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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Vorbericht an den Leser
wie aus seinen Episteln erhellet, selbst ein Liebhaber der Jägerey gewesen ist,)
an dem Trajano, Sidonius Apollinarius an dem Avito Augusto, anderer Lob-
Sprüche zu geschweigen. Die Jäger, welche Plato vor heilige Leute hält, wa-
ren bey den Alten viererley Art, wie sie Scoppa aus einem alten Fragmento ei-
nes unbekannten Scribenten anführet, sie hatten nemlich 1) Investig atores,
welche der Spur des Wildes nachgiengen, 2) Indicatores, welche das Lager
wusten, 3) Insidiatores, welche dem Wild nachstellten, und endlich 4) Alatores,
welche das Wild zu Pferd mit einem großen Geschrey ins Garn jagten; die a-
ber von Isidoro Lib. X. etwas anders auf nachfolgende Art genennet worden:
Vestigatores, Indagatores, Alatores, Pressores, welche letztere Benennungen
von Ulitio in seinem Commentario ad Gratii Cynegeticon p. 418. weit-
läufftiger erläutert wird. Ehe sie aber mit ihren Hunden auf die Spuhr
nach dem Gehöltze zogen, so rufften sie, wie andere Heyden, den Apollo und
die bekannte Jagd-Göttin Diana an, und erbothen sich von dem gefangenen
Wildpret ihnen zu opffern; wie zum Exempel der König Latinus beym Vir-
gilio
AEneid. IX. v.
406. spricht:

Tu Dea, tu praesens nostro succurre labori,
Astrorum decus, & nemorum Latonia custos,
Si qua tuis unquam promepater Hyrtacus aris
Dona tulit, si qua ipse meis venatibus auxi
Suspendive tholo, aut sacra adfastigia fixi,
Hanc sine me turbare globum, & rege telaper auras.

Ob ich nun aber gleich in dem 20. Cap. des andern Haupt-Theils meines
Teutschen Jägers p. 34. von dieser Tochter des Jupiters und der Latonä ei-
nige Nachricht gegeben habe, so will ich doch demselben zur mehrerer Erläute-
rung allhier nachfolgendes beyfügen. Man legt ihr zu, sind Worte der
Jagd-befliessenen Diana, daß sie sich iederzeit mit ihren Nymphen in
den Wäldern bey den klaren Wasser-Qvellen aufgehalten. Und als sich der
Jäger Actäon mit seinen Hunden und Jägers-Genossen auf die Jagd bege-
ben, und sie unversehens an einem Brunnen, da sie badete, angetroffen, und er
aus Begierde, dieselbe nackend zu sehen, sich allzunahe hinzugefüget, hätte sie
demselben, weil sie ihren Bogen und Pfeile nicht bey der Hand gehabt, mit
Wasser bespritzet, daß er darüber in einen Hirsch verwandelt, und von seinen
eigenen Hunden zerrissen worden wäre. Ferner wird von ihr erwehnet, wie
sie sich eines Tages bey grosser Hitze gebadet, und weil damahls eine von ihren
Nymphen Nahmens Calisto, so sich von dem Jupiter schwängern lassen, sich
nicht für ihr, aus Beysorge, es möchte offenbahr werden, entblößen wolte, so
hätte sie ihren Gespielinnen, dieselbe zu entkleiden, anbefohlen, und nachmahls,
da sie dieselbe schwanger befunden, aus ihrer Gesellschafft verstossen. Es wä-
re aber nachgehends die Calisto eines jungen Sohnes mit Nahmen Arcas ge-
nesen, und weil die Göttin Juno gegen sie aus Haß wegen ihres Gemahls des
Jupiters erbittert worden, so hatte sie dieselbe in einen wilden Bähren ver-
wandelt, worauf sie von den Göttern an das Firmament erhaben, und zum
Sieben-Gestirn gemachet worden. Diese Wald-Göttin siehet man auf den

Mün-

Vorbericht an den Leſer
wie aus ſeinen Epiſteln erhellet, ſelbſt ein Liebhaber der Jaͤgerey geweſen iſt,)
an dem Trajano, Sidonius Apollinarius an dem Avito Auguſto, anderer Lob-
Spruͤche zu geſchweigen. Die Jaͤger, welche Plato vor heilige Leute haͤlt, wa-
ren bey den Alten viererley Art, wie ſie Scoppa aus einem alten Fragmento ei-
nes unbekannten Scribenten anfuͤhret, ſie hatten nemlich 1) Inveſtig atores,
welche der Spur des Wildes nachgiengen, 2) Indicatores, welche das Lager
wuſten, 3) Inſidiatores, welche dem Wild nachſtellten, und endlich 4) Alatores,
welche das Wild zu Pferd mit einem großen Geſchrey ins Garn jagten; die a-
ber von Iſidoro Lib. X. etwas anders auf nachfolgende Art genennet worden:
Veſtigatores, Indagatores, Alatores, Preſſores, welche letztere Benennungen
von Ulitio in ſeinem Commentario ad Gratii Cynegeticon p. 418. weit-
laͤufftiger erlaͤutert wird. Ehe ſie aber mit ihren Hunden auf die Spuhr
nach dem Gehoͤltze zogen, ſo rufften ſie, wie andere Heyden, den Apollo und
die bekannte Jagd-Goͤttin Diana an, und erbothen ſich von dem gefangenen
Wildpret ihnen zu opffern; wie zum Exempel der Koͤnig Latinus beym Vir-
gilio
Æneid. IX. v.
406. ſpricht:

Tu Dea, tu præſens noſtro ſuccurre labori,
Aſtrorum decus, & nemorum Latonia cuſtos,
Si qua tuis unquam promepater Hyrtacus aris
Dona tulit, ſi qua ipſe meis venatibus auxi
Suſpendive tholo, aut ſacra adfaſtigia fixi,
Hanc ſine me turbare globum, & rege telaper auras.

Ob ich nun aber gleich in dem 20. Cap. des andern Haupt-Theils meines
Teutſchen Jaͤgers p. 34. von dieſer Tochter des Jupiters und der Latonaͤ ei-
nige Nachricht gegeben habe, ſo will ich doch demſelben zur mehrerer Erlaͤute-
rung allhier nachfolgendes beyfuͤgen. Man legt ihr zu, ſind Worte der
Jagd-beflieſſenen Diana, daß ſie ſich iederzeit mit ihren Nymphen in
den Waͤldern bey den klaren Waſſer-Qvellen aufgehalten. Und als ſich der
Jaͤger Actaͤon mit ſeinen Hunden und Jaͤgers-Genoſſen auf die Jagd bege-
ben, und ſie unverſehens an einem Brunnen, da ſie badete, angetroffen, und er
aus Begierde, dieſelbe nackend zu ſehen, ſich allzunahe hinzugefuͤget, haͤtte ſie
demſelben, weil ſie ihren Bogen und Pfeile nicht bey der Hand gehabt, mit
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eigenen Hunden zerriſſen worden waͤre. Ferner wird von ihr erwehnet, wie
ſie ſich eines Tages bey groſſer Hitze gebadet, und weil damahls eine von ihren
Nymphen Nahmens Caliſto, ſo ſich von dem Jupiter ſchwaͤngern laſſen, ſich
nicht fuͤr ihr, aus Beyſorge, es moͤchte offenbahr werden, entbloͤßen wolte, ſo
haͤtte ſie ihren Geſpielinnen, dieſelbe zu entkleiden, anbefohlen, und nachmahls,
da ſie dieſelbe ſchwanger befunden, aus ihrer Geſellſchafft verſtoſſen. Es waͤ-
re aber nachgehends die Caliſto eines jungen Sohnes mit Nahmen Arcas ge-
neſen, und weil die Goͤttin Juno gegen ſie aus Haß wegen ihres Gemahls des
Jupiters erbittert worden, ſo hatte ſie dieſelbe in einen wilden Baͤhren ver-
wandelt, worauf ſie von den Goͤttern an das Firmament erhaben, und zum
Sieben-Geſtirn gemachet worden. Dieſe Wald-Goͤttin ſiehet man auf den

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[6/0022] Vorbericht an den Leſer wie aus ſeinen Epiſteln erhellet, ſelbſt ein Liebhaber der Jaͤgerey geweſen iſt,) an dem Trajano, Sidonius Apollinarius an dem Avito Auguſto, anderer Lob- Spruͤche zu geſchweigen. Die Jaͤger, welche Plato vor heilige Leute haͤlt, wa- ren bey den Alten viererley Art, wie ſie Scoppa aus einem alten Fragmento ei- nes unbekannten Scribenten anfuͤhret, ſie hatten nemlich 1) Inveſtig atores, welche der Spur des Wildes nachgiengen, 2) Indicatores, welche das Lager wuſten, 3) Inſidiatores, welche dem Wild nachſtellten, und endlich 4) Alatores, welche das Wild zu Pferd mit einem großen Geſchrey ins Garn jagten; die a- ber von Iſidoro Lib. X. etwas anders auf nachfolgende Art genennet worden: Veſtigatores, Indagatores, Alatores, Preſſores, welche letztere Benennungen von Ulitio in ſeinem Commentario ad Gratii Cynegeticon p. 418. weit- laͤufftiger erlaͤutert wird. Ehe ſie aber mit ihren Hunden auf die Spuhr nach dem Gehoͤltze zogen, ſo rufften ſie, wie andere Heyden, den Apollo und die bekannte Jagd-Goͤttin Diana an, und erbothen ſich von dem gefangenen Wildpret ihnen zu opffern; wie zum Exempel der Koͤnig Latinus beym Vir- gilio Æneid. IX. v. 406. ſpricht: Tu Dea, tu præſens noſtro ſuccurre labori, Aſtrorum decus, & nemorum Latonia cuſtos, Si qua tuis unquam promepater Hyrtacus aris Dona tulit, ſi qua ipſe meis venatibus auxi Suſpendive tholo, aut ſacra adfaſtigia fixi, Hanc ſine me turbare globum, & rege telaper auras. Ob ich nun aber gleich in dem 20. Cap. des andern Haupt-Theils meines Teutſchen Jaͤgers p. 34. von dieſer Tochter des Jupiters und der Latonaͤ ei- nige Nachricht gegeben habe, ſo will ich doch demſelben zur mehrerer Erlaͤute- rung allhier nachfolgendes beyfuͤgen. Man legt ihr zu, ſind Worte der Jagd-beflieſſenen Diana, daß ſie ſich iederzeit mit ihren Nymphen in den Waͤldern bey den klaren Waſſer-Qvellen aufgehalten. Und als ſich der Jaͤger Actaͤon mit ſeinen Hunden und Jaͤgers-Genoſſen auf die Jagd bege- ben, und ſie unverſehens an einem Brunnen, da ſie badete, angetroffen, und er aus Begierde, dieſelbe nackend zu ſehen, ſich allzunahe hinzugefuͤget, haͤtte ſie demſelben, weil ſie ihren Bogen und Pfeile nicht bey der Hand gehabt, mit Waſſer beſpritzet, daß er daruͤber in einen Hirſch verwandelt, und von ſeinen eigenen Hunden zerriſſen worden waͤre. Ferner wird von ihr erwehnet, wie ſie ſich eines Tages bey groſſer Hitze gebadet, und weil damahls eine von ihren Nymphen Nahmens Caliſto, ſo ſich von dem Jupiter ſchwaͤngern laſſen, ſich nicht fuͤr ihr, aus Beyſorge, es moͤchte offenbahr werden, entbloͤßen wolte, ſo haͤtte ſie ihren Geſpielinnen, dieſelbe zu entkleiden, anbefohlen, und nachmahls, da ſie dieſelbe ſchwanger befunden, aus ihrer Geſellſchafft verſtoſſen. Es waͤ- re aber nachgehends die Caliſto eines jungen Sohnes mit Nahmen Arcas ge- neſen, und weil die Goͤttin Juno gegen ſie aus Haß wegen ihres Gemahls des Jupiters erbittert worden, ſo hatte ſie dieſelbe in einen wilden Baͤhren ver- wandelt, worauf ſie von den Goͤttern an das Firmament erhaben, und zum Sieben-Geſtirn gemachet worden. Dieſe Wald-Goͤttin ſiehet man auf den Muͤn-

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/22>, abgerufen am 23.11.2024.