcheinlich in
einem der Pavillon-Zimmer befand, ſtellt, unter Benutzung der
alten Dido-Sage, die Gründung Oranienburgs dar.

In der Mitte des Bildes erkennen wir das kurfürſtliche Paar,
angethan mit allen Abzeichen ihrer Würde; Louiſe Henriette als
Dido. Hinter dem Kurfürſten, den Speer in der Hand, ſteht der
Oberſt La Cave, während die Gräfin von Blumenthal, eine ſchöne,
ſtattliche Dame, die Schleppe der Kurfürſtin trägt. Weiter zurück,
der Gräfin Blumenthal zunächſt, erblicken wir den Oberjägermeiſter
von Hertefeld und einen von Rochow (die Angaben fehlen, welchen).
Alle die Genannten füllen die linke Seite des Bildes, während
zur Rechten des Kurfürſten der Geheimrath Otto von Schwerin
ſteht, in wenig ſchmeichelhafter Weiſe mit zurückgeſchlagenen Hemds-
ärmeln und im günſtigſten Fall in der Rolle eines behäbigen
Gerbermeiſters. Er hält eine Kuhhaut (mit der Inſchrift plus
outre,
„immer mehr“) in der Linken, während er mit der Rechten
bemüht iſt, die Haut in Streifen zu ſchneiden. Dieſe Streifen
werden von drei oder vier geſchäftigen Dienern zur Abſteckung
einer weiten, ſich im Hintergrund markirenden Feldfläche benutzt,
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[214/0232] war mit einem bedeckten Gange umgeben, auf deſſen Plattform zur Sommerzeit zahlreiche Orangenbäume ſtanden. So war Schloß Oranienburg in den Jahren, die ſeiner Gründung unmittelbar folgten. Nichts davon iſt der Gegenwart geblieben, und wir wür- den, da keine gleichzeitigen Pläne und Beſchreibungen exiſtiren, darauf verzichten müſſen, uns eine Vorſtellung von dem damaligen Anblick des Schloſſes zu machen, wenn nicht in dem Waiſenhauſe ein großes für die Local-Geſchichte Oranienburgs höchſt werthvolles Gemälde exiſtirte, das, früher den Prachtzimmern des Schloſſes ſelber angehörig, ſpäter ein Unterkommen im Waiſenhauſe fand und in Ermangelung anderer Anhaltepunkte am eheſten geeignet iſt, uns über die Geſtalt der damaligen Oranienburg annähernden oder doch muthmaßlichen Aufſchluß zu geben. Dies wandgroße Bild (etwa 11 Fuß im Quadrat) von dem ſich eine gleichzeitige Copie als Plafond-Gemälde in einem der Säle, wahrſcheinlich in einem der Pavillon-Zimmer befand, ſtellt, unter Benutzung der alten Dido-Sage, die Gründung Oranienburgs dar. In der Mitte des Bildes erkennen wir das kurfürſtliche Paar, angethan mit allen Abzeichen ihrer Würde; Louiſe Henriette als Dido. Hinter dem Kurfürſten, den Speer in der Hand, ſteht der Oberſt La Cave, während die Gräfin von Blumenthal, eine ſchöne, ſtattliche Dame, die Schleppe der Kurfürſtin trägt. Weiter zurück, der Gräfin Blumenthal zunächſt, erblicken wir den Oberjägermeiſter von Hertefeld und einen von Rochow (die Angaben fehlen, welchen). Alle die Genannten füllen die linke Seite des Bildes, während zur Rechten des Kurfürſten der Geheimrath Otto von Schwerin ſteht, in wenig ſchmeichelhafter Weiſe mit zurückgeſchlagenen Hemds- ärmeln und im günſtigſten Fall in der Rolle eines behäbigen Gerbermeiſters. Er hält eine Kuhhaut (mit der Inſchrift plus outre, „immer mehr“) in der Linken, während er mit der Rechten bemüht iſt, die Haut in Streifen zu ſchneiden. Dieſe Streifen werden von drei oder vier geſchäftigen Dienern zur Abſteckung einer weiten, ſich im Hintergrund markirenden Feldfläche benutzt, aus deren Mitte ſich in grauweißer Farbe ein Schloß erhebt; nur

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/232>, abgerufen am 20.05.2024.