Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].Poetischer Wälder Ach! ach! ich Schöneste der allerschönsten Frauen/wie bin ich so verjagt/ so ungestalt/ so bloß! Jch königliches Kind/ wie bin ich so gefallen! Die ich die zärtste war in meiner Schwestern Schaar/ Da ich die (1) zwölffte bin. Jch die ich vor für allen der Mutter höchste Lust/ die allerliebste war. Die ich so mächtig war. Die vor kein König zwunge. Die manchen Käyser ich von meinen Gräntzen stieß. Jch ward ie mehr behertzt/ ie mehr man auff mich trunge. Das war mir eine Lust/ wenn man zu Felde bließ. Jhr Römer ward mir nichts. Jch war mit nichts zu beugen; Geschencke schlug ich auß/ die mir der Keyser bot' Jhr Feind'/ ihr müsset selbst beständig von mir zeugen/ Daß ich durch Hinterlist bin nie gemachet roth. Jch zwar bin nur ein Weib/ doch war ich so behertzet/ als wol kein Mann nicht ist. An mir als die Gestalt/ War sonsten weibisch nichts. Wenn man zu Felde schertzet'/ hielt' ich mich/ wie man weiß. Jch siegte mannigfalt. Rom/ und ihr Julius/ der doch zu Sclaven machte Jhm alles Volck und Land/ die musten büssen ein/ Als ich sie unter mich durch meine Mannheit brachte. Doch wolte Varus noch ein besser Ritter seyn/ Und rechen Kajus Spott. Er zoge mit verlangen auff meinen Boden zu. Jch furchte mich nicht sehr. Jch schickt Arminius/ der nahm den Printz gefangen/ und tribe für sich her sein dreygeduppelt Heer. Der güldnen Freyheit Lieb' und teutsches Loob zu mehren das war mein steter Zweck/ drauff zielt' ich ieder frist. Drümm hatt' ich solche Furcht. Das gilt auch mir zu Ehren/ daß meine teutsche Treu' ein Sprichwort worden ist. Was hilfft michs aber nun/ nun mich so hat gestürtzet durch einen jehen Fall das leichte Glückes-Rad? Mein himmelbreites Loob wird nun mehr so verkürtzet/ daß auch der Feinde Volck ein Beyleid mit mir hat. Jch (1) So viel
sind Reicho in Europa. Poetiſcher Waͤlder Ach! ach! ich Schoͤneſte der allerſchoͤnſten Frauen/wie bin ich ſo verjagt/ ſo ungeſtalt/ ſo bloß! Jch koͤnigliches Kind/ wie bin ich ſo gefallen! Die ich die zaͤrtſte war in meiner Schweſtern Schaar/ Da ich die (1) zwoͤlffte bin. Jch die ich vor fuͤr allen der Mutter hoͤchſte Luſt/ die allerliebſte war. Die ich ſo maͤchtig war. Die vor kein Koͤnig zwunge. Die manchen Kaͤyſer ich von meinen Graͤntzen ſtieß. Jch ward ie mehr behertzt/ ie mehr man auff mich trunge. Das war mir eine Luſt/ wenn man zu Felde bließ. Jhr Roͤmer ward mir nichts. Jch war mit nichts zu beugen; Geſchencke ſchlug ich auß/ die mir der Keyſer bot’ Jhr Feind’/ ihr muͤſſet ſelbſt beſtaͤndig von mir zeugen/ Daß ich durch Hinterliſt bin nie gemachet roth. Jch zwar bin nur ein Weib/ doch war ich ſo behertzet/ als wol kein Mann nicht iſt. An mir als die Geſtalt/ War ſonſten weibiſch nichts. Wenn man zu Felde ſchertzet’/ hielt’ ich mich/ wie man weiß. Jch ſiegte mannigfalt. Rom/ und ihr Julius/ der doch zu Sclaven machte Jhm alles Volck und Land/ die muſten buͤſſen ein/ Als ich ſie unter mich durch meine Mannheit brachte. Doch wolte Varus noch ein beſſer Ritter ſeyn/ Und rechen Kajus Spott. Er zoge mit verlangen auff meinen Boden zu. Jch furchte mich nicht ſehr. Jch ſchickt Arminius/ der nahm den Printz gefangen/ und tribe fuͤr ſich her ſein dreygeduppelt Heer. Der guͤldnen Freyheit Lieb’ und teutſches Loob zu mehren das war mein ſteter Zweck/ drauff zielt’ ich ieder friſt. Druͤm̃ hatt’ ich ſolche Furcht. Das gilt auch mir zu Ehren/ daß meine teutſche Treu’ ein Sprichwort worden iſt. Was hilfft michs aber nun/ nun mich ſo hat geſtuͤrtzet durch einen jehen Fall das leichte Gluͤckes-Rad? Mein himmelbreites Loob wird nun mehr ſo verkuͤrtzet/ daß auch der Feinde Volck ein Beyleid mit mir hat. Jch (1) So viel
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Poetiſcher Waͤlder
Ach! ach! ich Schoͤneſte der allerſchoͤnſten Frauen/
wie bin ich ſo verjagt/ ſo ungeſtalt/ ſo bloß!
Jch koͤnigliches Kind/ wie bin ich ſo gefallen!
Die ich die zaͤrtſte war in meiner Schweſtern Schaar/
Da ich die (1) zwoͤlffte bin. Jch die ich vor fuͤr allen
der Mutter hoͤchſte Luſt/ die allerliebſte war.
Die ich ſo maͤchtig war. Die vor kein Koͤnig
zwunge.
Die manchen Kaͤyſer ich von meinen Graͤntzen ſtieß.
Jch ward ie mehr behertzt/ ie mehr man auff mich trunge.
Das war mir eine Luſt/ wenn man zu Felde bließ.
Jhr Roͤmer ward mir nichts. Jch war mit nichts zu beugen;
Geſchencke ſchlug ich auß/ die mir der Keyſer bot’
Jhr Feind’/ ihr muͤſſet ſelbſt beſtaͤndig von mir zeugen/
Daß ich durch Hinterliſt bin nie gemachet roth.
Jch zwar bin nur ein Weib/ doch war ich ſo behertzet/
als wol kein Mann nicht iſt. An mir als die Geſtalt/
War ſonſten weibiſch nichts. Wenn man zu Felde ſchertzet’/
hielt’ ich mich/ wie man weiß. Jch ſiegte mannigfalt.
Rom/ und ihr Julius/ der doch zu Sclaven machte
Jhm alles Volck und Land/ die muſten buͤſſen ein/
Als ich ſie unter mich durch meine Mannheit brachte.
Doch wolte Varus noch ein beſſer Ritter ſeyn/
Und rechen Kajus Spott. Er zoge mit verlangen
auff meinen Boden zu. Jch furchte mich nicht ſehr.
Jch ſchickt Arminius/ der nahm den Printz gefangen/
und tribe fuͤr ſich her ſein dreygeduppelt Heer.
Der guͤldnen Freyheit Lieb’ und teutſches Loob zu mehren
das war mein ſteter Zweck/ drauff zielt’ ich ieder friſt.
Druͤm̃ hatt’ ich ſolche Furcht. Das gilt auch mir zu Ehren/
daß meine teutſche Treu’ ein Sprichwort worden iſt.
Was hilfft michs aber nun/ nun mich ſo hat geſtuͤrtzet
durch einen jehen Fall das leichte Gluͤckes-Rad?
Mein himmelbreites Loob wird nun mehr ſo verkuͤrtzet/
daß auch der Feinde Volck ein Beyleid mit mir hat.
Jch
(1) So viel
ſind Reicho
in Europa.
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