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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] im Februario junge Hasen, wiewohl sie
wegen der grossen Kälte und des Schne-
es meist erfrieren müssen; Wenn aber
ein harter Winter einfällt, lassen sie die-
se Kurtzweile bleiben. Sonsten setzet die
Satz-Häsin ordentlicher Weise im Mar-
tio,
wo alt Graß, dicke Saat oder Far-
ren-Kraut ist, in Sträuchlein oder an ein
Erd-Hüglein eines oder zwey Jungen,
nachdem sie alt ist. Wann ein Fuchs
oder Hund nahe an die Jungen kommt,
stellet sich die Häsin, ob sie lahm wäre,
daß er ihr nachlauffe und sie ihn abfüh-
ren könne, damit er die Jungen nicht
raube. Wann die Jungen ein wenig
älter werden, so verbergen sie sich selb-
sten. Der andere Satz geschiehet im Ma-
jo
schon besser, und bekommen meistens
dreye. Beym dritten Satz, so im Julio
geschieht, bekommen sie bißweilen vier
biß sechs Jungen, die sie schon besser im
Geträyde verbergen können. Jm Se-
ptembri
oder zur Erndte-Zeit geschicht
der vierdte Satz, bißweilen auch nicht,
nachdem sie Friede haben. Es haben die
Alten gesagt, der Haase gehe des Früh-
lings nur selbander zu Felde, kehre
aber umb Bartholomaei selb funffzehen
biß siebenzehen wieder zurücke; Wie-
wohl nach einiger Meynung die Hasen
fast alle Monat setzen sollen, ausser im
November und December nicht. Die
Häsin ist eine untreue Mutter, lässet ih-
re Jungen nicht über sechs Tage saugen,
dann verläst sie dieselben und läufft aus
grosser Geylheit dem Rammler wieder
nach, welcher die Jungen, wann er sie
frisch findet, auffrist, damit er die Hä-
sin wiederumb zur Geylheit brauchen
möge. Der Rammler ist insgemein ge-
schwind und kleiner, hat einen kurtzen
mollechten Kopff, lange Haare am Ba-
cken und Barth: Die Ohren sind kurtz,
breit und weißlicht, welche er steiff trä-
get und im Sitzen und Horchen eins nach
dem andern geschwind in die Höhe re-
cket; im Lager aber die Ohren nach dem
Halß beysammen leget. Auff dem Rü-
cken ist das Haar schwartztöpfflicht: Die
Vorder-Blätter und Schultern roth,
hinten herumb weiß, als wenn er
berupffet wäre. Der Satz-Hase
aber hat einen längerern und schmäh-
lern Kopff, bißweiln auch ein Bläß-
lein auf der Stirn, grosse lappichte et-
was hangende Ohren. Jst nicht so
geschwinde; Auf dem Rücken falbicht
und graulicht auf denen Schultern, hat
[Spaltenumbruch] nicht viel röthlichtes, sondern ist meist
aschefarb; Jm Lager hänget sie die Oh-
ren neben dem Kopff zur Erden; Sitzet
mit dem Hintertheil gerne hoch. Die
Hasen, wenn sie ja Friede haben, le-
ben niemahls über acht biß zehen Jahr
und dieses wegen ihrer bekanten allzu
grossen Geylheit, sie schlaffen mit offe-
nen Augen und haben leise Gehör.
Wann sie Abends nach dem Felde wol-
len, sehen sie sich wohl umb, ehe sie nach
dem Graß hüppeln und sich äßen, wann
Jemand kommt, drücken sie sich an die
Erden lang und breit: Wenn aber das
Korn oder Graß noch zu klein, so reissen
sie aus, sind sie eine Weile gelauffen, se-
hen sie sich umb und machen ein Männ-
gen. Wann ein Hase von einem kleinen
Hündgen gestöhret wird, so laufft er
zwar fort, machet aber etliche Absprün-
ge und kommt richtig wieder dahin.
Wird er aber von Treibern getrieben,
drucket er sich, biß sie vorbey, dann reist
er aus. Sein Lager pfleget er allewe-
ge zu machen an einem Hügel, Furche,
Stamm oder Wurtzel, alt Graß oder
Farren-Kraut, gräbet vor sich eine läng-
liche Grube gegen den Wind, setzet sich
mit dem Hintern rückwärts hinein, daß
er der Erden fast gleich sey und rücket sich
zusammen an den Rändern beym Thau-
Wetter in die Mist-Stücken, oder
Sturtz-Aecker, biß die Saat wächset.
Nach der Erndte in Schwaden, Fur-
chen, Kraut-Aecker und dergleichen;
Jm Winter aber in Wind-Wehen nach
der Gedult. Wo ein Hase gesetzet wird,
bleibet er am liebsten; Also giebet es Holtz-
Hasen, die insgemein stärcker und nicht
weit zu Felde gehen, auch Herbst-Eicheln
und andere Kräuter essen, und Feld-Ha-
sen, die nur stets in Feldern liegen und von
der Saat, Haber und Kraut sich äßen,
des Winters aber Mispeln, birckene
Rinde, wie auch die von Obst-Bäumen
abschaben und geniessen, und des Win-
ters die gantze Nacht mit so vielen Spuh-
ren, Wiedergängen, und Absprüngen
vorsichtig herumb lauffen, daß man sie
nicht finden solle: Nemlich wann ein
Hase vom Felde zu Holtze gehet und
sein Lager abgesehen hat, kehret er auf
selbiger Fahrd zu rücke und springet zur
Seite ab, laufft wieder etliche Schritt
und thut abermahl einen Absprung,
manchmahl noch mehr, biß er ins La-
ger einen Sprung thut, zu seiner Si-
cherheit. Wann sie gejaget werden,

lauf-

Anderer Theil/
[Spaltenumbruch] im Februario junge Haſen, wiewohl ſie
wegen der groſſen Kaͤlte und des Schne-
es meiſt erfrieren muͤſſen; Wenn aber
ein harter Winter einfaͤllt, laſſen ſie die-
ſe Kurtzweile bleiben. Sonſten ſetzet die
Satz-Haͤſin ordentlicher Weiſe im Mar-
tio,
wo alt Graß, dicke Saat oder Far-
ren-Kraut iſt, in Straͤuchlein oder an ein
Erd-Huͤglein eines oder zwey Jungen,
nachdem ſie alt iſt. Wann ein Fuchs
oder Hund nahe an die Jungen kommt,
ſtellet ſich die Haͤſin, ob ſie lahm waͤre,
daß er ihr nachlauffe und ſie ihn abfuͤh-
ren koͤnne, damit er die Jungen nicht
raube. Wann die Jungen ein wenig
aͤlter werden, ſo verbergen ſie ſich ſelb-
ſten. Der andere Satz geſchiehet im Ma-
jo
ſchon beſſer, und bekommen meiſtens
dreye. Beym dritten Satz, ſo im Julio
geſchieht, bekommen ſie bißweilen vier
biß ſechs Jungen, die ſie ſchon beſſer im
Getraͤyde verbergen koͤnnen. Jm Se-
ptembri
oder zur Erndte-Zeit geſchicht
der vierdte Satz, bißweilen auch nicht,
nachdem ſie Friede haben. Es haben die
Alten geſagt, der Haaſe gehe des Fruͤh-
lings nur ſelbander zu Felde, kehre
aber umb Bartholomæi ſelb funffzehen
biß ſiebenzehen wieder zuruͤcke; Wie-
wohl nach einiger Meynung die Haſen
faſt alle Monat ſetzen ſollen, auſſer im
November und December nicht. Die
Haͤſin iſt eine untreue Mutter, laͤſſet ih-
re Jungen nicht uͤber ſechs Tage ſaugen,
dann verlaͤſt ſie dieſelben und laͤufft aus
groſſer Geylheit dem Rammler wieder
nach, welcher die Jungen, wann er ſie
friſch findet, auffriſt, damit er die Haͤ-
ſin wiederumb zur Geylheit brauchen
moͤge. Der Rammler iſt insgemein ge-
ſchwind und kleiner, hat einen kurtzen
mollechten Kopff, lange Haare am Ba-
cken und Barth: Die Ohren ſind kurtz,
breit und weißlicht, welche er ſteiff traͤ-
get und im Sitzen und Horchen eins nach
dem andern geſchwind in die Hoͤhe re-
cket; im Lager aber die Ohren nach dem
Halß beyſammen leget. Auff dem Ruͤ-
cken iſt das Haar ſchwartztoͤpfflicht: Die
Vorder-Blaͤtter und Schultern roth,
hinten herumb weiß, als wenn er
berupffet waͤre. Der Satz-Haſe
aber hat einen laͤngerern und ſchmaͤh-
lern Kopff, bißweiln auch ein Blaͤß-
lein auf der Stirn, groſſe lappichte et-
was hangende Ohren. Jſt nicht ſo
geſchwinde; Auf dem Ruͤcken falbicht
und graulicht auf denen Schultern, hat
[Spaltenumbruch] nicht viel roͤthlichtes, ſondern iſt meiſt
aſchefarb; Jm Lager haͤnget ſie die Oh-
ren neben dem Kopff zur Erden; Sitzet
mit dem Hintertheil gerne hoch. Die
Haſen, wenn ſie ja Friede haben, le-
ben niemahls uͤber acht biß zehen Jahr
und dieſes wegen ihrer bekanten allzu
groſſen Geylheit, ſie ſchlaffen mit offe-
nen Augen und haben leiſe Gehoͤr.
Wann ſie Abends nach dem Felde wol-
len, ſehen ſie ſich wohl umb, ehe ſie nach
dem Graß huͤppeln und ſich aͤßen, wann
Jemand kommt, druͤcken ſie ſich an die
Erden lang und breit: Wenn aber das
Korn oder Graß noch zu klein, ſo reiſſen
ſie aus, ſind ſie eine Weile gelauffen, ſe-
hen ſie ſich umb und machen ein Maͤnn-
gen. Wann ein Haſe von einem kleinen
Huͤndgen geſtoͤhret wird, ſo laufft er
zwar fort, machet aber etliche Abſpruͤn-
ge und kommt richtig wieder dahin.
Wird er aber von Treibern getrieben,
drucket er ſich, biß ſie vorbey, dann reiſt
er aus. Sein Lager pfleget er allewe-
ge zu machen an einem Huͤgel, Furche,
Stamm oder Wurtzel, alt Graß oder
Farren-Kraut, graͤbet vor ſich eine laͤng-
liche Grube gegen den Wind, ſetzet ſich
mit dem Hintern ruͤckwaͤrts hinein, daß
er der Erden faſt gleich ſey und ruͤcket ſich
zuſammen an den Raͤndern beym Thau-
Wetter in die Miſt-Stuͤcken, oder
Sturtz-Aecker, biß die Saat waͤchſet.
Nach der Erndte in Schwaden, Fur-
chen, Kraut-Aecker und dergleichen;
Jm Winter aber in Wind-Wehen nach
der Gedult. Wo ein Haſe geſetzet wird,
bleibet er am liebſten; Alſo giebet es Holtz-
Haſen, die insgemein ſtaͤrcker und nicht
weit zu Felde gehen, auch Herbſt-Eicheln
und andere Kraͤuter eſſen, und Feld-Ha-
ſen, die nur ſtets in Feldern liegen und von
der Saat, Haber und Kraut ſich aͤßen,
des Winters aber Miſpeln, birckene
Rinde, wie auch die von Obſt-Baͤumen
abſchaben und genieſſen, und des Win-
ters die gantze Nacht mit ſo vielen Spuh-
ren, Wiedergaͤngen, und Abſpruͤngen
vorſichtig herumb lauffen, daß man ſie
nicht finden ſolle: Nemlich wann ein
Haſe vom Felde zu Holtze gehet und
ſein Lager abgeſehen hat, kehret er auf
ſelbiger Fahrd zu ruͤcke und ſpringet zur
Seite ab, laufft wieder etliche Schritt
und thut abermahl einen Abſprung,
manchmahl noch mehr, biß er ins La-
ger einen Sprung thut, zu ſeiner Si-
cherheit. Wann ſie gejaget werden,

lauf-
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/200>, abgerufen am 26.11.2024.