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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Poetischer Wälder
Der flüchtige Nagai/ der Kern auff Raub und morden
erschrack/ und fiel zu Pferd' aus seinem Schilf und Horden/
und als er endlich sah' uns Freund-gesinten Feind/
Erzürnt' er/ daß es nicht zum treffen war gemeynt.
Von hieraus wiesen uns die Tartrischen Silenen
als welche Buhler sind der Kaspischen Sirenen/
Jn das berühmte Meer. Sie/ Amphitrite stund/
Both unserm Friedriche stracks ihren süßen Mund.
So bald dis der Hyrkan/ ihr strenger Mann/ vernommen/
da kam er rasens voll recht an uns angeschwommen/
Reitzt' auff sein grünes Saltz. Rufft Eoln aus der Klufft.
Da stritten wieder uns Grund/ Wetter/ See und Lufft.
Wir flohen Himmel an und Hellen ab mit schrecken;
Die Seen kahmen gantz das schwache Schiff zu decken/
und spielten heuffig ein. Die Schlupe die gieng fort.
Das feste Rohr sprang ab/ der Mast schlug über Port.
Der ungetreue Grund ließ hier die Ancker schlippen/
Von dorther schreckten uns/ Derbent/ dein hohe Klippen.
Kein helffen halff uns mehr. Wir stürtzten auff das Land/
Da starb das Edle Schiff/ an der Schirvaner Strand'/
am Sande Niesalats. O den betrübten tritten/
mit welchen erstlich wir das Persien beschritten!
Die Ufer über uns der furcht und wunderns vol
empfingen uns mit Trost und sprachen alles wol.
Schamachie/ die Zier der geilen Oreaden/
Die angenähme Lust der quellenden Najaden/
da Pan zu Feld' und Thal' und Berge rufft und pfeifft/
und noch der Dryas hier/ dort nach der Syrinx leufft/
Wie prächtig nahms uns an/ wie bließ es die Posaunen/
wie sprungen ümm uns her die Bock-gefüsten Faunen,
Da uns Lyeus selbst/ der Hertzog einer Schaar/
die ümm die Häupter grün' in vollem Winter war/
gar weit entgegen kahm. Bey diesem Ebentheuer
war gantz der Tag voll Lust/ die Nacht voll Freuden-feuer.
Latona macht' ihr Liecht zum vierdten mahle voll;
Es deucht uns kurtze Zeit; wir waren allzeit wol/
Bald
Poetiſcher Waͤlder
Der fluͤchtige Nagai/ der Kern auff Raub und morden
erſchrack/ und fiel zu Pferd’ aus ſeinem Schilf und Horden/
und als er endlich ſah’ uns Freund-geſinten Feind/
Erzuͤrnt’ er/ daß es nicht zum treffen war gemeynt.
Von hieraus wieſen uns die Tartriſchen Silenen
als welche Buhler ſind der Kaſpiſchen Sirenen/
Jn das beruͤhmte Meer. Sie/ Amphitrite ſtund/
Both unſerm Friedriche ſtracks ihren ſuͤßen Mund.
So bald dis der Hyrkan/ ihr ſtrenger Mann/ vernommen/
da kam er raſens voll recht an uns angeſchwommen/
Reitzt’ auff ſein gruͤnes Saltz. Rufft Eoln aus der Klufft.
Da ſtritten wieder uns Grund/ Wetter/ See und Lufft.
Wir flohen Himmel an und Hellen ab mit ſchrecken;
Die Seen kahmen gantz das ſchwache Schiff zu decken/
und ſpielten heuffig ein. Die Schlupe die gieng fort.
Das feſte Rohr ſprang ab/ der Maſt ſchlug uͤber Port.
Der ungetreue Grund ließ hier die Ancker ſchlippen/
Von dorther ſchreckten uns/ Derbent/ dein hohe Klippen.
Kein helffen halff uns mehr. Wir ſtuͤrtzten auff das Land/
Da ſtarb das Edle Schiff/ an der Schirvaner Strand’/
am Sande Nieſalats. O den betruͤbten tritten/
mit welchen erſtlich wir das Perſien beſchritten!
Die Ufer uͤber uns der furcht und wunderns vol
empfingen uns mit Troſt und ſprachen alles wol.
Schamachie/ die Zier der geilen Oreaden/
Die angenaͤhme Luſt der quellenden Najaden/
da Pan zu Feld’ und Thal’ und Berge rufft und pfeifft/
und noch der Dryas hier/ dort nach der Syrinx leufft/
Wie praͤchtig nahms uns an/ wie bließ es die Poſaunen/
wie ſprungen uͤmm uns her die Bock-gefuͤſten Faunen,
Da uns Lyeus ſelbſt/ der Hertzog einer Schaar/
die uͤmm die Haͤupter gruͤn’ in vollem Winter war/
gar weit entgegen kahm. Bey dieſem Ebentheuer
war gantz der Tag voll Luſt/ die Nacht voll Freuden-feuer.
Latona macht’ ihr Liecht zum vierdten mahle voll;
Es deucht uns kurtze Zeit; wir waren allzeit wol/
Bald
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[204/0224] Poetiſcher Waͤlder Der fluͤchtige Nagai/ der Kern auff Raub und morden erſchrack/ und fiel zu Pferd’ aus ſeinem Schilf und Horden/ und als er endlich ſah’ uns Freund-geſinten Feind/ Erzuͤrnt’ er/ daß es nicht zum treffen war gemeynt. Von hieraus wieſen uns die Tartriſchen Silenen als welche Buhler ſind der Kaſpiſchen Sirenen/ Jn das beruͤhmte Meer. Sie/ Amphitrite ſtund/ Both unſerm Friedriche ſtracks ihren ſuͤßen Mund. So bald dis der Hyrkan/ ihr ſtrenger Mann/ vernommen/ da kam er raſens voll recht an uns angeſchwommen/ Reitzt’ auff ſein gruͤnes Saltz. Rufft Eoln aus der Klufft. Da ſtritten wieder uns Grund/ Wetter/ See und Lufft. Wir flohen Himmel an und Hellen ab mit ſchrecken; Die Seen kahmen gantz das ſchwache Schiff zu decken/ und ſpielten heuffig ein. Die Schlupe die gieng fort. Das feſte Rohr ſprang ab/ der Maſt ſchlug uͤber Port. Der ungetreue Grund ließ hier die Ancker ſchlippen/ Von dorther ſchreckten uns/ Derbent/ dein hohe Klippen. Kein helffen halff uns mehr. Wir ſtuͤrtzten auff das Land/ Da ſtarb das Edle Schiff/ an der Schirvaner Strand’/ am Sande Nieſalats. O den betruͤbten tritten/ mit welchen erſtlich wir das Perſien beſchritten! Die Ufer uͤber uns der furcht und wunderns vol empfingen uns mit Troſt und ſprachen alles wol. Schamachie/ die Zier der geilen Oreaden/ Die angenaͤhme Luſt der quellenden Najaden/ da Pan zu Feld’ und Thal’ und Berge rufft und pfeifft/ und noch der Dryas hier/ dort nach der Syrinx leufft/ Wie praͤchtig nahms uns an/ wie bließ es die Poſaunen/ wie ſprungen uͤmm uns her die Bock-gefuͤſten Faunen, Da uns Lyeus ſelbſt/ der Hertzog einer Schaar/ die uͤmm die Haͤupter gruͤn’ in vollem Winter war/ gar weit entgegen kahm. Bey dieſem Ebentheuer war gantz der Tag voll Luſt/ die Nacht voll Freuden-feuer. Latona macht’ ihr Liecht zum vierdten mahle voll; Es deucht uns kurtze Zeit; wir waren allzeit wol/ Bald

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/224>, abgerufen am 08.05.2024.