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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Th. 41. C. von Mitteln/ um Glück zur Jagd zu haben.
[Spaltenumbruch] sie auf die Welt gebracht, und von einem
Stückgen abgeschnittenen Nabel aufbe-
hielten, und solches hernach in ihre Klei-
der näheten. Ob ich nun wohl aus eigener
Erfahrung solches attestiren, und man-
ches hievon beybringen könte, so lasse doch
solches an seinen Ort gestellt seyn, halte
auch davor, daß bey diesen mancher Aber-
glaube, und manche Einbildung mitstecke.
Man glaubet auch, wenn sich die Jäger der
Venerischen Dinge sehr befleißigen, daß sie
hernachmals im Jagen unglücklich seyn,
das Wild soll ihnen entlauffen, die Büchsen
ihnen versagen, und die Pferde und Hunde
bey solchen liederlichen Leuten abnehmen.

§. 3.

Mizaldus schreibet in seinen Me-
morabilibus Centuria IV. num.
100. also:
Wenn du wilt die Jäger glücklich machen,
daß sie viel Wild fangen sollen, so mache
aus Silber, Kupffer, Zinn u. s. w. ein
Bild eines Mannes, der in der rechten
Hand einen gespanneten Bogen halte,
darauf der Pfeil lieget; im Giessen oder
Stechen sprich also: Durch dieses Bild
bind ich alles Wild im Walde, Hirsche,
wilde Schweine, Hasen, etc. daß keines
meiner Jagd entgehen könne, ohne daß es
mir meinen gewünschten Antheil und
Raub davon übrig lassen müsse. Und
dieses solte man thun, wenn die Sonne in
das Zeichen des Schützen getretten.
Wäre sie aber in den Löwen gestiegen, sol-
te man von eben derselben Materie auf ein
ander Blech zu stechen anfangen, und bey
der Arbeit eben wie vorhin sprechen:
Durch dieses Bild binde oder banne ich alles
Wild im Walde; Wäre auch dieses gesche-
hen, so solte man beyde Bilder auf ein-
ander legen, daß diejenigen Theile, worauf
gestochen ist, zusammen stossen, sie in ein
grau Seiden Tüchlein einwickeln, sie feste
zusammen binden, daß sie nicht leichtlich
wieder aufgehen, und separiret werden
könten, und sie, wenn man auf die Jagd
gienge, bey sich tragen, so würde man sei-
ne Wunder sehen. Manche praesagiren ein
besonder Glück im Jagen denselben Tag,
wenn sie früh Morgens ausgehen, und
es begegnet ihnen eine Jungfrau; hinge-
gen sind sie nicht wohl zu sprechen, wenn
ihnen ein altes Weib begegnet, und glau-
ben, daß sie denselben Tag nicht recht glück-
lich seyn werden. Doch dieses alles sind
ungegründete Aberglauben, die gar kein
Fundament haben, und von niemanden,
als von einfältigen Leuten geglaubet wer-
den. Verständige Jäger kehren sich an
solche Tändeleyen im geringsten nicht.

[Spaltenumbruch]
Das 42. Capitel/
Von einem Hirsch- und Holtz-
gerechten Jäger.
§. 1.

Zur Hirsch-gerechten Wissenschafft
wird erfordert, daß ein Weydemann
seinen Hirsch und Wildpräth ohne Fehler
anspreche, und unterscheide; und zwar
den Hirsch in seiner Fährde, nach der
Schwere des Leibes, item nach den Jah-
ren, und nach Vielheit seiner Enden, die
er auf seinem Gehörn hat, ob er nemlich
Jagdbar sey, oder nicht. Hiernächst wird
auch von ihm gefordert, daß er seinen Leit-
Hund recht zu tractiren und zu arbeiten
wisse, sein Thier zu Holtze richten und be-
stätigen könne, dergestalt, daß man nö-
thigen Falls auf seinen Bericht das bestä-
tigte oder verneuerte stellen und einrichten
könne; Ein solches gehört nothwendig zu
einer Hirsch-gerechten Wissenschafft.

§. 2.

Es ist ihm, als einem Jagd-ge-
rechten Weydemann auch zu wissen nö-
thig, daß er ein Jagen recht vernünfftig
und mit Menage der Jagd-Leute, Erspah-
rung unnöthiger Jagd-Kosten, und zu
Verkürtzung der Zeit anzugeben, und
das, was als bestatiget angegeben oder
berichtet worden, enge, doch so, daß er
selbigen mit dem Zeuge im Stellen nicht zu
nahe komme, zu fassen wisse, item, daß
er den Zeug recht zu stellen, und seinen
Flügel ohne Tadel zu richten, das Jagen
so fort zu commandiren, inne habe, damit
einfolglich nicht etwan die Treiben con-
trair
gehen möchten, zu welchem Ende er
solche nach ihrer Quadrat, gehörnicht oder
runden Lage recht abzustossen hat, das
ist, entweder erstlich in der Mitten, oben
oder unten, die Jagd-Leute zu erst gehen
zu lassen, judiciren muß, item, daß er fer-
nere Observationes, welche bey dem Ja-
gen nöthig, und hier nicht alle zu nennen,
in diesem Wercke aber sattsam bemercket
sind, in Acht nehme, damit das Jagen
recht geleget, auch der Lauf geschicklich
formiret und gestellet werde, als an wel-
chem letztern bey einem Jagen das meiste
gelegen ist.

§. 3.

Ein Holtz-gerechter Jäger soll
billig die Ingenieur-Kunst verstehen, da-
mit er wisse, wie viel dieser oder jener Berg
an Ackern Zahl halte; wo aber ein Jä-
ger solche nicht verstehet, muß er doch ein
gut Augen-Maaß haben, damit er judi-
ci
ren kan, wozu ein ieder Baum dienlich,

ob

Des Andern Th. 41. C. von Mitteln/ um Gluͤck zur Jagd zu haben.
[Spaltenumbruch] ſie auf die Welt gebracht, und von einem
Stuͤckgen abgeſchnittenen Nabel aufbe-
hielten, und ſolches hernach in ihre Klei-
der naͤheten. Ob ich nun wohl aus eigener
Erfahrung ſolches atteſtiren, und man-
ches hievon beybringen koͤnte, ſo laſſe doch
ſolches an ſeinen Ort geſtellt ſeyn, halte
auch davor, daß bey dieſen mancher Aber-
glaube, und manche Einbildung mitſtecke.
Man glaubet auch, wenn ſich die Jaͤger der
Veneriſchen Dinge ſehr befleißigen, daß ſie
hernachmals im Jagen ungluͤcklich ſeyn,
das Wild ſoll ihnen entlauffen, die Buͤchſen
ihnen verſagen, und die Pferde und Hunde
bey ſolchen liederlichen Leuten abnehmen.

§. 3.

Mizaldus ſchreibet in ſeinen Me-
morabilibus Centuria IV. num.
100. alſo:
Wenn du wilt die Jaͤger gluͤcklich machen,
daß ſie viel Wild fangen ſollen, ſo mache
aus Silber, Kupffer, Zinn u. ſ. w. ein
Bild eines Mannes, der in der rechten
Hand einen geſpanneten Bogen halte,
darauf der Pfeil lieget; im Gieſſen oder
Stechen ſprich alſo: Durch dieſes Bild
bind ich alles Wild im Walde, Hirſche,
wilde Schweine, Haſen, ꝛc. daß keines
meiner Jagd entgehen koͤnne, ohne daß es
mir meinen gewuͤnſchten Antheil und
Raub davon uͤbrig laſſen muͤſſe. Und
dieſes ſolte man thun, wenn die Sonne in
das Zeichen des Schuͤtzen getretten.
Waͤre ſie aber in den Loͤwen geſtiegen, ſol-
te man von eben derſelben Materie auf ein
ander Blech zu ſtechen anfangen, und bey
der Arbeit eben wie vorhin ſprechen:
Durch dieſes Bild binde oder bañe ich alles
Wild im Walde; Waͤre auch dieſes geſche-
hen, ſo ſolte man beyde Bilder auf ein-
ander legen, daß diejenigen Theile, worauf
geſtochen iſt, zuſammen ſtoſſen, ſie in ein
grau Seiden Tuͤchlein einwickeln, ſie feſte
zuſammen binden, daß ſie nicht leichtlich
wieder aufgehen, und ſepariret werden
koͤnten, und ſie, wenn man auf die Jagd
gienge, bey ſich tragen, ſo wuͤrde man ſei-
ne Wunder ſehen. Manche præſagiren ein
beſonder Gluͤck im Jagen denſelben Tag,
wenn ſie fruͤh Morgens ausgehen, und
es begegnet ihnen eine Jungfrau; hinge-
gen ſind ſie nicht wohl zu ſprechen, wenn
ihnen ein altes Weib begegnet, und glau-
ben, daß ſie denſelben Tag nicht recht gluͤck-
lich ſeyn werden. Doch dieſes alles ſind
ungegruͤndete Aberglauben, die gar kein
Fundament haben, und von niemanden,
als von einfaͤltigen Leuten geglaubet wer-
den. Verſtaͤndige Jaͤger kehren ſich an
ſolche Taͤndeleyen im geringſten nicht.

[Spaltenumbruch]
Das 42. Capitel/
Von einem Hirſch- und Holtz-
gerechten Jaͤger.
§. 1.

Zur Hirſch-gerechten Wiſſenſchafft
wird erfordert, daß ein Weydemann
ſeinen Hirſch und Wildpraͤth ohne Fehler
anſpreche, und unterſcheide; und zwar
den Hirſch in ſeiner Faͤhrde, nach der
Schwere des Leibes, item nach den Jah-
ren, und nach Vielheit ſeiner Enden, die
er auf ſeinem Gehoͤrn hat, ob er nemlich
Jagdbar ſey, oder nicht. Hiernaͤchſt wird
auch von ihm gefordert, daß er ſeinen Leit-
Hund recht zu tractiren und zu arbeiten
wiſſe, ſein Thier zu Holtze richten und be-
ſtaͤtigen koͤnne, dergeſtalt, daß man noͤ-
thigen Falls auf ſeinen Bericht das beſtaͤ-
tigte oder verneuerte ſtellen und einrichten
koͤnne; Ein ſolches gehoͤrt nothwendig zu
einer Hirſch-gerechten Wiſſenſchafft.

§. 2.

Es iſt ihm, als einem Jagd-ge-
rechten Weydemann auch zu wiſſen noͤ-
thig, daß er ein Jagen recht vernuͤnfftig
und mit Menage der Jagd-Leute, Erſpah-
rung unnoͤthiger Jagd-Koſten, und zu
Verkuͤrtzung der Zeit anzugeben, und
das, was als beſtatiget angegeben oder
berichtet worden, enge, doch ſo, daß er
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er den Zeug recht zu ſtellen, und ſeinen
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ſo fort zu commandiren, inne habe, damit
einfolglich nicht etwan die Treiben con-
trair
gehen moͤchten, zu welchem Ende er
ſolche nach ihrer Quadrat, gehoͤrnicht oder
runden Lage recht abzuſtoſſen hat, das
iſt, entweder erſtlich in der Mitten, oben
oder unten, die Jagd-Leute zu erſt gehen
zu laſſen, judiciren muß, item, daß er fer-
nere Obſervationes, welche bey dem Ja-
gen noͤthig, und hier nicht alle zu nennen,
in dieſem Wercke aber ſattſam bemercket
ſind, in Acht nehme, damit das Jagen
recht geleget, auch der Lauf geſchicklich
formiret und geſtellet werde, als an wel-
chem letztern bey einem Jagen das meiſte
gelegen iſt.

§. 3.

Ein Holtz-gerechter Jaͤger ſoll
billig die Ingenieur-Kunſt verſtehen, da-
mit er wiſſe, wie viel dieſer oder jener Berg
an Ackern Zahl halte; wo aber ein Jaͤ-
ger ſolche nicht verſtehet, muß er doch ein
gut Augen-Maaß haben, damit er judi-
ci
ren kan, wozu ein ieder Baum dienlich,

ob
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[128/0216] Des Andern Th. 41. C. von Mitteln/ um Gluͤck zur Jagd zu haben. ſie auf die Welt gebracht, und von einem Stuͤckgen abgeſchnittenen Nabel aufbe- hielten, und ſolches hernach in ihre Klei- der naͤheten. Ob ich nun wohl aus eigener Erfahrung ſolches atteſtiren, und man- ches hievon beybringen koͤnte, ſo laſſe doch ſolches an ſeinen Ort geſtellt ſeyn, halte auch davor, daß bey dieſen mancher Aber- glaube, und manche Einbildung mitſtecke. Man glaubet auch, wenn ſich die Jaͤger der Veneriſchen Dinge ſehr befleißigen, daß ſie hernachmals im Jagen ungluͤcklich ſeyn, das Wild ſoll ihnen entlauffen, die Buͤchſen ihnen verſagen, und die Pferde und Hunde bey ſolchen liederlichen Leuten abnehmen. §. 3. Mizaldus ſchreibet in ſeinen Me- morabilibus Centuria IV. num. 100. alſo: Wenn du wilt die Jaͤger gluͤcklich machen, daß ſie viel Wild fangen ſollen, ſo mache aus Silber, Kupffer, Zinn u. ſ. w. ein Bild eines Mannes, der in der rechten Hand einen geſpanneten Bogen halte, darauf der Pfeil lieget; im Gieſſen oder Stechen ſprich alſo: Durch dieſes Bild bind ich alles Wild im Walde, Hirſche, wilde Schweine, Haſen, ꝛc. daß keines meiner Jagd entgehen koͤnne, ohne daß es mir meinen gewuͤnſchten Antheil und Raub davon uͤbrig laſſen muͤſſe. Und dieſes ſolte man thun, wenn die Sonne in das Zeichen des Schuͤtzen getretten. Waͤre ſie aber in den Loͤwen geſtiegen, ſol- te man von eben derſelben Materie auf ein ander Blech zu ſtechen anfangen, und bey der Arbeit eben wie vorhin ſprechen: Durch dieſes Bild binde oder bañe ich alles Wild im Walde; Waͤre auch dieſes geſche- hen, ſo ſolte man beyde Bilder auf ein- ander legen, daß diejenigen Theile, worauf geſtochen iſt, zuſammen ſtoſſen, ſie in ein grau Seiden Tuͤchlein einwickeln, ſie feſte zuſammen binden, daß ſie nicht leichtlich wieder aufgehen, und ſepariret werden koͤnten, und ſie, wenn man auf die Jagd gienge, bey ſich tragen, ſo wuͤrde man ſei- ne Wunder ſehen. Manche præſagiren ein beſonder Gluͤck im Jagen denſelben Tag, wenn ſie fruͤh Morgens ausgehen, und es begegnet ihnen eine Jungfrau; hinge- gen ſind ſie nicht wohl zu ſprechen, wenn ihnen ein altes Weib begegnet, und glau- ben, daß ſie denſelben Tag nicht recht gluͤck- lich ſeyn werden. Doch dieſes alles ſind ungegruͤndete Aberglauben, die gar kein Fundament haben, und von niemanden, als von einfaͤltigen Leuten geglaubet wer- den. Verſtaͤndige Jaͤger kehren ſich an ſolche Taͤndeleyen im geringſten nicht. Das 42. Capitel/ Von einem Hirſch- und Holtz- gerechten Jaͤger. §. 1. Zur Hirſch-gerechten Wiſſenſchafft wird erfordert, daß ein Weydemann ſeinen Hirſch und Wildpraͤth ohne Fehler anſpreche, und unterſcheide; und zwar den Hirſch in ſeiner Faͤhrde, nach der Schwere des Leibes, item nach den Jah- ren, und nach Vielheit ſeiner Enden, die er auf ſeinem Gehoͤrn hat, ob er nemlich Jagdbar ſey, oder nicht. Hiernaͤchſt wird auch von ihm gefordert, daß er ſeinen Leit- Hund recht zu tractiren und zu arbeiten wiſſe, ſein Thier zu Holtze richten und be- ſtaͤtigen koͤnne, dergeſtalt, daß man noͤ- thigen Falls auf ſeinen Bericht das beſtaͤ- tigte oder verneuerte ſtellen und einrichten koͤnne; Ein ſolches gehoͤrt nothwendig zu einer Hirſch-gerechten Wiſſenſchafft. §. 2. Es iſt ihm, als einem Jagd-ge- rechten Weydemann auch zu wiſſen noͤ- thig, daß er ein Jagen recht vernuͤnfftig und mit Menage der Jagd-Leute, Erſpah- rung unnoͤthiger Jagd-Koſten, und zu Verkuͤrtzung der Zeit anzugeben, und das, was als beſtatiget angegeben oder berichtet worden, enge, doch ſo, daß er ſelbigen mit dem Zeuge im Stellen nicht zu nahe komme, zu faſſen wiſſe, item, daß er den Zeug recht zu ſtellen, und ſeinen Fluͤgel ohne Tadel zu richten, das Jagen ſo fort zu commandiren, inne habe, damit einfolglich nicht etwan die Treiben con- trair gehen moͤchten, zu welchem Ende er ſolche nach ihrer Quadrat, gehoͤrnicht oder runden Lage recht abzuſtoſſen hat, das iſt, entweder erſtlich in der Mitten, oben oder unten, die Jagd-Leute zu erſt gehen zu laſſen, judiciren muß, item, daß er fer- nere Obſervationes, welche bey dem Ja- gen noͤthig, und hier nicht alle zu nennen, in dieſem Wercke aber ſattſam bemercket ſind, in Acht nehme, damit das Jagen recht geleget, auch der Lauf geſchicklich formiret und geſtellet werde, als an wel- chem letztern bey einem Jagen das meiſte gelegen iſt. §. 3. Ein Holtz-gerechter Jaͤger ſoll billig die Ingenieur-Kunſt verſtehen, da- mit er wiſſe, wie viel dieſer oder jener Berg an Ackern Zahl halte; wo aber ein Jaͤ- ger ſolche nicht verſtehet, muß er doch ein gut Augen-Maaß haben, damit er judi- ciren kan, wozu ein ieder Baum dienlich, ob

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/216>, abgerufen am 08.05.2024.