[Spaltenumbruch]
weder Gnädige Herrschafft solcher Herr- schafftlichen Rechte befugt, oder sie die Ausnahme davon schon, wie sich gebüh- ret, erwiesen und beybracht hätten.
Und gleichwohl solche grimmige Thiere in einer Provinz sich finden, und da ihnen nicht in Zeiten mit nachdruck gewehret würde, sich mehren und davor weder Menschen, noch Viehe sicher leben können solten;
So wäre es ja eine allgemeine Noth, und dahero auch mit allgemeiner Hülffe dieselbe zurück zu treiben, und müste Herr und Knecht mit einander zugleich umsetzen, oder, da die Unterthanen den Herren darum aus ein oder anderer Beqvemlichkeit, die der Herr mehr als sie darzu hätte, ersuchten, so wäre es ja ausser Zweiffel, daß sie den darzu gehö- rigen Kosten pro rata am Gelde trage, oder ihre Mühe darzu conferiren mü- ste, und diß aus der natürlichen Billig- keit, wo derjenige, der den Nutzen hat, sich auch der Mühe oder des Verdrusses nicht darff dauern lassen.
Und da 14) wenn ein Fürst oder Herr seine Provinz von bösen Leuten frey macht, die Unterthanen darzu die Folge, Hencker-Geld und andere Unko- sten tragen müssen, so wird ad identita- tem rationis, zumahl allhier noch einem unvernünfftigen Thiere, jenes Falls aber einem vernünfftigen Menschen nachge- trachtet wird, ein Unterthaner desto we- niger von hülfflicher Hand sich zu ent- brechen vermögen.
Sonderlich weil 15) schließlich die all- gemeine Landes-Folge mit dergleichen Wolff und Bären-Jagden so genau ver- einiget, daß auch die Unterthanen hier- zu theils Orten mit dem Trommel- Schlag zusammen geruffen werden, nicht sowohl weil der Wolff vor selben sich fürchtet und davor fliehet, als damit an- zuzeigen, daß ein Unterthaner durch den Klang der Trommel munter und wach zu dem zu der Hätze bestimmten Ort erschei- nen, und zwar nicht mit blosen Händen, sondern mit seinem besten Gewehr sich stellen und Verordnung erwarten müsse.
Dieweil er aber mit dergleichen und andern mehr vernünfftigen Motiven und Gründen sie, die von Adel, nicht aller- dings zu gewinnen gewesen, und obwohl eines Theils ihre Leute darauff geschickt, doch andern Theils solche noch zurücke halten, und, wie man vernimmet, die [Spaltenumbruch]
Unterthanen oder ihre Hintersassen ger- ne erscheinen wolten, wenn sie nur von ihren Lehen-Herren darzu gelassen wür- den, und ein solches ungerechtes und un- bedachtsames Vornehmen der Hoch- und Wohlgebohrnen meiner Gnädigen Herrschafft sehr genau gehet, indem sie erfahren sollen, daß Jhnen ihre mit dop- peltem Eyde, nehmlich der Unterthänig- keit, als Landsassen und Unterthanen, und der Treu, als Vasallen, verwandte Leute in solchem ihrem hohen Landes- herrlichen Recht und Befugniß, woraus, daß sie die Herrn des Landes wären, eintzig und alleine mit erschiene, und ei- ne gewisse Tessera ihres unmittelbahren Reichs-Standes und Hoheit wäre, und darinnen sie gleich wohl weder von denen Römischen Käysern, noch eintzi- gen Chur-Fürsten oder Herren die Zeit ihres und ihrer Vorfahren Lebens nie gekräncket worden wären, Einhalt thun, und also fast in ihren Augapffel greiffen wolten, zumahlen sie noch hierüber er- fahren müsten, daß sie in ihren Privat- Häusern und Ritter-Güthern deswe- gen Zusammenkünffte angestellet, und über diese ihrer Landes- und Lehens- Herren hohe Jura, zuwider ihren dop- pelten Pflichten, vermöge derer sie nicht thun, noch handeln sollen und wollen, was zu Abbruch ihrer Herrn Hoheit und Befugniß nur in eintzige Wege ge- reichen kan, in Zweiffel und Disputat zu ziehen, und gleichwohl meine Gnädige Herren hierunter behutsam gehen wol- ten, und damit ihre niedrige Lehen-Leu- te sich desto weniger zu beklagen Ursach haben mögen, mir Gnädig befohlen, mich, auff was zulässige Weise und durch was Gradus sie von ihrem Ungehorsam, und daraus entsprungener Verweigerung, auch vorgenommener eigenmässiger Zu- sammenkunfft compesciret, respective gestrafft werden, und wie wider sie diß- falls zu verhalten seyn möge, rechtlichen informiren zu lassen;
Als ist und gelanget an die Herren mein dienstfreundlich Bitten, sie wollen das Werck Collegialiter erwegen u. mich hierunter des Rechtens mit Beyfügung derer Rationum dubitandi & decidendi in einem verschlossenen Verspruch sonder Beschwerde verständigen; Das bin umb dieselben ich zu verdienen willig.
Christoph Philipp. Richter.
WEHNE-
i
zur Jaͤgerey gehoͤrigen Materien.
[Spaltenumbruch]
weder Gnaͤdige Herrſchafft ſolcher Herr- ſchafftlichen Rechte befugt, oder ſie die Ausnahme davon ſchon, wie ſich gebuͤh- ret, erwieſen und beybracht haͤtten.
Und gleichwohl ſolche grimmige Thiere in einer Provinz ſich finden, und da ihnen nicht in Zeiten mit nachdruck gewehret wuͤrde, ſich mehren und davor weder Menſchen, noch Viehe ſicher leben koͤnnen ſolten;
So waͤre es ja eine allgemeine Noth, und dahero auch mit allgemeiner Huͤlffe dieſelbe zuruͤck zu treiben, und muͤſte Herr und Knecht mit einander zugleich umſetzen, oder, da die Unterthanen den Herren darum aus ein oder anderer Beqvemlichkeit, die der Herr mehr als ſie darzu haͤtte, erſuchten, ſo waͤre es ja auſſer Zweiffel, daß ſie den darzu gehoͤ- rigen Koſten pro rata am Gelde trage, oder ihre Muͤhe darzu conferiren muͤ- ſte, und diß aus der natuͤrlichen Billig- keit, wo derjenige, der den Nutzen hat, ſich auch der Muͤhe oder des Verdruſſes nicht darff dauern laſſen.
Und da 14) wenn ein Fuͤrſt oder Herr ſeine Provinz von boͤſen Leuten frey macht, die Unterthanen darzu die Folge, Hencker-Geld und andere Unko- ſten tragen muͤſſen, ſo wird ad identita- tem rationis, zumahl allhier noch einem unvernuͤnfftigen Thiere, jenes Falls aber einem vernuͤnfftigen Menſchen nachge- trachtet wird, ein Unterthaner deſto we- niger von huͤlfflicher Hand ſich zu ent- brechen vermoͤgen.
Sonderlich weil 15) ſchließlich die all- gemeine Landes-Folge mit dergleichen Wolff und Baͤren-Jagden ſo genau ver- einiget, daß auch die Unterthanen hier- zu theils Orten mit dem Trommel- Schlag zuſammen geruffen werden, nicht ſowohl weil der Wolff vor ſelben ſich fuͤrchtet und davor fliehet, als damit an- zuzeigen, daß ein Unterthaner durch den Klang der Trommel munter und wach zu dem zu der Haͤtze beſtim̃ten Ort erſchei- nen, und zwar nicht mit bloſen Haͤnden, ſondern mit ſeinem beſten Gewehr ſich ſtellen und Verordnung erwarten muͤſſe.
Dieweil er aber mit dergleichen und andern mehr vernuͤnfftigen Motiven und Gruͤnden ſie, die von Adel, nicht aller- dings zu gewinnen geweſen, und obwohl eines Theils ihre Leute darauff geſchickt, doch andern Theils ſolche noch zuruͤcke halten, und, wie man vernimmet, die [Spaltenumbruch]
Unterthanen oder ihre Hinterſaſſen ger- ne erſcheinen wolten, wenn ſie nur von ihren Lehen-Herren darzu gelaſſen wuͤr- den, und ein ſolches ungerechtes und un- bedachtſames Vornehmen der Hoch- und Wohlgebohrnen meiner Gnaͤdigen Herrſchafft ſehr genau gehet, indem ſie erfahren ſollen, daß Jhnen ihre mit dop- peltem Eyde, nehmlich der Unterthaͤnig- keit, als Landſaſſen und Unterthanen, und der Treu, als Vaſallen, verwandte Leute in ſolchem ihrem hohen Landes- herrlichen Recht und Befugniß, woraus, daß ſie die Herrn des Landes waͤren, eintzig und alleine mit erſchiene, und ei- ne gewiſſe Teſſera ihres unmittelbahren Reichs-Standes und Hoheit waͤre, und darinnen ſie gleich wohl weder von denen Roͤmiſchen Kaͤyſern, noch eintzi- gen Chur-Fuͤrſten oder Herren die Zeit ihres und ihrer Vorfahren Lebens nie gekraͤncket worden waͤren, Einhalt thun, und alſo faſt in ihren Augapffel greiffen wolten, zumahlen ſie noch hieruͤber er- fahren muͤſten, daß ſie in ihren Privat- Haͤuſern und Ritter-Guͤthern deswe- gen Zuſammenkuͤnffte angeſtellet, und uͤber dieſe ihrer Landes- und Lehens- Herren hohe Jura, zuwider ihren dop- pelten Pflichten, vermoͤge derer ſie nicht thun, noch handeln ſollen und wollen, was zu Abbruch ihrer Herrn Hoheit und Befugniß nur in eintzige Wege ge- reichen kan, in Zweiffel und Diſputat zu ziehen, und gleichwohl meine Gnaͤdige Herren hierunter behutſam gehen wol- ten, und damit ihre niedrige Lehen-Leu- te ſich deſto weniger zu beklagen Urſach haben moͤgen, mir Gnaͤdig befohlen, mich, auff was zulaͤſſige Weiſe und durch was Gradus ſie von ihrem Ungehorſam, und daraus entſprungener Verweigerung, auch vorgenommener eigenmaͤſſiger Zu- ſammenkunfft compeſciret, reſpective geſtrafft werden, und wie wider ſie diß- falls zu verhalten ſeyn moͤge, rechtlichen informiren zu laſſen;
Als iſt und gelanget an die Herren mein dienſtfreundlich Bitten, ſie wollen das Werck Collegialiter erwegen u. mich hierunter des Rechtens mit Beyfuͤgung derer Rationum dubitandi & decidendi in einem verſchloſſenen Verſpruch ſonder Beſchwerde verſtaͤndigen; Das bin umb dieſelben ich zu verdienen willig.
Chriſtoph Philipp. Richter.
WEHNE-
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zur Jaͤgerey gehoͤrigen Materien.
weder Gnaͤdige Herrſchafft ſolcher Herr-
ſchafftlichen Rechte befugt, oder ſie die
Ausnahme davon ſchon, wie ſich gebuͤh-
ret, erwieſen und beybracht haͤtten.
Und gleichwohl ſolche grimmige
Thiere in einer Provinz ſich finden, und
da ihnen nicht in Zeiten mit nachdruck
gewehret wuͤrde, ſich mehren und davor
weder Menſchen, noch Viehe ſicher leben
koͤnnen ſolten;
So waͤre es ja eine allgemeine Noth,
und dahero auch mit allgemeiner Huͤlffe
dieſelbe zuruͤck zu treiben, und muͤſte
Herr und Knecht mit einander zugleich
umſetzen, oder, da die Unterthanen den
Herren darum aus ein oder anderer
Beqvemlichkeit, die der Herr mehr als
ſie darzu haͤtte, erſuchten, ſo waͤre es ja
auſſer Zweiffel, daß ſie den darzu gehoͤ-
rigen Koſten pro rata am Gelde trage,
oder ihre Muͤhe darzu conferiren muͤ-
ſte, und diß aus der natuͤrlichen Billig-
keit, wo derjenige, der den Nutzen hat,
ſich auch der Muͤhe oder des Verdruſſes
nicht darff dauern laſſen.
Und da 14) wenn ein Fuͤrſt oder
Herr ſeine Provinz von boͤſen Leuten
frey macht, die Unterthanen darzu die
Folge, Hencker-Geld und andere Unko-
ſten tragen muͤſſen, ſo wird ad identita-
tem rationis, zumahl allhier noch einem
unvernuͤnfftigen Thiere, jenes Falls aber
einem vernuͤnfftigen Menſchen nachge-
trachtet wird, ein Unterthaner deſto we-
niger von huͤlfflicher Hand ſich zu ent-
brechen vermoͤgen.
Sonderlich weil 15) ſchließlich die all-
gemeine Landes-Folge mit dergleichen
Wolff und Baͤren-Jagden ſo genau ver-
einiget, daß auch die Unterthanen hier-
zu theils Orten mit dem Trommel-
Schlag zuſammen geruffen werden, nicht
ſowohl weil der Wolff vor ſelben ſich
fuͤrchtet und davor fliehet, als damit an-
zuzeigen, daß ein Unterthaner durch den
Klang der Trommel munter und wach
zu dem zu der Haͤtze beſtim̃ten Ort erſchei-
nen, und zwar nicht mit bloſen Haͤnden,
ſondern mit ſeinem beſten Gewehr ſich
ſtellen und Verordnung erwarten
muͤſſe.
Dieweil er aber mit dergleichen und
andern mehr vernuͤnfftigen Motiven und
Gruͤnden ſie, die von Adel, nicht aller-
dings zu gewinnen geweſen, und obwohl
eines Theils ihre Leute darauff geſchickt,
doch andern Theils ſolche noch zuruͤcke
halten, und, wie man vernimmet, die
Unterthanen oder ihre Hinterſaſſen ger-
ne erſcheinen wolten, wenn ſie nur von
ihren Lehen-Herren darzu gelaſſen wuͤr-
den, und ein ſolches ungerechtes und un-
bedachtſames Vornehmen der Hoch- und
Wohlgebohrnen meiner Gnaͤdigen
Herrſchafft ſehr genau gehet, indem ſie
erfahren ſollen, daß Jhnen ihre mit dop-
peltem Eyde, nehmlich der Unterthaͤnig-
keit, als Landſaſſen und Unterthanen,
und der Treu, als Vaſallen, verwandte
Leute in ſolchem ihrem hohen Landes-
herrlichen Recht und Befugniß, woraus,
daß ſie die Herrn des Landes waͤren,
eintzig und alleine mit erſchiene, und ei-
ne gewiſſe Teſſera ihres unmittelbahren
Reichs-Standes und Hoheit waͤre,
und darinnen ſie gleich wohl weder von
denen Roͤmiſchen Kaͤyſern, noch eintzi-
gen Chur-Fuͤrſten oder Herren die Zeit
ihres und ihrer Vorfahren Lebens nie
gekraͤncket worden waͤren, Einhalt thun,
und alſo faſt in ihren Augapffel greiffen
wolten, zumahlen ſie noch hieruͤber er-
fahren muͤſten, daß ſie in ihren Privat-
Haͤuſern und Ritter-Guͤthern deswe-
gen Zuſammenkuͤnffte angeſtellet, und
uͤber dieſe ihrer Landes- und Lehens-
Herren hohe Jura, zuwider ihren dop-
pelten Pflichten, vermoͤge derer ſie nicht
thun, noch handeln ſollen und wollen,
was zu Abbruch ihrer Herrn Hoheit
und Befugniß nur in eintzige Wege ge-
reichen kan, in Zweiffel und Diſputat zu
ziehen, und gleichwohl meine Gnaͤdige
Herren hierunter behutſam gehen wol-
ten, und damit ihre niedrige Lehen-Leu-
te ſich deſto weniger zu beklagen Urſach
haben moͤgen, mir Gnaͤdig befohlen, mich,
auff was zulaͤſſige Weiſe und durch was
Gradus ſie von ihrem Ungehorſam, und
daraus entſprungener Verweigerung,
auch vorgenommener eigenmaͤſſiger Zu-
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geſtrafft werden, und wie wider ſie diß-
falls zu verhalten ſeyn moͤge, rechtlichen
informiren zu laſſen;
Als iſt und gelanget an die Herren
mein dienſtfreundlich Bitten, ſie wollen
das Werck Collegialiter erwegen u. mich
hierunter des Rechtens mit Beyfuͤgung
derer Rationum dubitandi & decidendi
in einem verſchloſſenen Verſpruch ſonder
Beſchwerde verſtaͤndigen; Das bin umb
dieſelben ich zu verdienen willig.
Chriſtoph Philipp. Richter.
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/639>, abgerufen am 19.05.2024.
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