sandten in Rom) überging. Alexander von Humboldt hat sich im- mer nur besuchsweise in Schloß Tegel aufgehalten, und die histo- rische Bedeutung des Orts wurzelt überwiegend in dem vieljährigen Aufenthalte Wilhelms von Humboldt daselbst, der die letzten fünfzehn Jahre seines Lebens (von 1820 bis 1835), zurückgezogen von Hof und Politik, aber in immer wachsender Vertrautheit mit der Muse und den Wissenschaften, auf dieser seiner Besitzung zu- brachte.
Die Kunstschätze, die Schloß Tegel bis diesen Augenblick um- schließt, gehören (wie ich bei Aufzählung derselben noch weiter hervorheben werde) nicht unwesentlichen Theils in das Gebiet des Familienporträts. Wilhelm von Humboldt selbst, seine Gemahlin, seine drei Töchter (jüngerer, in Rom verstorbener Kinder zu ge- schweigen) haben alle, sei es in Stein oder Farbe, eine so mannig- fache Darstellung gefunden, daß es nöthig sein wird, behufs bes- serer Orientirung, dem Leser einen kurzen Ueberblick über die Familienverhältnisse Wilhelms von Humboldt zu geben.
Wilhelm von Humboldt war mit Caroline Friederike von Dacheroeden (geb. am 23. Februar 1766, gest. am 26. März 1829) vermählt. Aus dieser Ehe wurden ihm, mit Ausschluß der früh verstorbenen Kinder, drei Töchter und ein Sohn geboren. Der Sohn erhielt die Ottmachauschen Güter in Schlesien; die Töchter erhielten Tegel. Die älteste Tochter, Caroline von Hum- boldt, blieb unverheirathet und überlebte ihren Vater um kaum zwei Jahre. Die zweite Tochter, Adelheid von Humboldt, war mit dem Generallieutenant von Hedemann vermählt und besaß Schloß Tegel als väterliches Erbtheil von 1835 bis zu ihrem Tode 1856. Nach ihrem Tode (sie starb kinderlos) ging Tegel nunmehr auf die noch lebende dritte Schwester, Gabriele von Humboldt, Wittwe des ehemaligen Gesandten in London und Staatsministers von Bülow, über. Diese dritte Schwester ist die zeitige Besitzerin des Schwesternerbes; nach ihrem Tode, da auch sie keine Kinder hat, fällt Tegel an die männliche Linie, d. h. an die Besitzer der großen schlesischen Güter (Ottmachau) zurück.
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ſandten in Rom) überging. Alexander von Humboldt hat ſich im- mer nur beſuchsweiſe in Schloß Tegel aufgehalten, und die hiſto- riſche Bedeutung des Orts wurzelt überwiegend in dem vieljährigen Aufenthalte Wilhelms von Humboldt daſelbſt, der die letzten fünfzehn Jahre ſeines Lebens (von 1820 bis 1835), zurückgezogen von Hof und Politik, aber in immer wachſender Vertrautheit mit der Muſe und den Wiſſenſchaften, auf dieſer ſeiner Beſitzung zu- brachte.
Die Kunſtſchätze, die Schloß Tegel bis dieſen Augenblick um- ſchließt, gehören (wie ich bei Aufzählung derſelben noch weiter hervorheben werde) nicht unweſentlichen Theils in das Gebiet des Familienporträts. Wilhelm von Humboldt ſelbſt, ſeine Gemahlin, ſeine drei Töchter (jüngerer, in Rom verſtorbener Kinder zu ge- ſchweigen) haben alle, ſei es in Stein oder Farbe, eine ſo mannig- fache Darſtellung gefunden, daß es nöthig ſein wird, behufs beſ- ſerer Orientirung, dem Leſer einen kurzen Ueberblick über die Familienverhältniſſe Wilhelms von Humboldt zu geben.
Wilhelm von Humboldt war mit Caroline Friederike von Dacheroeden (geb. am 23. Februar 1766, geſt. am 26. März 1829) vermählt. Aus dieſer Ehe wurden ihm, mit Ausſchluß der früh verſtorbenen Kinder, drei Töchter und ein Sohn geboren. Der Sohn erhielt die Ottmachauſchen Güter in Schleſien; die Töchter erhielten Tegel. Die älteſte Tochter, Caroline von Hum- boldt, blieb unverheirathet und überlebte ihren Vater um kaum zwei Jahre. Die zweite Tochter, Adelheid von Humboldt, war mit dem Generallieutenant von Hedemann vermählt und beſaß Schloß Tegel als väterliches Erbtheil von 1835 bis zu ihrem Tode 1856. Nach ihrem Tode (ſie ſtarb kinderlos) ging Tegel nunmehr auf die noch lebende dritte Schweſter, Gabriele von Humboldt, Wittwe des ehemaligen Geſandten in London und Staatsminiſters von Bülow, über. Dieſe dritte Schweſter iſt die zeitige Beſitzerin des Schweſternerbes; nach ihrem Tode, da auch ſie keine Kinder hat, fällt Tegel an die männliche Linie, d. h. an die Beſitzer der großen ſchleſiſchen Güter (Ottmachau) zurück.
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[193/0211]
ſandten in Rom) überging. Alexander von Humboldt hat ſich im-
mer nur beſuchsweiſe in Schloß Tegel aufgehalten, und die hiſto-
riſche Bedeutung des Orts wurzelt überwiegend in dem vieljährigen
Aufenthalte Wilhelms von Humboldt daſelbſt, der die letzten
fünfzehn Jahre ſeines Lebens (von 1820 bis 1835), zurückgezogen
von Hof und Politik, aber in immer wachſender Vertrautheit mit
der Muſe und den Wiſſenſchaften, auf dieſer ſeiner Beſitzung zu-
brachte.
Die Kunſtſchätze, die Schloß Tegel bis dieſen Augenblick um-
ſchließt, gehören (wie ich bei Aufzählung derſelben noch weiter
hervorheben werde) nicht unweſentlichen Theils in das Gebiet des
Familienporträts. Wilhelm von Humboldt ſelbſt, ſeine Gemahlin,
ſeine drei Töchter (jüngerer, in Rom verſtorbener Kinder zu ge-
ſchweigen) haben alle, ſei es in Stein oder Farbe, eine ſo mannig-
fache Darſtellung gefunden, daß es nöthig ſein wird, behufs beſ-
ſerer Orientirung, dem Leſer einen kurzen Ueberblick über die
Familienverhältniſſe Wilhelms von Humboldt zu geben.
Wilhelm von Humboldt war mit Caroline Friederike von
Dacheroeden (geb. am 23. Februar 1766, geſt. am 26. März
1829) vermählt. Aus dieſer Ehe wurden ihm, mit Ausſchluß der
früh verſtorbenen Kinder, drei Töchter und ein Sohn geboren.
Der Sohn erhielt die Ottmachauſchen Güter in Schleſien; die
Töchter erhielten Tegel. Die älteſte Tochter, Caroline von Hum-
boldt, blieb unverheirathet und überlebte ihren Vater um kaum
zwei Jahre. Die zweite Tochter, Adelheid von Humboldt, war
mit dem Generallieutenant von Hedemann vermählt und beſaß
Schloß Tegel als väterliches Erbtheil von 1835 bis zu ihrem
Tode 1856. Nach ihrem Tode (ſie ſtarb kinderlos) ging Tegel
nunmehr auf die noch lebende dritte Schweſter, Gabriele von
Humboldt, Wittwe des ehemaligen Geſandten in London und
Staatsminiſters von Bülow, über. Dieſe dritte Schweſter iſt die
zeitige Beſitzerin des Schweſternerbes; nach ihrem Tode, da auch
ſie keine Kinder hat, fällt Tegel an die männliche Linie, d. h. an
die Beſitzer der großen ſchleſiſchen Güter (Ottmachau) zurück.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/211>, abgerufen am 27.11.2024.
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