deten ihre Blicke auf die Stelle, woher die laut gesprochenen Worte kamen. Selbst die reizende Jungfrau suchte mit ihren reiz- losen Augen, und streckte, als sie den jun- gen Helden gefunden, sehnsuchtsvoll ihre Arme gegen ihn aus. Takeddin wieder- hohlte seinen Schwur; die Jungfrau schien ihm mit freundlichem Kopfnicken Beifall zu winken, und warf ihm von dem gemahlten Munde ihres Larvengesichtes einen Kuß zu. Aber der Wanderer dachte an die vollen Rosenlippen, die er im Bade gesehen, und fühlte sich durch diesen bildlichen Kuß so glücklich, als ob es ihm wäre vergönnt ge- wesen, seinen glühenden Mund auf jene Lippen zu drücken.
Takeddin betrachtete den Thurm von allen Seiten, ohne eine Offnung zu ent- decken, und berührte ihn dann an mehreren Stellen mit seiner Säbelklinge, in der Hof-
deten ihre Blicke auf die Stelle, woher die laut geſprochenen Worte kamen. Selbſt die reizende Jungfrau ſuchte mit ihren reiz- loſen Augen, und ſtreckte, als ſie den jun- gen Helden gefunden, ſehnſuchtsvoll ihre Arme gegen ihn aus. Takeddin wieder- hohlte ſeinen Schwur; die Jungfrau ſchien ihm mit freundlichem Kopfnicken Beifall zu winken, und warf ihm von dem gemahlten Munde ihres Larvengeſichtes einen Kuß zu. Aber der Wanderer dachte an die vollen Roſenlippen, die er im Bade geſehen, und fuͤhlte ſich durch dieſen bildlichen Kuß ſo gluͤcklich, als ob es ihm waͤre vergoͤnnt ge- weſen, ſeinen gluͤhenden Mund auf jene Lippen zu druͤcken.
Takeddin betrachtete den Thurm von allen Seiten, ohne eine Offnung zu ent- decken, und beruͤhrte ihn dann an mehreren Stellen mit ſeiner Saͤbelklinge, in der Hof-
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deten ihre Blicke auf die Stelle, woher die
laut geſprochenen Worte kamen. Selbſt
die reizende Jungfrau ſuchte mit ihren reiz-
loſen Augen, und ſtreckte, als ſie den jun-
gen Helden gefunden, ſehnſuchtsvoll ihre
Arme gegen ihn aus. Takeddin wieder-
hohlte ſeinen Schwur; die Jungfrau ſchien
ihm mit freundlichem Kopfnicken Beifall zu
winken, und warf ihm von dem gemahlten
Munde ihres Larvengeſichtes einen Kuß zu.
Aber der Wanderer dachte an die vollen
Roſenlippen, die er im Bade geſehen, und
fuͤhlte ſich durch dieſen bildlichen Kuß ſo
gluͤcklich, als ob es ihm waͤre vergoͤnnt ge-
weſen, ſeinen gluͤhenden Mund auf jene
Lippen zu druͤcken.
Takeddin betrachtete den Thurm von
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decken, und beruͤhrte ihn dann an mehreren
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[Fischer, Caroline Auguste]: Mährchen, In: Journal der Romane. St. 10. Berlin, 1802, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fischer_maehrchen_1802/188>, abgerufen am 27.11.2024.
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