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Fischer, Hermann: Die Werkzeugmaschinen. Bd. 1: Die Metallbearbeitungs-Maschinen. [Textband]. Berlin, 1900.

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Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung.
Fig. 377, sitzen, einen endlosen Faden und dreht die Rollen geeignet um,
so bewegt sich der Faden mit, ohne seinen Ort zu verlassen. Uebt man
nun aber bei e einen seitlichen Druck gegen den Faden aus, so dass er
in der Nähe von d mit seiner ursprünglichen Lage den Winkel g ein-
schliesst, so beginnt er auf den Rollen zu wandern. Man kann annehmen,
dass der Scheitel des Winkels g im Auflaufpunkte des Fadens, d. h. in
dem Punkte liegt, wo der Faden sich fest auf die Rolle b legt. Bei der in
Fig. 377 angegebenen Bewegungsrichtung legt sich jeder folgende Punkt
des Fadens weiter rechts auf die Rolle als der vorhergehende, und zwar
beträgt diese Seitwärtsverschiebung u, wenn der Faden in seiner Längen-
richtung den Weg V zurücklegt:
[Abbildung] Fig. 377.
u = V . tg g . . . . . . . . . (65)

Durch den Druck bei e wird also der Faden all-
mählich von der festen Rolle b1 auf die lose b2 ge-
führt. Aehnlich wie der Faden verhält sich ein Treib-
riemen. Wenn auch die bei e auftretende Seiten
kraft den Riemen nicht so rein durchbiegt als den
Faden, so ist doch das in Gleichung 65 ausgedrückte
Gesetz, nach welchem die Geschwindigkeit der Riemen-
verschiebung mit der Geschwindigkeit V und dem
Winkel g wächst, auch für den Riemen giltig. Die
Geschwindigkeit V, mit welcher der Riemen in seiner
Längenrichtung sich bewegt, ist meistens gegeben,
das Maass, um welches man den Riemen durchbiegen
darf, beschränkt. Nun erkennt man, dass die Neigung g
des Fadens gegen seine ursprüngliche Richtung er-
heblich grösser ist, als die Neigung ps in der Nähe
der Rolle a, d. h. der Ablaufstelle. Würde man die
Drehrichtung der Rollen umkehren, aber die zum
Verschieben des Riemens dienende Kraft bei e be-
lassen, so würde man in Gl. 65 ps statt g, d. h. einen
weit kleineren Winkel einsetzen müssen, und einen viel
kleineren Werth für u erhalten, als der in Fig. 377
angegebenen Anordnung eigen ist. Es ist daher
selbstverständlich, dass man den Riemenführer, welcher
bei e die Verschiebung des Riemens von b1 nach b2
bewirken soll, in möglichste Nähe der Auflaufstelle des letzteren legt.

So lange der Riemen beim Einrücken nur mit einem Theil seiner
Breite auf der festen Rolle liegt, so lange ist die zwischen ihm und der
Rolle auftretende Reibung entsprechend kleiner als bei vollem Aufliegen
des Riemens. Man ist demnach in der Lage, durch allmähliches Verschieben
des Riemens von der losen auf die feste Rolle unter starkem Gleiten des
Riemens die Beschleunigung der in Betrieb zu setzenden Theile beliebig
langsam stattfinden zu lassen, was bei grossen Geschwindigkeiten und Massen
von hohem Werth ist.

Wenn der Riemen längere Zeit auf der losen Rolle liegt, so erfährt
-- trotz guter Schmierung -- sowohl die Bohrung der Rolle als auch die
Welle ziemlich starke Abnutzung. Man steckt deshalb häufig eine Büchse
fest auf die Welle und lässt die Rolle sich um diese drehen. Sind nennens-

Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung.
Fig. 377, sitzen, einen endlosen Faden und dreht die Rollen geeignet um,
so bewegt sich der Faden mit, ohne seinen Ort zu verlassen. Uebt man
nun aber bei e einen seitlichen Druck gegen den Faden aus, so dass er
in der Nähe von d mit seiner ursprünglichen Lage den Winkel γ ein-
schliesst, so beginnt er auf den Rollen zu wandern. Man kann annehmen,
dass der Scheitel des Winkels γ im Auflaufpunkte des Fadens, d. h. in
dem Punkte liegt, wo der Faden sich fest auf die Rolle b legt. Bei der in
Fig. 377 angegebenen Bewegungsrichtung legt sich jeder folgende Punkt
des Fadens weiter rechts auf die Rolle als der vorhergehende, und zwar
beträgt diese Seitwärtsverschiebung υ, wenn der Faden in seiner Längen-
richtung den Weg V zurücklegt:
[Abbildung] Fig. 377.
υ = V . tg γ . . . . . . . . . (65)

Durch den Druck bei e wird also der Faden all-
mählich von der festen Rolle b1 auf die lose b2 ge-
führt. Aehnlich wie der Faden verhält sich ein Treib-
riemen. Wenn auch die bei e auftretende Seiten
kraft den Riemen nicht so rein durchbiegt als den
Faden, so ist doch das in Gleichung 65 ausgedrückte
Gesetz, nach welchem die Geschwindigkeit der Riemen-
verschiebung mit der Geschwindigkeit V und dem
Winkel γ wächst, auch für den Riemen giltig. Die
Geschwindigkeit V, mit welcher der Riemen in seiner
Längenrichtung sich bewegt, ist meistens gegeben,
das Maass, um welches man den Riemen durchbiegen
darf, beschränkt. Nun erkennt man, dass die Neigung γ
des Fadens gegen seine ursprüngliche Richtung er-
heblich grösser ist, als die Neigung ψ in der Nähe
der Rolle a, d. h. der Ablaufstelle. Würde man die
Drehrichtung der Rollen umkehren, aber die zum
Verschieben des Riemens dienende Kraft bei e be-
lassen, so würde man in Gl. 65 ψ statt γ, d. h. einen
weit kleineren Winkel einsetzen müssen, und einen viel
kleineren Werth für υ erhalten, als der in Fig. 377
angegebenen Anordnung eigen ist. Es ist daher
selbstverständlich, dass man den Riemenführer, welcher
bei e die Verschiebung des Riemens von b1 nach b2
bewirken soll, in möglichste Nähe der Auflaufstelle des letzteren legt.

So lange der Riemen beim Einrücken nur mit einem Theil seiner
Breite auf der festen Rolle liegt, so lange ist die zwischen ihm und der
Rolle auftretende Reibung entsprechend kleiner als bei vollem Aufliegen
des Riemens. Man ist demnach in der Lage, durch allmähliches Verschieben
des Riemens von der losen auf die feste Rolle unter starkem Gleiten des
Riemens die Beschleunigung der in Betrieb zu setzenden Theile beliebig
langsam stattfinden zu lassen, was bei grossen Geschwindigkeiten und Massen
von hohem Werth ist.

Wenn der Riemen längere Zeit auf der losen Rolle liegt, so erfährt
— trotz guter Schmierung — sowohl die Bohrung der Rolle als auch die
Welle ziemlich starke Abnutzung. Man steckt deshalb häufig eine Büchse
fest auf die Welle und lässt die Rolle sich um diese drehen. Sind nennens-

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[182/0196] Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung. Fig. 377, sitzen, einen endlosen Faden und dreht die Rollen geeignet um, so bewegt sich der Faden mit, ohne seinen Ort zu verlassen. Uebt man nun aber bei e einen seitlichen Druck gegen den Faden aus, so dass er in der Nähe von d mit seiner ursprünglichen Lage den Winkel γ ein- schliesst, so beginnt er auf den Rollen zu wandern. Man kann annehmen, dass der Scheitel des Winkels γ im Auflaufpunkte des Fadens, d. h. in dem Punkte liegt, wo der Faden sich fest auf die Rolle b legt. Bei der in Fig. 377 angegebenen Bewegungsrichtung legt sich jeder folgende Punkt des Fadens weiter rechts auf die Rolle als der vorhergehende, und zwar beträgt diese Seitwärtsverschiebung υ, wenn der Faden in seiner Längen- richtung den Weg V zurücklegt: [Abbildung Fig. 377.] υ = V . tg γ . . . . . . . . . (65) Durch den Druck bei e wird also der Faden all- mählich von der festen Rolle b1 auf die lose b2 ge- führt. Aehnlich wie der Faden verhält sich ein Treib- riemen. Wenn auch die bei e auftretende Seiten kraft den Riemen nicht so rein durchbiegt als den Faden, so ist doch das in Gleichung 65 ausgedrückte Gesetz, nach welchem die Geschwindigkeit der Riemen- verschiebung mit der Geschwindigkeit V und dem Winkel γ wächst, auch für den Riemen giltig. Die Geschwindigkeit V, mit welcher der Riemen in seiner Längenrichtung sich bewegt, ist meistens gegeben, das Maass, um welches man den Riemen durchbiegen darf, beschränkt. Nun erkennt man, dass die Neigung γ des Fadens gegen seine ursprüngliche Richtung er- heblich grösser ist, als die Neigung ψ in der Nähe der Rolle a, d. h. der Ablaufstelle. Würde man die Drehrichtung der Rollen umkehren, aber die zum Verschieben des Riemens dienende Kraft bei e be- lassen, so würde man in Gl. 65 ψ statt γ, d. h. einen weit kleineren Winkel einsetzen müssen, und einen viel kleineren Werth für υ erhalten, als der in Fig. 377 angegebenen Anordnung eigen ist. Es ist daher selbstverständlich, dass man den Riemenführer, welcher bei e die Verschiebung des Riemens von b1 nach b2 bewirken soll, in möglichste Nähe der Auflaufstelle des letzteren legt. So lange der Riemen beim Einrücken nur mit einem Theil seiner Breite auf der festen Rolle liegt, so lange ist die zwischen ihm und der Rolle auftretende Reibung entsprechend kleiner als bei vollem Aufliegen des Riemens. Man ist demnach in der Lage, durch allmähliches Verschieben des Riemens von der losen auf die feste Rolle unter starkem Gleiten des Riemens die Beschleunigung der in Betrieb zu setzenden Theile beliebig langsam stattfinden zu lassen, was bei grossen Geschwindigkeiten und Massen von hohem Werth ist. Wenn der Riemen längere Zeit auf der losen Rolle liegt, so erfährt — trotz guter Schmierung — sowohl die Bohrung der Rolle als auch die Welle ziemlich starke Abnutzung. Man steckt deshalb häufig eine Büchse fest auf die Welle und lässt die Rolle sich um diese drehen. Sind nennens-

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Zitationshilfe: Fischer, Hermann: Die Werkzeugmaschinen. Bd. 1: Die Metallbearbeitungs-Maschinen. [Textband]. Berlin, 1900, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_werkzeugmaschinen01_1900/196>, abgerufen am 29.03.2024.