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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Poetischer Wälder
Sie braucht nach ihrer lust die warmen Sonnen Stralen
darmit sie wunderlich die Tulpen kan vermahlen/
der Gärten frühe Zier. Sie streicht so artlich an
den schönen Ritter-sporn/ als wol kein Mahler kan
Auff liebe Negelein/ auff günstige Narzissen/
Auff schönen Hiazynth ist schon anitzt beflissen
der Veilgen süße Gunst/ der Anemonen Pracht
macht/ daß die kluge Frau offt in sich selbsten lacht/
und denkt ist das nicht lust? deß Himmels Angesichte
ist blau und Wolcken frey/ die Lufft ist hell' und lichte.
Kein Nebel zeucht sich auff. Kein Regen und kein Wind.
Bey dieser stetigkeit itzt zu befahren sind.
O wunderschöne Zeit? Ja freylich ist sie schöne
Kupido weiß es wol/ zeucht schon an seine Fröne.
Schreibt ihm zu eigen zu die gantze Frülings Zeit/
Läufft/ wie er pfleget stets in seinen alten Streit/
Jn den Streit/ da er ihm kan unterthänig machen
was ihm will wiedrig seyn. Jn den Streit/ da er lachen
an stat deß schiessens braucht. Der Kugeln darf er nicht
Man hat ihm Pfeile zwar und Bogen angedicht
Jedoch nur ein Gedicht. Er selbst ist ein Gedichte
und blinde Fantasey. Die gläubliche Geschichte
von diesem Wunder-Gott' ist der Poeten Spiel
die minsten gläubens selbst/ von den sie melden viel.
Doch sey ihm/ wie ihm sey. Er mag ein Gott verbleiben.
Jch wil das gute Kind nicht aus dem Himmel treiben.
Lieb' ist ein großes Ding. Diß will mir nur nicht ein
daß er ein kleiner Knab' und blind darzu sol seyn.
Jst er ein schwaches Kind/ wie daß er dann kan zwingen/
den stärcksten Ritter/ Mars/ ihn zu der Mutter bringen/
und zusehn/ wie Vulcan ein groß paar Hörner kriegt/
der doch sein Vetter ist? diß heisst ja obgesiegt.
Und ist der Knabe blind? er muß mir ja vor zielen
Jm fall er wolle denn nur mit den Pfeilen spielen
und einen Fehlschuß thun. Er spannet in der Welt/
und scheusst daß Jupiter auch selbst vom Himmel fällt.

Es
K jv

Poetiſcher Waͤlder
Sie braucht nach ihrer luſt die warmen Sonnen Stralen
darmit ſie wunderlich die Tulpen kan vermahlen/
der Gaͤrten fruͤhe Zier. Sie ſtreicht ſo artlich an
den ſchoͤnen Ritter-ſporn/ als wol kein Mahler kan
Auff liebe Negelein/ auff guͤnſtige Narziſſen/
Auff ſchoͤnen Hiazynth iſt ſchon anitzt befliſſen
der Veilgen ſuͤße Gunſt/ der Anemonen Pracht
macht/ daß die kluge Frau offt in ſich ſelbſten lacht/
und denkt iſt das nicht luſt? deß Himmels Angeſichte
iſt blau und Wolcken frey/ die Lufft iſt hell’ und lichte.
Kein Nebel zeucht ſich auff. Kein Regen und kein Wind.
Bey dieſer ſtetigkeit itzt zu befahren ſind.
O wunderſchoͤne Zeit? Ja freylich iſt ſie ſchoͤne
Kupido weiß es wol/ zeucht ſchon an ſeine Froͤne.
Schreibt ihm zu eigen zu die gantze Fruͤlings Zeit/
Laͤufft/ wie er pfleget ſtets in ſeinen alten Streit/
Jn den Streit/ da er ihm kan unterthaͤnig machen
was ihm will wiedrig ſeyn. Jn den Streit/ da er lachen
an ſtat deß ſchieſſens braucht. Der Kugeln darf er nicht
Man hat ihm Pfeile zwar und Bogen angedicht
Jedoch nur ein Gedicht. Er ſelbſt iſt ein Gedichte
und blinde Fantaſey. Die glaͤubliche Geſchichte
von dieſem Wunder-Gott’ iſt der Poeten Spiel
die minſten glaͤubens ſelbſt/ von den ſie melden viel.
Doch ſey ihm/ wie ihm ſey. Er mag ein Gott verbleiben.
Jch wil das gute Kind nicht aus dem Himmel treiben.
Lieb’ iſt ein großes Ding. Diß will mir nur nicht ein
daß er ein kleiner Knab’ und blind darzu ſol ſeyn.
Jſt er ein ſchwaches Kind/ wie daß er dann kan zwingen/
den ſtaͤrckſten Ritter/ Mars/ ihn zu der Mutter bringen/
und zuſehn/ wie Vulcan ein groß paar Hoͤrner kriegt/
der doch ſein Vetter iſt? diß heiſſt ja obgeſiegt.
Und iſt der Knabe blind? er muß mir ja vor zielen
Jm fall er wolle denn nur mit den Pfeilen ſpielen
und einen Fehlſchuß thun. Er ſpannet in der Welt/
und ſcheuſſt daß Jupiter auch ſelbſt vom Himmel faͤllt.

Es
K jv
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[151/0171] Poetiſcher Waͤlder Sie braucht nach ihrer luſt die warmen Sonnen Stralen darmit ſie wunderlich die Tulpen kan vermahlen/ der Gaͤrten fruͤhe Zier. Sie ſtreicht ſo artlich an den ſchoͤnen Ritter-ſporn/ als wol kein Mahler kan Auff liebe Negelein/ auff guͤnſtige Narziſſen/ Auff ſchoͤnen Hiazynth iſt ſchon anitzt befliſſen der Veilgen ſuͤße Gunſt/ der Anemonen Pracht macht/ daß die kluge Frau offt in ſich ſelbſten lacht/ und denkt iſt das nicht luſt? deß Himmels Angeſichte iſt blau und Wolcken frey/ die Lufft iſt hell’ und lichte. Kein Nebel zeucht ſich auff. Kein Regen und kein Wind. Bey dieſer ſtetigkeit itzt zu befahren ſind. O wunderſchoͤne Zeit? Ja freylich iſt ſie ſchoͤne Kupido weiß es wol/ zeucht ſchon an ſeine Froͤne. Schreibt ihm zu eigen zu die gantze Fruͤlings Zeit/ Laͤufft/ wie er pfleget ſtets in ſeinen alten Streit/ Jn den Streit/ da er ihm kan unterthaͤnig machen was ihm will wiedrig ſeyn. Jn den Streit/ da er lachen an ſtat deß ſchieſſens braucht. Der Kugeln darf er nicht Man hat ihm Pfeile zwar und Bogen angedicht Jedoch nur ein Gedicht. Er ſelbſt iſt ein Gedichte und blinde Fantaſey. Die glaͤubliche Geſchichte von dieſem Wunder-Gott’ iſt der Poeten Spiel die minſten glaͤubens ſelbſt/ von den ſie melden viel. Doch ſey ihm/ wie ihm ſey. Er mag ein Gott verbleiben. Jch wil das gute Kind nicht aus dem Himmel treiben. Lieb’ iſt ein großes Ding. Diß will mir nur nicht ein daß er ein kleiner Knab’ und blind darzu ſol ſeyn. Jſt er ein ſchwaches Kind/ wie daß er dann kan zwingen/ den ſtaͤrckſten Ritter/ Mars/ ihn zu der Mutter bringen/ und zuſehn/ wie Vulcan ein groß paar Hoͤrner kriegt/ der doch ſein Vetter iſt? diß heiſſt ja obgeſiegt. Und iſt der Knabe blind? er muß mir ja vor zielen Jm fall er wolle denn nur mit den Pfeilen ſpielen und einen Fehlſchuß thun. Er ſpannet in der Welt/ und ſcheuſſt daß Jupiter auch ſelbſt vom Himmel faͤllt. Es K jv

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/171>, abgerufen am 25.11.2024.