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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Leute, die theils sich ausruhten, theils ihr Mittagsmahl verzehrten.
Wir knüpften ein Gespräch an und erfuhren Folgendes. Die Arbeit
ist schwer und ungesund, aber einträglich, besonders für geübte
Arbeiter, die mittels ihrer Geschicklichkeit das Accord-Quantum
täglich überschreiten und ihre Arbeits-Ueberschüsse bezahlt bekommen.
Drei Arbeiter bilden immer eine Einheit und als das Durchschnitts-
quantum, das sie täglich zu liefern haben, gelten 13000 Stück
Torf. Leisten sie das, so haben sie einen mittleren Tagelohn ver-
dient, der aber immer noch beträchtlich über das hinausgeht, was
für Feldarbeit in den Dörfern bezahlt zu werden pflegt. Gute
Arbeiter aber (immer jene drei als Einheit gerechnet) bringen es
bis zu 20,000 Stück, was, den Tag zu 10 Arbeitsstunden fest-
gesetzt, etwa 2 Secunden für die Gewinnung eines Stückes Torf
ergiebt. Ueber diese Producirung sei noch ein Wort gesagt. Man
hat es eine Zeit lang mit Maschinen versucht, ist aber längst zur
Handarbeit, als zu dem rascheren und einträglicheren (auch für die
Unternehmer) zurückgekommen. Das Verfahren ist außerordentlich
einfach. Drei Personen und drei verschiedene Instrumente sind
nöthig: ein Schneide-eisen, ein Grabscheit und eine Gabel. Das
Schneide-eisen ist die Hauptsache; es gleicht einem Grabscheit, das
zwei kurz vorspringende Flügel hat, so daß man beim Eindrücken
desselben drei Schnitte a tempo macht. Die Arbeiter stehen nun
vor einem langen Torfgraben, dessen Wand glatt und steil abfällt.
Zwei Arbeiter stehen in dem Graben; der dritte, mit dem Schneide-
eisen, auf der Wandung desselben. Dieser setzt nun das Eisen ein,
drückt von oben her das Torfmesser in den Grabenrand und
schneidet dadurch ein fix und fertiges Torfstück heraus, das nur
noch nach unten zu festhaftet. In demselben Augenblick, wo er das
Schneide-eisen wieder hebt, um es dicht daneben in den Boden zu
drücken, sticht der im Graben stehende Mann mit dem Grabscheit
das Stück Torf los und präsentirt es, wie ein vom Teller gelöstes
Stück Kuchen, dem dritten. Dieser spießt es mit einer großen
Eisengabel auf und legt es schichtweis bei Seite, so daß sich binnen
Kurzem die bekannte Torfpyramide aufbaut.


Leute, die theils ſich ausruhten, theils ihr Mittagsmahl verzehrten.
Wir knüpften ein Geſpräch an und erfuhren Folgendes. Die Arbeit
iſt ſchwer und ungeſund, aber einträglich, beſonders für geübte
Arbeiter, die mittels ihrer Geſchicklichkeit das Accord-Quantum
täglich überſchreiten und ihre Arbeits-Ueberſchüſſe bezahlt bekommen.
Drei Arbeiter bilden immer eine Einheit und als das Durchſchnitts-
quantum, das ſie täglich zu liefern haben, gelten 13000 Stück
Torf. Leiſten ſie das, ſo haben ſie einen mittleren Tagelohn ver-
dient, der aber immer noch beträchtlich über das hinausgeht, was
für Feldarbeit in den Dörfern bezahlt zu werden pflegt. Gute
Arbeiter aber (immer jene drei als Einheit gerechnet) bringen es
bis zu 20,000 Stück, was, den Tag zu 10 Arbeitsſtunden feſt-
geſetzt, etwa 2 Secunden für die Gewinnung eines Stückes Torf
ergiebt. Ueber dieſe Producirung ſei noch ein Wort geſagt. Man
hat es eine Zeit lang mit Maſchinen verſucht, iſt aber längſt zur
Handarbeit, als zu dem raſcheren und einträglicheren (auch für die
Unternehmer) zurückgekommen. Das Verfahren iſt außerordentlich
einfach. Drei Perſonen und drei verſchiedene Inſtrumente ſind
nöthig: ein Schneide-eiſen, ein Grabſcheit und eine Gabel. Das
Schneide-eiſen iſt die Hauptſache; es gleicht einem Grabſcheit, das
zwei kurz vorſpringende Flügel hat, ſo daß man beim Eindrücken
deſſelben drei Schnitte a tempo macht. Die Arbeiter ſtehen nun
vor einem langen Torfgraben, deſſen Wand glatt und ſteil abfällt.
Zwei Arbeiter ſtehen in dem Graben; der dritte, mit dem Schneide-
eiſen, auf der Wandung deſſelben. Dieſer ſetzt nun das Eiſen ein,
drückt von oben her das Torfmeſſer in den Grabenrand und
ſchneidet dadurch ein fix und fertiges Torfſtück heraus, das nur
noch nach unten zu feſthaftet. In demſelben Augenblick, wo er das
Schneide-eiſen wieder hebt, um es dicht daneben in den Boden zu
drücken, ſticht der im Graben ſtehende Mann mit dem Grabſcheit
das Stück Torf los und präſentirt es, wie ein vom Teller gelöſtes
Stück Kuchen, dem dritten. Dieſer ſpießt es mit einer großen
Eiſengabel auf und legt es ſchichtweis bei Seite, ſo daß ſich binnen
Kurzem die bekannte Torfpyramide aufbaut.


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[180/0198] Leute, die theils ſich ausruhten, theils ihr Mittagsmahl verzehrten. Wir knüpften ein Geſpräch an und erfuhren Folgendes. Die Arbeit iſt ſchwer und ungeſund, aber einträglich, beſonders für geübte Arbeiter, die mittels ihrer Geſchicklichkeit das Accord-Quantum täglich überſchreiten und ihre Arbeits-Ueberſchüſſe bezahlt bekommen. Drei Arbeiter bilden immer eine Einheit und als das Durchſchnitts- quantum, das ſie täglich zu liefern haben, gelten 13000 Stück Torf. Leiſten ſie das, ſo haben ſie einen mittleren Tagelohn ver- dient, der aber immer noch beträchtlich über das hinausgeht, was für Feldarbeit in den Dörfern bezahlt zu werden pflegt. Gute Arbeiter aber (immer jene drei als Einheit gerechnet) bringen es bis zu 20,000 Stück, was, den Tag zu 10 Arbeitsſtunden feſt- geſetzt, etwa 2 Secunden für die Gewinnung eines Stückes Torf ergiebt. Ueber dieſe Producirung ſei noch ein Wort geſagt. Man hat es eine Zeit lang mit Maſchinen verſucht, iſt aber längſt zur Handarbeit, als zu dem raſcheren und einträglicheren (auch für die Unternehmer) zurückgekommen. Das Verfahren iſt außerordentlich einfach. Drei Perſonen und drei verſchiedene Inſtrumente ſind nöthig: ein Schneide-eiſen, ein Grabſcheit und eine Gabel. Das Schneide-eiſen iſt die Hauptſache; es gleicht einem Grabſcheit, das zwei kurz vorſpringende Flügel hat, ſo daß man beim Eindrücken deſſelben drei Schnitte a tempo macht. Die Arbeiter ſtehen nun vor einem langen Torfgraben, deſſen Wand glatt und ſteil abfällt. Zwei Arbeiter ſtehen in dem Graben; der dritte, mit dem Schneide- eiſen, auf der Wandung deſſelben. Dieſer ſetzt nun das Eiſen ein, drückt von oben her das Torfmeſſer in den Grabenrand und ſchneidet dadurch ein fix und fertiges Torfſtück heraus, das nur noch nach unten zu feſthaftet. In demſelben Augenblick, wo er das Schneide-eiſen wieder hebt, um es dicht daneben in den Boden zu drücken, ſticht der im Graben ſtehende Mann mit dem Grabſcheit das Stück Torf los und präſentirt es, wie ein vom Teller gelöſtes Stück Kuchen, dem dritten. Dieſer ſpießt es mit einer großen Eiſengabel auf und legt es ſchichtweis bei Seite, ſo daß ſich binnen Kurzem die bekannte Torfpyramide aufbaut.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/198>, abgerufen am 27.11.2024.