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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Ersten Theils 41. Capitel/
[Spaltenumbruch] hen, und hat man damahls dafür gehal-
ten, daß dieses Ubel daher rühre, weil in
den Jahren 1702, 1704, 1707, und 1708.
schlechte Winter mit wenigem Schnee,
auch trockne Sommer gewesen, daher an
nassen Orten dem Holtze die nöthige und
sonst gewohnte Feuchtigkeit entgangen,
zumahl zu selbiger Zeit keine andere Ur-
sachen wegen dieses Holtz-Verdorrens
wahrgenommen worden. Nach diesen
aber, seither dem in der Nacht zwischen den
11. und 12. Febr. ann. 1715. gewesenen be-
kandten grossen Sturm-Winde, durch
welchen allenthalben in Wäldern, sonder-
lich im Tharandischen, unzehlige tausend
Stämme Holtz mit den Wurtzeln ausge-
rissen und umgeworffen worden, ist das
Absterben des Fichten-Holtzes am ersten
auf dem Tharandischen Walde von neu-
en angegangen, so allda biß 1719. in sehr
grosser Anzahl nicht allein continuiret,
sondern auch nach und nach in andere
Wälder weit und breit eingerissen, und
in denen trocknen Sommern ann. 1718,
und 1719. ungemein überhand genom-
men.

§. 2.

Es haben sich auch in den abge-
wichnen Zeiten dergleichen abscheuliche
Seuchen ereignet, wie es denn in dem
Gebürge augenscheinlich und Landkün-
dig ist, daß gantze Wälder also anfliegen,
und vom Gipffel an biß auf den untersten
Stamm Bein-hart ausdorren. Man
hat es vor Zeiten bey Joachimsthal ange-
merckt, sonderlich anno 1680, und folgen-
de Jahre beklaget, daß viel Wälder von
Eger her verdorret, auch solches auf dem
Schlackwerdischen Gebieth geschehen, ehe
der letzte Hertzog Friedrich Julius, und
mit ihm der gantze Stamm der Her-
tzoge von Sachsen-Lauenburg abge-
storben.

§. 3.

Man muß sich darüber desto
mehr verwundern, denn eines Garten-
Baums Siechthum erweiset sich an der
Rinde, wenn sie von unten hinauf, biß
zum Gipffel schwartz wird, und verdor-
ret, welches man die Natter nennet, in-
gleichen den Krebs an Birn-Bäumen,
und den Brand an Aepffel-Bäumen.
Die wilden Bäume sind viel dauerhaff-
tiger, haben einen fettern, öhlichtern und
zähern Safft, damit sie denen verzehren-
den Dingen widerstehen; absonderlich
sind Fichten und Tannen recht immer-
grünender balsamischer Natur, darum
sie ihren Tangel im Frost und Schnee,
Hitze und Ungestüm, ordentlicher Weise,
[Spaltenumbruch] nicht fallen lassen. Es wäre Schaden
genug, wenn diese Darre und Seuche nur
das Fichten-Holtz betroffen, allein der Au-
genschein zeiget, daß auch grosse ungeheu-
re Tannen solchem Siechthum unterwor-
fen gewesen. Es geschicht zwar nicht so
leicht an denen auf hohen und trocknen
Gebürge wachsenden Tannen, wohl aber
an andern, die im Sumpffeund Schatten
aufgewachsen.

§. 4.

Uber das Absterben solches Hol-
tzes sind nun mancherley Meynungen
ausgefallen. Einige haben es dem gros-
sen Wind zugeschrieben, weil durch sel-
bigen bey gewaltsamer Niederwerffung so
gar vieler und starcker Bäume, die neben
an und sonst stehen gebliebene Bäume
zum Theil aus ihrem Stande beweget,
viel Wurtzeln daran mit loß gerissen oder
wenigstens locker gemacht worden seyn
sollen. Welche Meynung aber, ob wohl die
Umstände einigen Grund zu haben schei-
nen, dadurch widerlegt wird, indem nur
Fichten und keine Tannen, Kiefern, Bu-
chen und Eichen verdorret, ingleichen es
fast durchgehends nur mittelmäßige be-
troffen, da doch die starcken, nebst denen
Tannen, wegen ihrer Höhe, dichten u. meh-
rern Reißigs, der Wind viel eher treffen,
fassen und bewegen können; ferner das
Absterben der Fichten in Refieren erfol-
get, allwo der Wind wenig oder kein Holtz
geworffen, oder selbige gäntzlich übergan-
gen. Man findet auch nicht Exempel,
daß an allen Orten die Bäume nach star-
ckem Winde verdorret. Es wäre auch
noch zu disputiren, ob die Winde die
Bäume nicht vielmehr fester als locker
machten.

§. 5.

Andere messen diesen sonderli-
chen Siechthum unterschiedenen Ursachen
bey, als dem Mineralischen Erd-Feuer,
das die auf Erd-Gängen stehenden Bäu-
me ziemlich schwäche, zwieselt und strup-
pigt mache; aber darum verdorren sie
nicht gantz und gar; oder dem gifftigen
Thau, der auff die Wälder fällt, und ei-
ne grosse Fäulung verursacht, daß aller-
hand schädliches Ungeziefer und Gewür-
me zwischen der Rinde und dem Holtz
wächst, so sich tief in Kern einfrist, und den
Balsamischen Safft vergifftet und verzeh-
ret. Es ist auch diese Meynung aller-
dings am meisten gegründet; Denn man
hat bey solchem Holtz-Sterben observirt,
wie zur Frühlings-Zeit, im Majo und
Junio, an Fichten in der Schaale oder
Rinde sich kleine Löcher mit Würmern

finden,

Des Erſten Theils 41. Capitel/
[Spaltenumbruch] hen, und hat man damahls dafuͤr gehal-
ten, daß dieſes Ubel daher ruͤhre, weil in
den Jahren 1702, 1704, 1707, und 1708.
ſchlechte Winter mit wenigem Schnee,
auch trockne Sommer geweſen, daher an
naſſen Orten dem Holtze die noͤthige und
ſonſt gewohnte Feuchtigkeit entgangen,
zumahl zu ſelbiger Zeit keine andere Ur-
ſachen wegen dieſes Holtz-Verdorrens
wahrgenommen worden. Nach dieſen
aber, ſeither dem in der Nacht zwiſchen den
11. und 12. Febr. ann. 1715. geweſenen be-
kandten groſſen Sturm-Winde, durch
welchen allenthalben in Waͤldern, ſonder-
lich im Tharandiſchen, unzehlige tauſend
Staͤmme Holtz mit den Wurtzeln ausge-
riſſen und umgeworffen worden, iſt das
Abſterben des Fichten-Holtzes am erſten
auf dem Tharandiſchen Walde von neu-
en angegangen, ſo allda biß 1719. in ſehr
groſſer Anzahl nicht allein continuiret,
ſondern auch nach und nach in andere
Waͤlder weit und breit eingeriſſen, und
in denen trocknen Sommern ann. 1718,
und 1719. ungemein uͤberhand genom-
men.

§. 2.

Es haben ſich auch in den abge-
wichnen Zeiten dergleichen abſcheuliche
Seuchen ereignet, wie es denn in dem
Gebuͤrge augenſcheinlich und Landkuͤn-
dig iſt, daß gantze Waͤlder alſo anfliegen,
und vom Gipffel an biß auf den unterſten
Stamm Bein-hart ausdorren. Man
hat es vor Zeiten bey Joachimsthal ange-
merckt, ſonderlich anno 1680, und folgen-
de Jahre beklaget, daß viel Waͤlder von
Eger her verdorret, auch ſolches auf dem
Schlackwerdiſchen Gebieth geſchehen, ehe
der letzte Hertzog Friedrich Julius, und
mit ihm der gantze Stamm der Her-
tzoge von Sachſen-Lauenburg abge-
ſtorben.

§. 3.

Man muß ſich daruͤber deſto
mehr verwundern, denn eines Garten-
Baums Siechthum erweiſet ſich an der
Rinde, wenn ſie von unten hinauf, biß
zum Gipffel ſchwartz wird, und verdor-
ret, welches man die Natter nennet, in-
gleichen den Krebs an Birn-Baͤumen,
und den Brand an Aepffel-Baͤumen.
Die wilden Baͤume ſind viel dauerhaff-
tiger, haben einen fettern, oͤhlichtern und
zaͤhern Safft, damit ſie denen verzehren-
den Dingen widerſtehen; abſonderlich
ſind Fichten und Tannen recht immer-
gruͤnender balſamiſcher Natur, darum
ſie ihren Tangel im Froſt und Schnee,
Hitze und Ungeſtuͤm, ordentlicher Weiſe,
[Spaltenumbruch] nicht fallen laſſen. Es waͤre Schaden
genug, wenn dieſe Darre und Seuche nur
das Fichten-Holtz betroffen, allein der Au-
genſchein zeiget, daß auch groſſe ungeheu-
re Tannen ſolchem Siechthum unterwor-
fen geweſen. Es geſchicht zwar nicht ſo
leicht an denen auf hohen und trocknen
Gebuͤrge wachſenden Tannen, wohl aber
an andern, die im Sumpffeund Schatten
aufgewachſen.

§. 4.

Uber das Abſterben ſolches Hol-
tzes ſind nun mancherley Meynungen
ausgefallen. Einige haben es dem groſ-
ſen Wind zugeſchrieben, weil durch ſel-
bigen bey gewaltſamer Niederwerffung ſo
gar vieler und ſtarcker Baͤume, die neben
an und ſonſt ſtehen gebliebene Baͤume
zum Theil aus ihrem Stande beweget,
viel Wurtzeln daran mit loß geriſſen oder
wenigſtens locker gemacht worden ſeyn
ſollen. Welche Meynung aber, ob wohl die
Umſtaͤnde einigen Grund zu haben ſchei-
nen, dadurch widerlegt wird, indem nur
Fichten und keine Tannen, Kiefern, Bu-
chen und Eichen verdorret, ingleichen es
faſt durchgehends nur mittelmaͤßige be-
troffen, da doch die ſtarcken, nebſt denen
Tañen, wegen ihrer Hoͤhe, dichten u. meh-
rern Reißigs, der Wind viel eher treffen,
faſſen und bewegen koͤnnen; ferner das
Abſterben der Fichten in Refieren erfol-
get, allwo der Wind wenig oder kein Holtz
geworffen, oder ſelbige gaͤntzlich uͤbergan-
gen. Man findet auch nicht Exempel,
daß an allen Orten die Baͤume nach ſtar-
ckem Winde verdorret. Es waͤre auch
noch zu diſputiren, ob die Winde die
Baͤume nicht vielmehr feſter als locker
machten.

§. 5.

Andere meſſen dieſen ſonderli-
chen Siechthum unterſchiedenen Urſachen
bey, als dem Mineraliſchen Erd-Feuer,
das die auf Erd-Gaͤngen ſtehenden Baͤu-
me ziemlich ſchwaͤche, zwieſelt und ſtrup-
pigt mache; aber darum verdorren ſie
nicht gantz und gar; oder dem gifftigen
Thau, der auff die Waͤlder faͤllt, und ei-
ne groſſe Faͤulung verurſacht, daß aller-
hand ſchaͤdliches Ungeziefer und Gewuͤr-
me zwiſchen der Rinde und dem Holtz
waͤchſt, ſo ſich tief in Kern einfriſt, und den
Balſamiſchen Safft vergifftet und verzeh-
ret. Es iſt auch dieſe Meynung aller-
dings am meiſten gegruͤndet; Denn man
hat bey ſolchem Holtz-Sterben obſervirt,
wie zur Fruͤhlings-Zeit, im Majo und
Junio, an Fichten in der Schaale oder
Rinde ſich kleine Loͤcher mit Wuͤrmern

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[76/0136] Des Erſten Theils 41. Capitel/ hen, und hat man damahls dafuͤr gehal- ten, daß dieſes Ubel daher ruͤhre, weil in den Jahren 1702, 1704, 1707, und 1708. ſchlechte Winter mit wenigem Schnee, auch trockne Sommer geweſen, daher an naſſen Orten dem Holtze die noͤthige und ſonſt gewohnte Feuchtigkeit entgangen, zumahl zu ſelbiger Zeit keine andere Ur- ſachen wegen dieſes Holtz-Verdorrens wahrgenommen worden. Nach dieſen aber, ſeither dem in der Nacht zwiſchen den 11. und 12. Febr. ann. 1715. geweſenen be- kandten groſſen Sturm-Winde, durch welchen allenthalben in Waͤldern, ſonder- lich im Tharandiſchen, unzehlige tauſend Staͤmme Holtz mit den Wurtzeln ausge- riſſen und umgeworffen worden, iſt das Abſterben des Fichten-Holtzes am erſten auf dem Tharandiſchen Walde von neu- en angegangen, ſo allda biß 1719. in ſehr groſſer Anzahl nicht allein continuiret, ſondern auch nach und nach in andere Waͤlder weit und breit eingeriſſen, und in denen trocknen Sommern ann. 1718, und 1719. ungemein uͤberhand genom- men. §. 2. Es haben ſich auch in den abge- wichnen Zeiten dergleichen abſcheuliche Seuchen ereignet, wie es denn in dem Gebuͤrge augenſcheinlich und Landkuͤn- dig iſt, daß gantze Waͤlder alſo anfliegen, und vom Gipffel an biß auf den unterſten Stamm Bein-hart ausdorren. Man hat es vor Zeiten bey Joachimsthal ange- merckt, ſonderlich anno 1680, und folgen- de Jahre beklaget, daß viel Waͤlder von Eger her verdorret, auch ſolches auf dem Schlackwerdiſchen Gebieth geſchehen, ehe der letzte Hertzog Friedrich Julius, und mit ihm der gantze Stamm der Her- tzoge von Sachſen-Lauenburg abge- ſtorben. §. 3. Man muß ſich daruͤber deſto mehr verwundern, denn eines Garten- Baums Siechthum erweiſet ſich an der Rinde, wenn ſie von unten hinauf, biß zum Gipffel ſchwartz wird, und verdor- ret, welches man die Natter nennet, in- gleichen den Krebs an Birn-Baͤumen, und den Brand an Aepffel-Baͤumen. Die wilden Baͤume ſind viel dauerhaff- tiger, haben einen fettern, oͤhlichtern und zaͤhern Safft, damit ſie denen verzehren- den Dingen widerſtehen; abſonderlich ſind Fichten und Tannen recht immer- gruͤnender balſamiſcher Natur, darum ſie ihren Tangel im Froſt und Schnee, Hitze und Ungeſtuͤm, ordentlicher Weiſe, nicht fallen laſſen. Es waͤre Schaden genug, wenn dieſe Darre und Seuche nur das Fichten-Holtz betroffen, allein der Au- genſchein zeiget, daß auch groſſe ungeheu- re Tannen ſolchem Siechthum unterwor- fen geweſen. Es geſchicht zwar nicht ſo leicht an denen auf hohen und trocknen Gebuͤrge wachſenden Tannen, wohl aber an andern, die im Sumpffeund Schatten aufgewachſen. §. 4. Uber das Abſterben ſolches Hol- tzes ſind nun mancherley Meynungen ausgefallen. Einige haben es dem groſ- ſen Wind zugeſchrieben, weil durch ſel- bigen bey gewaltſamer Niederwerffung ſo gar vieler und ſtarcker Baͤume, die neben an und ſonſt ſtehen gebliebene Baͤume zum Theil aus ihrem Stande beweget, viel Wurtzeln daran mit loß geriſſen oder wenigſtens locker gemacht worden ſeyn ſollen. Welche Meynung aber, ob wohl die Umſtaͤnde einigen Grund zu haben ſchei- nen, dadurch widerlegt wird, indem nur Fichten und keine Tannen, Kiefern, Bu- chen und Eichen verdorret, ingleichen es faſt durchgehends nur mittelmaͤßige be- troffen, da doch die ſtarcken, nebſt denen Tañen, wegen ihrer Hoͤhe, dichten u. meh- rern Reißigs, der Wind viel eher treffen, faſſen und bewegen koͤnnen; ferner das Abſterben der Fichten in Refieren erfol- get, allwo der Wind wenig oder kein Holtz geworffen, oder ſelbige gaͤntzlich uͤbergan- gen. Man findet auch nicht Exempel, daß an allen Orten die Baͤume nach ſtar- ckem Winde verdorret. Es waͤre auch noch zu diſputiren, ob die Winde die Baͤume nicht vielmehr feſter als locker machten. §. 5. Andere meſſen dieſen ſonderli- chen Siechthum unterſchiedenen Urſachen bey, als dem Mineraliſchen Erd-Feuer, das die auf Erd-Gaͤngen ſtehenden Baͤu- me ziemlich ſchwaͤche, zwieſelt und ſtrup- pigt mache; aber darum verdorren ſie nicht gantz und gar; oder dem gifftigen Thau, der auff die Waͤlder faͤllt, und ei- ne groſſe Faͤulung verurſacht, daß aller- hand ſchaͤdliches Ungeziefer und Gewuͤr- me zwiſchen der Rinde und dem Holtz waͤchſt, ſo ſich tief in Kern einfriſt, und den Balſamiſchen Safft vergifftet und verzeh- ret. Es iſt auch dieſe Meynung aller- dings am meiſten gegruͤndet; Denn man hat bey ſolchem Holtz-Sterben obſervirt, wie zur Fruͤhlings-Zeit, im Majo und Junio, an Fichten in der Schaale oder Rinde ſich kleine Loͤcher mit Wuͤrmern finden,

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/136>, abgerufen am 21.11.2024.