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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Poetischer Wälder
Es sey. Jch kan ihn doch nicht groß und sehend machen.
Ein Gott muß er wol seyn/ denn auch in denen Sachen/
die unbeseelet sind/ da übt er seine Krafft/
die seine lieben sich/ und halten Schwägerschafft.
Der Forst besaamet sich/ ein Zweig buhlt mit dem andern.
Jst Liebe nur ein Feur? wie daß im Flusse wandern
die Fische Paar bey Paar/ und treiben was der Muht
und lust zu mehren sich im Wasser heisset gut.
Jst liebe dann ein Frost? wie komt es daß das lieben
auch mitten in dem Schnee von allen wird getrieben/
was sich nur lieben kan? Jch finde mich nicht drein.
Es muß ein seltzam Ding ümm Lieb? und Lieben seyn.
Jst es der Geist der Welt/ von dem man viel will sagen
und kennt doch niemand ihn? man nennt es süße Plagen
die Sinnen-meisterinn/ die wollust-volle Noht/
der Freyheit Untergang/ den angenähmen Todt/
und was der Nahmen mehr die ewigen Poeten/
sehr weißlich dichten an den sauren süßen Nöhten.
Was Lieb ist/ weiß ich nicht/ doch schreib ich hier darvon
was hilffts. Unwissenheit ist meiner Einfalt Lohn.
Dis ist der schöne Zweck/ dahin wir alle dencken/
dahin wir Tag und Nacht die leichten Sinnen lencken/
wenn wir erwachsen sind. Es muß geliebet seyn/
Soll dieses alles nicht in kurtzen gehen ein.
Der hohe Himmel liebt die tieffe Schoß der Erden
Die Lufft pflegt mit der See und ihr vermählt zu werden
die beyde schwängert itzt. Dis macht der Liebe Band
daß allzeit Tag und Nacht so bleiben im bestand
und wechseln friedlich ümm. Die Zeiten tauschen abe
mit höchster Einigkeit. Die Sonne steigt herabe/
macht/ daß sich alles liebt der Widder und der Stier
darinnen sie itzt laufft/ die sind verbuhlte Thier'/
als wie ein ieder weiß. Die Zwillinge die wollen/
daß wir ümm diese Zeit uns auch ümmfangen sollen/
und gehen Paar und Paar. Der Silber-blasse Mond/
heisst uns den folgen nach/ was sie noch nicht gewohnt/

Die-

Poetiſcher Waͤlder
Es ſey. Jch kan ihn doch nicht groß und ſehend machen.
Ein Gott muß er wol ſeyn/ denn auch in denen Sachen/
die unbeſeelet ſind/ da uͤbt er ſeine Krafft/
die ſeine lieben ſich/ und halten Schwaͤgerſchafft.
Der Forſt beſaamet ſich/ ein Zweig buhlt mit dem andern.
Jſt Liebe nur ein Feur? wie daß im Fluſſe wandern
die Fiſche Paar bey Paar/ und treiben was der Muht
und luſt zu mehren ſich im Waſſer heiſſet gut.
Jſt liebe dann ein Froſt? wie komt es daß das lieben
auch mitten in dem Schnee von allen wird getrieben/
was ſich nur lieben kan? Jch finde mich nicht drein.
Es muß ein ſeltzam Ding uͤmm Lieb? und Lieben ſeyn.
Jſt es der Geiſt der Welt/ von dem man viel will ſagen
und kennt doch niemand ihn? man nennt es ſuͤße Plagen
die Sinnen-meiſterinn/ die wolluſt-volle Noht/
der Freyheit Untergang/ den angenaͤhmen Todt/
und was der Nahmen mehr die ewigen Poeten/
ſehr weißlich dichten an den ſauren ſuͤßen Noͤhten.
Was Lieb iſt/ weiß ich nicht/ doch ſchreib ich hier darvon
was hilffts. Unwiſſenheit iſt meiner Einfalt Lohn.
Dis iſt der ſchoͤne Zweck/ dahin wir alle dencken/
dahin wir Tag und Nacht die leichten Sinnen lencken/
wenn wir erwachſen ſind. Es muß geliebet ſeyn/
Soll dieſes alles nicht in kurtzen gehen ein.
Der hohe Himmel liebt die tieffe Schoß der Erden
Die Lufft pflegt mit der See und ihr vermaͤhlt zu werden
die beyde ſchwaͤngert itzt. Dis macht der Liebe Band
daß allzeit Tag und Nacht ſo bleiben im beſtand
und wechſeln friedlich uͤmm. Die Zeiten tauſchen abe
mit hoͤchſter Einigkeit. Die Sonne ſteigt herabe/
macht/ daß ſich alles liebt der Widder und der Stier
darinnen ſie itzt laufft/ die ſind verbuhlte Thier’/
als wie ein ieder weiß. Die Zwillinge die wollen/
daß wir uͤmm dieſe Zeit uns auch uͤm̃fangen ſollen/
und gehen Paar und Paar. Der Silber-blaſſe Mond/
heiſſt uns den folgen nach/ was ſie noch nicht gewohnt/

Die-
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[152/0172] Poetiſcher Waͤlder Es ſey. Jch kan ihn doch nicht groß und ſehend machen. Ein Gott muß er wol ſeyn/ denn auch in denen Sachen/ die unbeſeelet ſind/ da uͤbt er ſeine Krafft/ die ſeine lieben ſich/ und halten Schwaͤgerſchafft. Der Forſt beſaamet ſich/ ein Zweig buhlt mit dem andern. Jſt Liebe nur ein Feur? wie daß im Fluſſe wandern die Fiſche Paar bey Paar/ und treiben was der Muht und luſt zu mehren ſich im Waſſer heiſſet gut. Jſt liebe dann ein Froſt? wie komt es daß das lieben auch mitten in dem Schnee von allen wird getrieben/ was ſich nur lieben kan? Jch finde mich nicht drein. Es muß ein ſeltzam Ding uͤmm Lieb? und Lieben ſeyn. Jſt es der Geiſt der Welt/ von dem man viel will ſagen und kennt doch niemand ihn? man nennt es ſuͤße Plagen die Sinnen-meiſterinn/ die wolluſt-volle Noht/ der Freyheit Untergang/ den angenaͤhmen Todt/ und was der Nahmen mehr die ewigen Poeten/ ſehr weißlich dichten an den ſauren ſuͤßen Noͤhten. Was Lieb iſt/ weiß ich nicht/ doch ſchreib ich hier darvon was hilffts. Unwiſſenheit iſt meiner Einfalt Lohn. Dis iſt der ſchoͤne Zweck/ dahin wir alle dencken/ dahin wir Tag und Nacht die leichten Sinnen lencken/ wenn wir erwachſen ſind. Es muß geliebet ſeyn/ Soll dieſes alles nicht in kurtzen gehen ein. Der hohe Himmel liebt die tieffe Schoß der Erden Die Lufft pflegt mit der See und ihr vermaͤhlt zu werden die beyde ſchwaͤngert itzt. Dis macht der Liebe Band daß allzeit Tag und Nacht ſo bleiben im beſtand und wechſeln friedlich uͤmm. Die Zeiten tauſchen abe mit hoͤchſter Einigkeit. Die Sonne ſteigt herabe/ macht/ daß ſich alles liebt der Widder und der Stier darinnen ſie itzt laufft/ die ſind verbuhlte Thier’/ als wie ein ieder weiß. Die Zwillinge die wollen/ daß wir uͤmm dieſe Zeit uns auch uͤm̃fangen ſollen/ und gehen Paar und Paar. Der Silber-blaſſe Mond/ heiſſt uns den folgen nach/ was ſie noch nicht gewohnt/ Die-

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/172>, abgerufen am 25.11.2024.