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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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sich selbst zu Markte bringt -- den Torf. Denn das Luch besteht
großentheils aus Torf. Seitdem es aufgehört hat ein bloßer Sumpf
zu sein, ist es ein großes Gras- und Torfland geworden. Linum,
der Hauptsitz der Torfgräbereien, ist das Newcastle unserer Residenz.

Wie das Havelland den Mittelpunkt Alt-Brandenburgs bildet,
so bildet das Luch wiederum den Mittelpunkt des Havellandes.
Das letztere (d. h. also der West- und Osthavelländische Kreis)
ist ohngefähr 50 Q.-Meilen groß; in diesen 50 Q.-Meilen stecken
die 22 Q.-Meilen des Luch's wie ein Kern in der Schale. Die
Form dieses Kerns ist aber nicht rund, auch nicht oval oder
elliptisch, sondern pilzförmig. Ich werde gleich näher beschreiben,
wie diese etwas ungewöhnliche Bezeichnung zu verstehen ist. Jeder
meiner Leser kennt jene Pilzarten mit kurzem dicken Stengel, die
ein breites schirmförmiges Dach und eine große kugelförmige Wurzel
haben. Man nehme den Längsdurchschnitt eines solchen Pilzes und
klebe ihn auf ein kleines Quartblatt Papier, so wird man ein
ziemlich deutliches Bild gewinnen, welche Form "das Luch" inner-
halb des Havellandes einnimmt. Gleich der erste Blick wird dem
Beschauer zeigen, daß das Luch aus zwei Hälften, aus einer
schirmförmig-nördlichen und einer kugelförmig-südlichen besteht, die
beide da, wo der kurze Strunk des Pilzes läuft, nah zusammen-
treffen. Die schirmförmige Hälfte heißt das Rhin-Luch, die kugel-
förmige das Havelländische Luch. Das Verbindungsstück zwi-
schen beiden hat keinen besonderen Namen. Dies verhältnißmäßig
schmale, dem Strunk des Pilzes entsprechende Verbindungsstück ist
dadurch entstanden, daß sich von rechts und links her Sand-
plateau's in den Luchgrund hineingeschoben haben. Diese Sand-
plateau's führen wohlgekannte Namen; das östliche ist das im
vorigen Kapitel schon genannte "Ländchen Bellin," das westliche
heißt "Ländchen Friesack." Diese beiden "Ländchen" sind alte
Sitze der Cultur, und ihre Hauptstädte, Fehrbellin und Friesack,
wurden schon genannt, als beide Luche, das Rhin-Luch wie das
Havelländische, noch einem See glichen, der in Sommerzeit zu
einem ungesunden, unsicheren Sumpfland zusammentrocknete.


ſich ſelbſt zu Markte bringt — den Torf. Denn das Luch beſteht
großentheils aus Torf. Seitdem es aufgehört hat ein bloßer Sumpf
zu ſein, iſt es ein großes Gras- und Torfland geworden. Linum,
der Hauptſitz der Torfgräbereien, iſt das Newcaſtle unſerer Reſidenz.

Wie das Havelland den Mittelpunkt Alt-Brandenburgs bildet,
ſo bildet das Luch wiederum den Mittelpunkt des Havellandes.
Das letztere (d. h. alſo der Weſt- und Oſthavelländiſche Kreis)
iſt ohngefähr 50 Q.-Meilen groß; in dieſen 50 Q.-Meilen ſtecken
die 22 Q.-Meilen des Luch’s wie ein Kern in der Schale. Die
Form dieſes Kerns iſt aber nicht rund, auch nicht oval oder
elliptiſch, ſondern pilzförmig. Ich werde gleich näher beſchreiben,
wie dieſe etwas ungewöhnliche Bezeichnung zu verſtehen iſt. Jeder
meiner Leſer kennt jene Pilzarten mit kurzem dicken Stengel, die
ein breites ſchirmförmiges Dach und eine große kugelförmige Wurzel
haben. Man nehme den Längsdurchſchnitt eines ſolchen Pilzes und
klebe ihn auf ein kleines Quartblatt Papier, ſo wird man ein
ziemlich deutliches Bild gewinnen, welche Form „das Luch“ inner-
halb des Havellandes einnimmt. Gleich der erſte Blick wird dem
Beſchauer zeigen, daß das Luch aus zwei Hälften, aus einer
ſchirmförmig-nördlichen und einer kugelförmig-ſüdlichen beſteht, die
beide da, wo der kurze Strunk des Pilzes läuft, nah zuſammen-
treffen. Die ſchirmförmige Hälfte heißt das Rhin-Luch, die kugel-
förmige das Havelländiſche Luch. Das Verbindungsſtück zwi-
ſchen beiden hat keinen beſonderen Namen. Dies verhältnißmäßig
ſchmale, dem Strunk des Pilzes entſprechende Verbindungsſtück iſt
dadurch entſtanden, daß ſich von rechts und links her Sand-
plateau’s in den Luchgrund hineingeſchoben haben. Dieſe Sand-
plateau’s führen wohlgekannte Namen; das öſtliche iſt das im
vorigen Kapitel ſchon genannte „Ländchen Bellin,“ das weſtliche
heißt „Ländchen Frieſack.“ Dieſe beiden „Ländchen“ ſind alte
Sitze der Cultur, und ihre Hauptſtädte, Fehrbellin und Frieſack,
wurden ſchon genannt, als beide Luche, das Rhin-Luch wie das
Havelländiſche, noch einem See glichen, der in Sommerzeit zu
einem ungeſunden, unſicheren Sumpfland zuſammentrocknete.


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[173/0191] ſich ſelbſt zu Markte bringt — den Torf. Denn das Luch beſteht großentheils aus Torf. Seitdem es aufgehört hat ein bloßer Sumpf zu ſein, iſt es ein großes Gras- und Torfland geworden. Linum, der Hauptſitz der Torfgräbereien, iſt das Newcaſtle unſerer Reſidenz. Wie das Havelland den Mittelpunkt Alt-Brandenburgs bildet, ſo bildet das Luch wiederum den Mittelpunkt des Havellandes. Das letztere (d. h. alſo der Weſt- und Oſthavelländiſche Kreis) iſt ohngefähr 50 Q.-Meilen groß; in dieſen 50 Q.-Meilen ſtecken die 22 Q.-Meilen des Luch’s wie ein Kern in der Schale. Die Form dieſes Kerns iſt aber nicht rund, auch nicht oval oder elliptiſch, ſondern pilzförmig. Ich werde gleich näher beſchreiben, wie dieſe etwas ungewöhnliche Bezeichnung zu verſtehen iſt. Jeder meiner Leſer kennt jene Pilzarten mit kurzem dicken Stengel, die ein breites ſchirmförmiges Dach und eine große kugelförmige Wurzel haben. Man nehme den Längsdurchſchnitt eines ſolchen Pilzes und klebe ihn auf ein kleines Quartblatt Papier, ſo wird man ein ziemlich deutliches Bild gewinnen, welche Form „das Luch“ inner- halb des Havellandes einnimmt. Gleich der erſte Blick wird dem Beſchauer zeigen, daß das Luch aus zwei Hälften, aus einer ſchirmförmig-nördlichen und einer kugelförmig-ſüdlichen beſteht, die beide da, wo der kurze Strunk des Pilzes läuft, nah zuſammen- treffen. Die ſchirmförmige Hälfte heißt das Rhin-Luch, die kugel- förmige das Havelländiſche Luch. Das Verbindungsſtück zwi- ſchen beiden hat keinen beſonderen Namen. Dies verhältnißmäßig ſchmale, dem Strunk des Pilzes entſprechende Verbindungsſtück iſt dadurch entſtanden, daß ſich von rechts und links her Sand- plateau’s in den Luchgrund hineingeſchoben haben. Dieſe Sand- plateau’s führen wohlgekannte Namen; das öſtliche iſt das im vorigen Kapitel ſchon genannte „Ländchen Bellin,“ das weſtliche heißt „Ländchen Frieſack.“ Dieſe beiden „Ländchen“ ſind alte Sitze der Cultur, und ihre Hauptſtädte, Fehrbellin und Frieſack, wurden ſchon genannt, als beide Luche, das Rhin-Luch wie das Havelländiſche, noch einem See glichen, der in Sommerzeit zu einem ungeſunden, unſicheren Sumpfland zuſammentrocknete.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/191>, abgerufen am 23.11.2024.