[Spaltenumbruch]
gen man sie auch nicht gerne im Gehä- ge bey dem hohen Roth-Wildpräth dul- det. Sonst ist es zu speisen unter an- dern gar ein liebliches delicates Wild- [Spaltenumbruch]
präth, in Wacholder-Beer eingemacht; Sonderlich haben sie feste und zarte Häute.
Von dem Schwein.
[Spaltenumbruch]
Wie der Hirsch ein edeles, also wird das wilde Schwein ein ritterliches Thier genannt, maassen es ihm niemahls an Muth und Hertze fehlet. So es ange- troffen wird, hält es ungescheuet aus, und tritt seinem Feind unerschrocken un- ter die Augen, ja überläufft öffters so wohl Hunde, als Jäger, und achtet we- der Spieß, Lantze, Schuß, noch Stiche, wird vielmehr dadurch erhitzter und ver- ursacht seinem Wiederpart durch seine Waffen Schaden genung: Jst von hi- tziger Eigenschafft nach seiner Natur. Das weibliche, so man eine Bache nen- net, nachdem es in der Brunfft umb Advent empfangen hat, träget ungefehr achtzehen biß zwantzig Wochen und setzet des Frühlings darauff umb die Fasten- Zeit im Mäy-Monat ihre Frischlinge, welche in wenig Tagen in Mutterleibe gebildet und so sie die Helffte erlanget, ebenfalls erwachen und lebendig wer- den. Die Ameiß- Hauffen und warme Brücher, Qvellen und Dickigte dienen ihnen des Winters zur Wärme. Sie wandern des Nachts nach denen Eicheln, und Buch-Mast sehr weit. Die wilden Sauen werden das Schwartz-Wild, wie die Hirsche das Roth-Wild genennet, und haben ihre Mast des Herbsts- und Win- ters-Zeit von Eicheln und Buch-Mast, wie auch von Hasel-Nüssen, Erd-Wür- mern, Farren-Wurtzeln und andern mehr. Zu solcher Zeit halten sich ins- gemein gantze Rudel Sauen beysammen auff und wehren sich vor allen ohne Furcht. Wann ihre Satz-Zeit herbey kömmt, so ebenfalls meistens zwischen Ostern und Pfingsten geschiehet, suchet eine jede Bache ihr einen absonderlichen Ort aus, die Frischlinge zu setzen, da sie sich ernehren können, hält sich nahe bey ihren Frischlingen auff, umb denselben zur Zeit der Noth beyzustehen und sie zu beschützen. Die kleinen Frischlinge sind zu Anfang ihrer Jugend rothfälbigt mit schwartzen und weissen Streiffen, lauf- fen mit der Bache hin und wieder. Und sobald die alte gruntzet, stieben sie in ei- nem Augenblick auff zehen Schritt hin und wieder von einander, ins alte Graß, [Spaltenumbruch]
Schilff, Laub, Graben, Höhlen und Lö- cher, oder in die Sträucher, fallen nie- der und drücken sich zur Erde, liegen still und lauren, biß die Alte ein Zeichen giebt, dann sammlen sie sich wiederum. Sie hören scharff und üben sich von Ju- gend auff im Hauen und Kämpffen, weil sie ihre Zähne gleich mit auff die Welt bringen und dererselben nicht mehr, sondern nur diese ferner in die Länge und Stärcke wachsen, und zwar so, daß die vier vordersten, als zwey un- ten, und zwey oben, und bey denen Käu- lern oder Schweinen insonderheit die zur Seite herausstehende am längsten und schärffsten wachsen, worauff sie sich ver- lassen müssen. Des Morgends, Mit- tags und Abends, so die alte kömmt, giebt sie ihnen ein Zeichen, worauff die Jun- gen augenblicklich als die Mäuse zusam- men lauffen: die alte wirfft sich darnie- der und die Jungen saugen an ihr; So aber Jemand in Abwesenheit der Alten einen Frischling haschen wolte, und sie hörete es schreyen, würde sie denselben anfahren, über einen Hauffen werffen und übel zurichten. So die Frischlinge acht biß zehen Tage alt, lauffen sie wei- ter darvon, daß man sie so leicht nicht finden kan, oder reissen aus mit der Ba- che in andere Behältnisse. Wann die alte Bache den Sommer über sie saugen lässet, so vergehen ihnen die bunten Haa- re, davon man im Herbste nichts mehr sehen kan, und so die alte gebrochen, ge- hen die jungen in den Bruch und nehren sich von dem, was sie übrig finden, von al- lerley Wurtzeln, Erd-Mast u. Würmern, biß sie nach und nach die Eicheln und Buch-Eckern beissen lernen. So bald sie derer Wege ein wenig kundig werden, lauffen sie vor der Bache her, welche ih- nen alle Gelegenheit weiset, wo sie sicher sind oder nicht. Wann aber die Bache wiederumb gebrunfftet, und des Früh- lings darauff andere Frischlinge setzet, so werden die erstern von ihr getrieben und, da nun solche weichen müssen, hal- ten sie sich zusammen und nehren sich so gut, als sie können. Jm andern Jahre zur Satz-Zeit im Sommer, werden sie
jähri-
Anderer Theil/
[Spaltenumbruch]
gen man ſie auch nicht gerne im Gehaͤ- ge bey dem hohen Roth-Wildpraͤth dul- det. Sonſt iſt es zu ſpeiſen unter an- dern gar ein liebliches delicates Wild- [Spaltenumbruch]
praͤth, in Wacholder-Beer eingemacht; Sonderlich haben ſie feſte und zarte Haͤute.
Von dem Schwein.
[Spaltenumbruch]
Wie der Hirſch ein edeles, alſo wird das wilde Schwein ein ritterliches Thier genannt, maaſſen es ihm niemahls an Muth und Hertze fehlet. So es ange- troffen wird, haͤlt es ungeſcheuet aus, und tritt ſeinem Feind unerſchrocken un- ter die Augen, ja uͤberlaͤufft oͤffters ſo wohl Hunde, als Jaͤger, und achtet we- der Spieß, Lantze, Schuß, noch Stiche, wird vielmehr dadurch erhitzter und ver- urſacht ſeinem Wiederpart durch ſeine Waffen Schaden genung: Jſt von hi- tziger Eigenſchafft nach ſeiner Natur. Das weibliche, ſo man eine Bache nen- net, nachdem es in der Brunfft umb Advent empfangen hat, traͤget ungefehr achtzehen biß zwantzig Wochen und ſetzet des Fruͤhlings darauff umb die Faſten- Zeit im Maͤy-Monat ihre Friſchlinge, welche in wenig Tagen in Mutterleibe gebildet und ſo ſie die Helffte erlanget, ebenfalls erwachen und lebendig wer- den. Die Ameiß- Hauffen und warme Bruͤcher, Qvellen und Dickigte dienen ihnen des Winters zur Waͤrme. Sie wandern des Nachts nach denen Eicheln, und Buch-Maſt ſehr weit. Die wilden Sauen werden das Schwartz-Wild, wie die Hirſche das Roth-Wild genennet, und haben ihre Maſt des Herbſts- und Win- ters-Zeit von Eicheln und Buch-Maſt, wie auch von Haſel-Nuͤſſen, Erd-Wuͤr- mern, Farren-Wurtzeln und andern mehr. Zu ſolcher Zeit halten ſich ins- gemein gantze Rudel Sauen beyſammen auff und wehren ſich vor allen ohne Furcht. Wann ihre Satz-Zeit herbey koͤmmt, ſo ebenfalls meiſtens zwiſchen Oſtern und Pfingſten geſchiehet, ſuchet eine jede Bache ihr einen abſonderlichen Ort aus, die Friſchlinge zu ſetzen, da ſie ſich ernehren koͤnnen, haͤlt ſich nahe bey ihren Friſchlingen auff, umb denſelben zur Zeit der Noth beyzuſtehen und ſie zu beſchuͤtzen. Die kleinen Friſchlinge ſind zu Anfang ihrer Jugend rothfaͤlbigt mit ſchwartzen und weiſſen Streiffen, lauf- fen mit der Bache hin und wieder. Und ſobald die alte gruntzet, ſtieben ſie in ei- nem Augenblick auff zehen Schritt hin und wieder von einander, ins alte Graß, [Spaltenumbruch]
Schilff, Laub, Graben, Hoͤhlen und Loͤ- cher, oder in die Straͤucher, fallen nie- der und druͤcken ſich zur Erde, liegen ſtill und lauren, biß die Alte ein Zeichen giebt, dann ſammlen ſie ſich wiederum. Sie hoͤren ſcharff und uͤben ſich von Ju- gend auff im Hauen und Kaͤmpffen, weil ſie ihre Zaͤhne gleich mit auff die Welt bringen und dererſelben nicht mehr, ſondern nur dieſe ferner in die Laͤnge und Staͤrcke wachſen, und zwar ſo, daß die vier vorderſten, als zwey un- ten, und zwey oben, und bey denen Kaͤu- lern oder Schweinen inſonderheit die zur Seite herausſtehende am laͤngſten und ſchaͤrffſten wachſen, worauff ſie ſich ver- laſſen muͤſſen. Des Morgends, Mit- tags und Abends, ſo die alte koͤmmt, giebt ſie ihnen ein Zeichen, worauff die Jun- gen augenblicklich als die Maͤuſe zuſam- men lauffen: die alte wirfft ſich darnie- der und die Jungen ſaugen an ihr; So aber Jemand in Abweſenheit der Alten einen Friſchling haſchen wolte, und ſie hoͤrete es ſchreyen, wuͤrde ſie denſelben anfahren, uͤber einen Hauffen werffen und uͤbel zurichten. So die Friſchlinge acht biß zehen Tage alt, lauffen ſie wei- ter darvon, daß man ſie ſo leicht nicht finden kan, oder reiſſen aus mit der Ba- che in andere Behaͤltniſſe. Wann die alte Bache den Sommer uͤber ſie ſaugen laͤſſet, ſo vergehen ihnen die bunten Haa- re, davon man im Herbſte nichts mehr ſehen kan, und ſo die alte gebrochen, ge- hen die jungen in den Bruch und nehren ſich von dem, was ſie uͤbrig finden, von al- lerley Wurtzeln, Erd-Maſt u. Wuͤrmeꝛn, biß ſie nach und nach die Eicheln und Buch-Eckern beiſſen lernen. So bald ſie derer Wege ein wenig kundig werden, lauffen ſie vor der Bache her, welche ih- nen alle Gelegenheit weiſet, wo ſie ſicher ſind oder nicht. Wann aber die Bache wiederumb gebrunfftet, und des Fruͤh- lings darauff andere Friſchlinge ſetzet, ſo werden die erſtern von ihr getrieben und, da nun ſolche weichen muͤſſen, hal- ten ſie ſich zuſammen und nehren ſich ſo gut, als ſie koͤnnen. Jm andern Jahre zur Satz-Zeit im Sommer, werden ſie
jaͤhri-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0192"n="98"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Anderer Theil/</hi></fw><lb/><cb/>
gen man ſie auch nicht gerne im Gehaͤ-<lb/>
ge bey dem hohen Roth-Wildpraͤth dul-<lb/>
det. Sonſt iſt es zu ſpeiſen unter an-<lb/>
dern gar ein liebliches <hirendition="#aq">delicates</hi> Wild-<lb/><cb/>
praͤth, in Wacholder-Beer eingemacht;<lb/>
Sonderlich haben ſie feſte und zarte<lb/>
Haͤute.</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Von dem Schwein.</hi></head><lb/><cb/><p>Wie der Hirſch ein edeles, alſo wird<lb/>
das wilde Schwein ein ritterliches Thier<lb/>
genannt, maaſſen es ihm niemahls an<lb/>
Muth und Hertze fehlet. So es ange-<lb/>
troffen wird, haͤlt es ungeſcheuet aus,<lb/>
und tritt ſeinem Feind unerſchrocken un-<lb/>
ter die Augen, ja uͤberlaͤufft oͤffters ſo<lb/>
wohl Hunde, als Jaͤger, und achtet we-<lb/>
der Spieß, Lantze, Schuß, noch Stiche,<lb/>
wird vielmehr dadurch erhitzter und ver-<lb/>
urſacht ſeinem Wiederpart durch ſeine<lb/>
Waffen Schaden genung: Jſt von hi-<lb/>
tziger Eigenſchafft nach ſeiner Natur.<lb/>
Das weibliche, ſo man eine Bache nen-<lb/>
net, nachdem es in der Brunfft umb<lb/><hirendition="#aq">Advent</hi> empfangen hat, traͤget ungefehr<lb/>
achtzehen biß zwantzig Wochen und ſetzet<lb/>
des Fruͤhlings darauff umb die Faſten-<lb/>
Zeit im Maͤy-Monat ihre Friſchlinge,<lb/>
welche in wenig Tagen in Mutterleibe<lb/>
gebildet und ſo ſie die Helffte erlanget,<lb/>
ebenfalls erwachen und lebendig wer-<lb/>
den. Die Ameiß- Hauffen und warme<lb/>
Bruͤcher, Qvellen und Dickigte dienen<lb/>
ihnen des Winters zur Waͤrme. Sie<lb/>
wandern des Nachts nach denen Eicheln,<lb/>
und Buch-Maſt ſehr weit. Die wilden<lb/>
Sauen werden das Schwartz-Wild, wie<lb/>
die Hirſche das Roth-Wild genennet, und<lb/>
haben ihre Maſt des Herbſts- und Win-<lb/>
ters-Zeit von Eicheln und Buch-Maſt,<lb/>
wie auch von Haſel-Nuͤſſen, Erd-Wuͤr-<lb/>
mern, Farren-Wurtzeln und andern<lb/>
mehr. Zu ſolcher Zeit halten ſich ins-<lb/>
gemein gantze Rudel Sauen beyſammen<lb/>
auff und wehren ſich vor allen ohne<lb/>
Furcht. Wann ihre Satz-Zeit herbey<lb/>
koͤmmt, ſo ebenfalls meiſtens zwiſchen<lb/>
Oſtern und Pfingſten geſchiehet, ſuchet<lb/>
eine jede Bache ihr einen abſonderlichen<lb/>
Ort aus, die Friſchlinge zu ſetzen, da ſie<lb/>ſich ernehren koͤnnen, haͤlt ſich nahe bey<lb/>
ihren Friſchlingen auff, umb denſelben<lb/>
zur Zeit der Noth beyzuſtehen und ſie zu<lb/>
beſchuͤtzen. Die kleinen Friſchlinge ſind<lb/>
zu Anfang ihrer Jugend rothfaͤlbigt mit<lb/>ſchwartzen und weiſſen Streiffen, lauf-<lb/>
fen mit der Bache hin und wieder. Und<lb/>ſobald die alte gruntzet, ſtieben ſie in ei-<lb/>
nem Augenblick auff zehen Schritt hin<lb/>
und wieder von einander, ins alte Graß,<lb/><cb/>
Schilff, Laub, Graben, Hoͤhlen und Loͤ-<lb/>
cher, oder in die Straͤucher, fallen nie-<lb/>
der und druͤcken ſich zur Erde, liegen<lb/>ſtill und lauren, biß die Alte ein Zeichen<lb/>
giebt, dann ſammlen ſie ſich wiederum.<lb/>
Sie hoͤren ſcharff und uͤben ſich von Ju-<lb/>
gend auff im Hauen und Kaͤmpffen,<lb/>
weil ſie ihre Zaͤhne gleich mit auff die<lb/>
Welt bringen und dererſelben nicht<lb/>
mehr, ſondern nur dieſe ferner in die<lb/>
Laͤnge und Staͤrcke wachſen, und zwar<lb/>ſo, daß die vier vorderſten, als zwey un-<lb/>
ten, und zwey oben, und bey denen Kaͤu-<lb/>
lern oder Schweinen inſonderheit die zur<lb/>
Seite herausſtehende am laͤngſten und<lb/>ſchaͤrffſten wachſen, worauff ſie ſich ver-<lb/>
laſſen muͤſſen. Des Morgends, Mit-<lb/>
tags und Abends, ſo die alte koͤmmt, giebt<lb/>ſie ihnen ein Zeichen, worauff die Jun-<lb/>
gen augenblicklich als die Maͤuſe zuſam-<lb/>
men lauffen: die alte wirfft ſich darnie-<lb/>
der und die Jungen ſaugen an ihr; So<lb/>
aber Jemand in Abweſenheit der Alten<lb/>
einen Friſchling haſchen wolte, und ſie<lb/>
hoͤrete es ſchreyen, wuͤrde ſie denſelben<lb/>
anfahren, uͤber einen Hauffen werffen<lb/>
und uͤbel zurichten. So die Friſchlinge<lb/>
acht biß zehen Tage alt, lauffen ſie wei-<lb/>
ter darvon, daß man ſie ſo leicht nicht<lb/>
finden kan, oder reiſſen aus mit der Ba-<lb/>
che in andere Behaͤltniſſe. Wann die<lb/>
alte Bache den Sommer uͤber ſie ſaugen<lb/>
laͤſſet, ſo vergehen ihnen die bunten Haa-<lb/>
re, davon man im Herbſte nichts mehr<lb/>ſehen kan, und ſo die alte gebrochen, ge-<lb/>
hen die jungen in den Bruch und nehren<lb/>ſich von dem, was ſie uͤbrig finden, von al-<lb/>
lerley Wurtzeln, Erd-Maſt u. Wuͤrmeꝛn,<lb/>
biß ſie nach und nach die Eicheln und<lb/>
Buch-Eckern beiſſen lernen. So bald<lb/>ſie derer Wege ein wenig kundig werden,<lb/>
lauffen ſie vor der Bache her, welche ih-<lb/>
nen alle Gelegenheit weiſet, wo ſie ſicher<lb/>ſind oder nicht. Wann aber die Bache<lb/>
wiederumb gebrunfftet, und des Fruͤh-<lb/>
lings darauff andere Friſchlinge ſetzet,<lb/>ſo werden die erſtern von ihr getrieben<lb/>
und, da nun ſolche weichen muͤſſen, hal-<lb/>
ten ſie ſich zuſammen und nehren ſich ſo<lb/>
gut, als ſie koͤnnen. Jm andern Jahre<lb/>
zur Satz-Zeit im Sommer, werden ſie<lb/><fwplace="bottom"type="catch">jaͤhri-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[98/0192]
Anderer Theil/
gen man ſie auch nicht gerne im Gehaͤ-
ge bey dem hohen Roth-Wildpraͤth dul-
det. Sonſt iſt es zu ſpeiſen unter an-
dern gar ein liebliches delicates Wild-
praͤth, in Wacholder-Beer eingemacht;
Sonderlich haben ſie feſte und zarte
Haͤute.
Von dem Schwein.
Wie der Hirſch ein edeles, alſo wird
das wilde Schwein ein ritterliches Thier
genannt, maaſſen es ihm niemahls an
Muth und Hertze fehlet. So es ange-
troffen wird, haͤlt es ungeſcheuet aus,
und tritt ſeinem Feind unerſchrocken un-
ter die Augen, ja uͤberlaͤufft oͤffters ſo
wohl Hunde, als Jaͤger, und achtet we-
der Spieß, Lantze, Schuß, noch Stiche,
wird vielmehr dadurch erhitzter und ver-
urſacht ſeinem Wiederpart durch ſeine
Waffen Schaden genung: Jſt von hi-
tziger Eigenſchafft nach ſeiner Natur.
Das weibliche, ſo man eine Bache nen-
net, nachdem es in der Brunfft umb
Advent empfangen hat, traͤget ungefehr
achtzehen biß zwantzig Wochen und ſetzet
des Fruͤhlings darauff umb die Faſten-
Zeit im Maͤy-Monat ihre Friſchlinge,
welche in wenig Tagen in Mutterleibe
gebildet und ſo ſie die Helffte erlanget,
ebenfalls erwachen und lebendig wer-
den. Die Ameiß- Hauffen und warme
Bruͤcher, Qvellen und Dickigte dienen
ihnen des Winters zur Waͤrme. Sie
wandern des Nachts nach denen Eicheln,
und Buch-Maſt ſehr weit. Die wilden
Sauen werden das Schwartz-Wild, wie
die Hirſche das Roth-Wild genennet, und
haben ihre Maſt des Herbſts- und Win-
ters-Zeit von Eicheln und Buch-Maſt,
wie auch von Haſel-Nuͤſſen, Erd-Wuͤr-
mern, Farren-Wurtzeln und andern
mehr. Zu ſolcher Zeit halten ſich ins-
gemein gantze Rudel Sauen beyſammen
auff und wehren ſich vor allen ohne
Furcht. Wann ihre Satz-Zeit herbey
koͤmmt, ſo ebenfalls meiſtens zwiſchen
Oſtern und Pfingſten geſchiehet, ſuchet
eine jede Bache ihr einen abſonderlichen
Ort aus, die Friſchlinge zu ſetzen, da ſie
ſich ernehren koͤnnen, haͤlt ſich nahe bey
ihren Friſchlingen auff, umb denſelben
zur Zeit der Noth beyzuſtehen und ſie zu
beſchuͤtzen. Die kleinen Friſchlinge ſind
zu Anfang ihrer Jugend rothfaͤlbigt mit
ſchwartzen und weiſſen Streiffen, lauf-
fen mit der Bache hin und wieder. Und
ſobald die alte gruntzet, ſtieben ſie in ei-
nem Augenblick auff zehen Schritt hin
und wieder von einander, ins alte Graß,
Schilff, Laub, Graben, Hoͤhlen und Loͤ-
cher, oder in die Straͤucher, fallen nie-
der und druͤcken ſich zur Erde, liegen
ſtill und lauren, biß die Alte ein Zeichen
giebt, dann ſammlen ſie ſich wiederum.
Sie hoͤren ſcharff und uͤben ſich von Ju-
gend auff im Hauen und Kaͤmpffen,
weil ſie ihre Zaͤhne gleich mit auff die
Welt bringen und dererſelben nicht
mehr, ſondern nur dieſe ferner in die
Laͤnge und Staͤrcke wachſen, und zwar
ſo, daß die vier vorderſten, als zwey un-
ten, und zwey oben, und bey denen Kaͤu-
lern oder Schweinen inſonderheit die zur
Seite herausſtehende am laͤngſten und
ſchaͤrffſten wachſen, worauff ſie ſich ver-
laſſen muͤſſen. Des Morgends, Mit-
tags und Abends, ſo die alte koͤmmt, giebt
ſie ihnen ein Zeichen, worauff die Jun-
gen augenblicklich als die Maͤuſe zuſam-
men lauffen: die alte wirfft ſich darnie-
der und die Jungen ſaugen an ihr; So
aber Jemand in Abweſenheit der Alten
einen Friſchling haſchen wolte, und ſie
hoͤrete es ſchreyen, wuͤrde ſie denſelben
anfahren, uͤber einen Hauffen werffen
und uͤbel zurichten. So die Friſchlinge
acht biß zehen Tage alt, lauffen ſie wei-
ter darvon, daß man ſie ſo leicht nicht
finden kan, oder reiſſen aus mit der Ba-
che in andere Behaͤltniſſe. Wann die
alte Bache den Sommer uͤber ſie ſaugen
laͤſſet, ſo vergehen ihnen die bunten Haa-
re, davon man im Herbſte nichts mehr
ſehen kan, und ſo die alte gebrochen, ge-
hen die jungen in den Bruch und nehren
ſich von dem, was ſie uͤbrig finden, von al-
lerley Wurtzeln, Erd-Maſt u. Wuͤrmeꝛn,
biß ſie nach und nach die Eicheln und
Buch-Eckern beiſſen lernen. So bald
ſie derer Wege ein wenig kundig werden,
lauffen ſie vor der Bache her, welche ih-
nen alle Gelegenheit weiſet, wo ſie ſicher
ſind oder nicht. Wann aber die Bache
wiederumb gebrunfftet, und des Fruͤh-
lings darauff andere Friſchlinge ſetzet,
ſo werden die erſtern von ihr getrieben
und, da nun ſolche weichen muͤſſen, hal-
ten ſie ſich zuſammen und nehren ſich ſo
gut, als ſie koͤnnen. Jm andern Jahre
zur Satz-Zeit im Sommer, werden ſie
jaͤhri-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/192>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.