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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] vor die Rose ein bewährtes Mittel seyn,
anderer dergleichen medicinischer Din-
ge mehr, so mir eben nicht allzu bekant sind,
zu geschweigen. Wormit ich des Hasens
Eigenschafft Beschreibung beschliesse und
mich zu denen Caninen, so einige Gleich-
heit mit demselben haben, wende. Was
nun die Caninen, Carnickel, oder, wie es
manche nennen, Königlein betrifft, wel-
che zwar hier zu Lande nicht in so gros-
ser Menge, als in Braband, oder denen
Clevischen Landen, auch in Engelland
und Franckreich anzutreffen, und wie
mir es vorkommt, gleichsam der Hasen
Zwerge zu nennen sind, indem sie nicht
allein dergestalt an Gliedern, an gewöhn-
licher Farbe und aller Zubehör, sondern
auch an der Natur und Eigenschafft in
allen Stücken denen Hasen gleichen, nur
daß solche, wie gemeldt, mercklich kleiner
und geschwinder sind, ihre Wohnung a-
ber in der Erde nehmen. Sie werden
[Spaltenumbruch] daselbst mit dem Fredel oder Zahm ge-
machten Jltniß, aus ihren Höhlen ins
Gärnlein getrieben und gefangen, und
wird der Fredel mit einem Leder verwah-
ret, daß er nicht beissen kan und ihm
ein Schellgen angehangen, umb die
Caninen mit mehrer Furcht zu jagen. Sie
sind sehr fruchtbar und kan ein Männ-
lein wohl zehen Weiblein begatten, maas-
sen sie alle Monat meistens Junge ha-
ben, welche blind gebohren werden. Es
stopffet sodann das Weiblein die Löcher
zu, worinnen die Jungen liegen; weiln das
Männlein die Jungen würgen soll: Sie
graben ihre Löcher, oder Gebäude nicht
in sandigten, da es nachfallen mögte,
sondern in leimigten Boden, an Hügel
oder Berge, gegen die Sonne. Jhre
Nahrung nehmen sie von Graß, Saat,
Kräutern und Pfläntzgen, wohnen auch
in Sträuchern.

Von dem Wolffe.
[Spaltenumbruch]

Unter denen hier zu Lande bekante-
sten Raub-Thieren ist wohl sonder Zweif-
fel der Wolff das schädlichste und arg-
listigste zu nennen, welches der Grosse
GOtt dem menschlichen Geschlechte, auch
sowohl zahmen, als wilden Thieren, zu
sonderbarer Straffe erschaffen, indem
derselbe nicht allein auf der Weyde und
Feldern, sonderlich in denen Horden des
Nachts, sondern auch am Tage die
Schaafe, das Rind-Vieh, die Pferde,
auch wohl das Wildprät in Wäldern, ja
offte gar in Dörffern, Gärten und
Strassen die Menschen angreiffet, zer-
reisset und frisset. Sie vermehren sich
in Wildnissen oder grossen Brüchen,
Stein-Felßen, Löchern und Behältnis-
sen, doch mehrentheils in Kriegs-Zeiten,
weiln zu solcher Zeit ihnen Niemand
nachstellet, sondern sie sich vielmehr we-
gen des Raubes der Cörper von Men-
schen, Pferden, Ochsen und anderm Vieh,
so zu selbiger Zeit erschlagen werden,
mehren und von andern Ländern dahin
ziehen: Jn Friedens-Zeit aber werden
dieselben mehr gefangen und ausgerot-
tet. Die Wölffin setzet ihre Jungen,
nachdem sie im Christ-Monat in denen
zwölff Nächten, läuffisch gewesen und
zwey Monat und eine Woche lang
getragen. Sie wirfft so viel Jungen im
Frühling, als wie die Hunde, welche
blind gebohren werden und also neun Ta-
ge bleiben: Sie lässet die Jungen mit
[Spaltenumbruch] allem Fleiß saugen und bringet ihnen
lebendige Junge Rehe, Frischlinge, Ha-
sen, Lämmer und dergleichen, daran
lernen sie würgen, fallen grimmig an
und füllen sich, daß sie auffspringen
möchten. Sie bleiben bey ihrer Alten,
biß sie wiederum läuffisch wird. Wann
der Wolff zwey Jahr alt wird, so kan
er schon vollkommen mit lauffen, fan-
gen und rauben, und ist alsdenn sehr
geschwind und gänge; jedoch nicht so groß
und starck, als die Alten, auch ziemlich
lichter und wollichter von Haaren. Wann
man sie klein findet, kan man sie un-
ter Hunden zu saugen und mit Brod zu
füttern, zahm aufferziehen, allein sie
bleiben nicht über ein halb Jahr zahm,
ob sie sich noch wohl so gut anstellen, und
lassen ihre Mucken nicht, sondern fan-
gen an die jungen Hünner, Gänse oder
Endten und anderes Vieh anzufallen,
zu würgen und zu beissen. Vieh und
Hunden, auch wohl gar denen Kin-
dern Schaden zu thun; ist also nicht
rathsam. Die Wölffe wechseln weit,
in unterschiedenen Wald-Revieren her-
umb, haben an etlichen Orten ihr Lager,
und so sie was gefangen, legen sie sich
nicht weit davon nieder. Wann etliche
Wölffe beysammen, suchen sie des Nachts
an einem andern Ort über Feld ihre
Nahrung und traben öffters in einer
Fährde weit weg, sonderlich in tieffem
Schnee, als wenn es nur einer gewesen

wäre:

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] vor die Roſe ein bewaͤhrtes Mittel ſeyn,
anderer dergleichen mediciniſcher Din-
ge mehr, ſo mir ebẽ nicht allzu bekant ſind,
zu geſchweigen. Wormit ich des Haſens
Eigenſchafft Beſchreibung beſchlieſſe und
mich zu denen Caninen, ſo einige Gleich-
heit mit demſelben haben, wende. Was
nun die Caninen, Carnickel, oder, wie es
manche nennen, Koͤniglein betrifft, wel-
che zwar hier zu Lande nicht in ſo groſ-
ſer Menge, als in Braband, oder denen
Cleviſchen Landen, auch in Engelland
und Franckreich anzutreffen, und wie
mir es vorkommt, gleichſam der Haſen
Zwerge zu nennen ſind, indem ſie nicht
allein dergeſtalt an Gliedern, an gewoͤhn-
licher Farbe und aller Zubehoͤr, ſondern
auch an der Natur und Eigenſchafft in
allen Stuͤcken denen Haſen gleichen, nur
daß ſolche, wie gemeldt, mercklich kleiner
und geſchwinder ſind, ihre Wohnung a-
ber in der Erde nehmen. Sie werden
[Spaltenumbruch] daſelbſt mit dem Fredel oder Zahm ge-
machten Jltniß, aus ihren Hoͤhlen ins
Gaͤrnlein getrieben und gefangen, und
wird der Fredel mit einem Leder verwah-
ret, daß er nicht beiſſen kan und ihm
ein Schellgen angehangen, umb die
Caninen mit mehrer Furcht zu jagen. Sie
ſind ſehr fruchtbar und kan ein Maͤnn-
lein wohl zehen Weiblein begatten, maaſ-
ſen ſie alle Monat meiſtens Junge ha-
ben, welche blind gebohren werden. Es
ſtopffet ſodann das Weiblein die Loͤcher
zu, woꝛinnen die Jungen liegen; weiln das
Maͤnnlein die Jungen wuͤrgen ſoll: Sie
graben ihre Loͤcher, oder Gebaͤude nicht
in ſandigten, da es nachfallen moͤgte,
ſondern in leimigten Boden, an Huͤgel
oder Berge, gegen die Sonne. Jhre
Nahrung nehmen ſie von Graß, Saat,
Kraͤutern und Pflaͤntzgen, wohnen auch
in Straͤuchern.

Von dem Wolffe.
[Spaltenumbruch]

Unter denen hier zu Lande bekante-
ſten Raub-Thieren iſt wohl ſonder Zweif-
fel der Wolff das ſchaͤdlichſte und arg-
liſtigſte zu nennen, welches der Groſſe
GOtt dem menſchlichen Geſchlechte, auch
ſowohl zahmen, als wilden Thieren, zu
ſonderbarer Straffe erſchaffen, indem
derſelbe nicht allein auf der Weyde und
Feldern, ſonderlich in denen Horden des
Nachts, ſondern auch am Tage die
Schaafe, das Rind-Vieh, die Pferde,
auch wohl das Wildpraͤt in Waͤldern, ja
offte gar in Doͤrffern, Gaͤrten und
Straſſen die Menſchen angreiffet, zer-
reiſſet und friſſet. Sie vermehren ſich
in Wildniſſen oder groſſen Bruͤchen,
Stein-Felßen, Loͤchern und Behaͤltniſ-
ſen, doch mehrentheils in Kriegs-Zeiten,
weiln zu ſolcher Zeit ihnen Niemand
nachſtellet, ſondern ſie ſich vielmehr we-
gen des Raubes der Coͤrper von Men-
ſchen, Pferden, Ochſen und anderm Vieh,
ſo zu ſelbiger Zeit erſchlagen werden,
mehren und von andern Laͤndern dahin
ziehen: Jn Friedens-Zeit aber werden
dieſelben mehr gefangen und ausgerot-
tet. Die Woͤlffin ſetzet ihre Jungen,
nachdem ſie im Chriſt-Monat in denen
zwoͤlff Naͤchten, laͤuffiſch geweſen und
zwey Monat und eine Woche lang
getragen. Sie wirfft ſo viel Jungen im
Fruͤhling, als wie die Hunde, welche
blind gebohren werden und alſo neun Ta-
ge bleiben: Sie laͤſſet die Jungen mit
[Spaltenumbruch] allem Fleiß ſaugen und bringet ihnen
lebendige Junge Rehe, Friſchlinge, Ha-
ſen, Laͤmmer und dergleichen, daran
lernen ſie wuͤrgen, fallen grimmig an
und fuͤllen ſich, daß ſie auffſpringen
moͤchten. Sie bleiben bey ihrer Alten,
biß ſie wiederum laͤuffiſch wird. Wann
der Wolff zwey Jahr alt wird, ſo kan
er ſchon vollkommen mit lauffen, fan-
gen und rauben, und iſt alsdenn ſehr
geſchwind und gaͤnge; jedoch nicht ſo groß
und ſtarck, als die Alten, auch ziemlich
lichter und wollichter von Haaren. Wann
man ſie klein findet, kan man ſie un-
ter Hunden zu ſaugen und mit Brod zu
fuͤttern, zahm aufferziehen, allein ſie
bleiben nicht uͤber ein halb Jahr zahm,
ob ſie ſich noch wohl ſo gut anſtellen, und
laſſen ihre Mucken nicht, ſondern fan-
gen an die jungen Huͤnner, Gaͤnſe oder
Endten und anderes Vieh anzufallen,
zu wuͤrgen und zu beiſſen. Vieh und
Hunden, auch wohl gar denen Kin-
dern Schaden zu thun; iſt alſo nicht
rathſam. Die Woͤlffe wechſeln weit,
in unterſchiedenen Wald-Revieren her-
umb, haben an etlichen Orten ihr Lager,
und ſo ſie was gefangen, legen ſie ſich
nicht weit davon nieder. Wann etliche
Woͤlffe beyſammen, ſuchen ſie des Nachts
an einem andern Ort uͤber Feld ihre
Nahrung und traben oͤffters in einer
Faͤhrde weit weg, ſonderlich in tieffem
Schnee, als wenn es nur einer geweſen

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[106/0202] Anderer Theil/ vor die Roſe ein bewaͤhrtes Mittel ſeyn, anderer dergleichen mediciniſcher Din- ge mehr, ſo mir ebẽ nicht allzu bekant ſind, zu geſchweigen. Wormit ich des Haſens Eigenſchafft Beſchreibung beſchlieſſe und mich zu denen Caninen, ſo einige Gleich- heit mit demſelben haben, wende. Was nun die Caninen, Carnickel, oder, wie es manche nennen, Koͤniglein betrifft, wel- che zwar hier zu Lande nicht in ſo groſ- ſer Menge, als in Braband, oder denen Cleviſchen Landen, auch in Engelland und Franckreich anzutreffen, und wie mir es vorkommt, gleichſam der Haſen Zwerge zu nennen ſind, indem ſie nicht allein dergeſtalt an Gliedern, an gewoͤhn- licher Farbe und aller Zubehoͤr, ſondern auch an der Natur und Eigenſchafft in allen Stuͤcken denen Haſen gleichen, nur daß ſolche, wie gemeldt, mercklich kleiner und geſchwinder ſind, ihre Wohnung a- ber in der Erde nehmen. Sie werden daſelbſt mit dem Fredel oder Zahm ge- machten Jltniß, aus ihren Hoͤhlen ins Gaͤrnlein getrieben und gefangen, und wird der Fredel mit einem Leder verwah- ret, daß er nicht beiſſen kan und ihm ein Schellgen angehangen, umb die Caninen mit mehrer Furcht zu jagen. Sie ſind ſehr fruchtbar und kan ein Maͤnn- lein wohl zehen Weiblein begatten, maaſ- ſen ſie alle Monat meiſtens Junge ha- ben, welche blind gebohren werden. Es ſtopffet ſodann das Weiblein die Loͤcher zu, woꝛinnen die Jungen liegen; weiln das Maͤnnlein die Jungen wuͤrgen ſoll: Sie graben ihre Loͤcher, oder Gebaͤude nicht in ſandigten, da es nachfallen moͤgte, ſondern in leimigten Boden, an Huͤgel oder Berge, gegen die Sonne. Jhre Nahrung nehmen ſie von Graß, Saat, Kraͤutern und Pflaͤntzgen, wohnen auch in Straͤuchern. Von dem Wolffe. Unter denen hier zu Lande bekante- ſten Raub-Thieren iſt wohl ſonder Zweif- fel der Wolff das ſchaͤdlichſte und arg- liſtigſte zu nennen, welches der Groſſe GOtt dem menſchlichen Geſchlechte, auch ſowohl zahmen, als wilden Thieren, zu ſonderbarer Straffe erſchaffen, indem derſelbe nicht allein auf der Weyde und Feldern, ſonderlich in denen Horden des Nachts, ſondern auch am Tage die Schaafe, das Rind-Vieh, die Pferde, auch wohl das Wildpraͤt in Waͤldern, ja offte gar in Doͤrffern, Gaͤrten und Straſſen die Menſchen angreiffet, zer- reiſſet und friſſet. Sie vermehren ſich in Wildniſſen oder groſſen Bruͤchen, Stein-Felßen, Loͤchern und Behaͤltniſ- ſen, doch mehrentheils in Kriegs-Zeiten, weiln zu ſolcher Zeit ihnen Niemand nachſtellet, ſondern ſie ſich vielmehr we- gen des Raubes der Coͤrper von Men- ſchen, Pferden, Ochſen und anderm Vieh, ſo zu ſelbiger Zeit erſchlagen werden, mehren und von andern Laͤndern dahin ziehen: Jn Friedens-Zeit aber werden dieſelben mehr gefangen und ausgerot- tet. Die Woͤlffin ſetzet ihre Jungen, nachdem ſie im Chriſt-Monat in denen zwoͤlff Naͤchten, laͤuffiſch geweſen und zwey Monat und eine Woche lang getragen. Sie wirfft ſo viel Jungen im Fruͤhling, als wie die Hunde, welche blind gebohren werden und alſo neun Ta- ge bleiben: Sie laͤſſet die Jungen mit allem Fleiß ſaugen und bringet ihnen lebendige Junge Rehe, Friſchlinge, Ha- ſen, Laͤmmer und dergleichen, daran lernen ſie wuͤrgen, fallen grimmig an und fuͤllen ſich, daß ſie auffſpringen moͤchten. Sie bleiben bey ihrer Alten, biß ſie wiederum laͤuffiſch wird. Wann der Wolff zwey Jahr alt wird, ſo kan er ſchon vollkommen mit lauffen, fan- gen und rauben, und iſt alsdenn ſehr geſchwind und gaͤnge; jedoch nicht ſo groß und ſtarck, als die Alten, auch ziemlich lichter und wollichter von Haaren. Wann man ſie klein findet, kan man ſie un- ter Hunden zu ſaugen und mit Brod zu fuͤttern, zahm aufferziehen, allein ſie bleiben nicht uͤber ein halb Jahr zahm, ob ſie ſich noch wohl ſo gut anſtellen, und laſſen ihre Mucken nicht, ſondern fan- gen an die jungen Huͤnner, Gaͤnſe oder Endten und anderes Vieh anzufallen, zu wuͤrgen und zu beiſſen. Vieh und Hunden, auch wohl gar denen Kin- dern Schaden zu thun; iſt alſo nicht rathſam. Die Woͤlffe wechſeln weit, in unterſchiedenen Wald-Revieren her- umb, haben an etlichen Orten ihr Lager, und ſo ſie was gefangen, legen ſie ſich nicht weit davon nieder. Wann etliche Woͤlffe beyſammen, ſuchen ſie des Nachts an einem andern Ort uͤber Feld ihre Nahrung und traben oͤffters in einer Faͤhrde weit weg, ſonderlich in tieffem Schnee, als wenn es nur einer geweſen waͤre:

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/202>, abgerufen am 26.11.2024.