Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Finen, Eberhard: Der Gläubigen Nicht untergehende Lebens-Sonne. Braunschweig, 1710.

Bild:
<< vorherige Seite

ohne Tadel / und die Sonne selbst nicht ohne Flecken; und müssen wir also gestehen / daß die Höchstseeligste Fürstinn als ein Mensch menschlichen Fehlern und Schwachheiten unterworffen gewesen. Doch wir finden auch so viel Ruhmwürdiges in ihrem gottseeligen Leben / daß es alle Fehler vor Menschen bedecken kan. Vor GOtt sind dieselben mit dem theuren Verdienst ihres Heylandes JEsu Christi bedeckt. Denn an JEsum hat Sie geglaubet / Ihren Glauben aus GOTTes Wort geübet / durch das Heil. Abendmahl gestärcket. So lebte Sie in JEsu weil Sie lebte / mit JEsu überwand Sie in heiliger Großmühtigkeit alles Unglück so Sie erlebet. Gewiß ich kan mich nicht ohne Wehmuht erinnern mit was für Großmühtigkeit der Hochseeligsten Erb-Princeßinne Hoheit mir erzehlet / wie von Kindes Beinen auf Ihre Lebens-Sonne mit so vielen Creutzes-Wolcken überzogen gewesen. Durch diese Liebes-Seile zog Sie aber JESUS immer mehr und mehr nach sich / insonderheit aber in dem unvermuhteten Krancken-Bette. Je näher sie in demselben zum Sterben kam / je lebendiger wurde Ihr Glaube / je mehr starb Sie ab / und gab gute Nacht aller Eitelkeit / durch wahre Busse. Sie nahm JEsu Fleisch und Blut / und so wurde Sie aufs neue versichert / daß JEsus in Ihr und Sie in JEsu lebte. In solchem Leben ließ Sie JEsus sterben. Ach dieß war ein seeliger Wechsel vor Sie. Denn nun ist JEsu Zusage an Ihr ohnzweiffentlich erfüllet: Sie lebt / ob sie gleich gestorben / und wird hinfort nimmer sterben. Ihre Sonne wird nun nicht untergehen / denn der HErr ist Ihr ewiges Licht.

Aber ach in diesem süssen Wechsel bleibt doch so viel Herbes und Bitters vor Dero hinterlassenen Durchläuchtigsten Gemahl. Doch Dero bekandte Großmühtigkeit läst mich im geringsten nicht zweiffeln; Sie werden wie so machen also auch diesen bittern Creutz-Trunck von der Hand ihres himmlischen Vaters nehmen und ihn trincken / weil es sein Wille / daß Sie ihn trincken sollen. Ihre Abwesenheit verstattet nicht Sie zu trösten. Wil deßwegen nur dieses wünschen: Daß

ohne Tadel / und die Sonne selbst nicht ohne Flecken; und müssen wir also gestehen / daß die Höchstseeligste Fürstinn als ein Mensch menschlichen Fehlern und Schwachheiten unterworffen gewesen. Doch wir finden auch so viel Ruhmwürdiges in ihrem gottseeligen Leben / daß es alle Fehler vor Menschen bedecken kan. Vor GOtt sind dieselben mit dem theuren Verdienst ihres Heylandes JEsu Christi bedeckt. Denn an JEsum hat Sie geglaubet / Ihren Glauben aus GOTTes Wort geübet / durch das Heil. Abendmahl gestärcket. So lebte Sie in JEsu weil Sie lebte / mit JEsu überwand Sie in heiliger Großmühtigkeit alles Unglück so Sie erlebet. Gewiß ich kan mich nicht ohne Wehmuht erinnern mit was für Großmühtigkeit der Hochseeligsten Erb-Princeßinne Hoheit mir erzehlet / wie von Kindes Beinen auf Ihre Lebens-Sonne mit so vielen Creutzes-Wolcken überzogen gewesen. Durch diese Liebes-Seile zog Sie aber JESUS immer mehr und mehr nach sich / insonderheit aber in dem unvermuhteten Krancken-Bette. Je näher sie in demselben zum Sterben kam / je lebendiger wurde Ihr Glaube / je mehr starb Sie ab / und gab gute Nacht aller Eitelkeit / durch wahre Busse. Sie nahm JEsu Fleisch und Blut / und so wurde Sie aufs neue versichert / daß JEsus in Ihr und Sie in JEsu lebte. In solchem Leben ließ Sie JEsus sterben. Ach dieß war ein seeliger Wechsel vor Sie. Denn nun ist JEsu Zusage an Ihr ohnzweiffentlich erfüllet: Sie lebt / ob sie gleich gestorben / und wird hinfort nimmer sterben. Ihre Sonne wird nun nicht untergehen / denn der HErr ist Ihr ewiges Licht.

Aber ach in diesem süssen Wechsel bleibt doch so viel Herbes und Bitters vor Dero hinterlassenen Durchläuchtigsten Gemahl. Doch Dero bekandte Großmühtigkeit läst mich im geringsten nicht zweiffeln; Sie werden wie so machen also auch diesen bittern Creutz-Trunck von der Hand ihres himmlischen Vaters nehmen und ihn trincken / weil es sein Wille / daß Sie ihn trincken sollen. Ihre Abwesenheit verstattet nicht Sie zu trösten. Wil deßwegen nur dieses wünschen: Daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0022" n="18"/>
ohne Tadel / und
                     die Sonne selbst nicht ohne Flecken; und müssen wir also gestehen / daß die
                     Höchstseeligste Fürstinn als ein Mensch menschlichen Fehlern und Schwachheiten
                     unterworffen gewesen. Doch wir finden auch so viel Ruhmwürdiges in ihrem
                     gottseeligen Leben / daß es alle Fehler vor Menschen bedecken kan. Vor GOtt sind
                     dieselben mit dem theuren Verdienst ihres Heylandes JEsu Christi bedeckt. Denn
                     an JEsum hat Sie geglaubet / Ihren Glauben aus GOTTes Wort geübet / durch das
                     Heil. Abendmahl gestärcket. So lebte Sie in JEsu weil Sie lebte / mit JEsu
                     überwand Sie in heiliger Großmühtigkeit alles Unglück so Sie erlebet. Gewiß ich
                     kan mich nicht ohne Wehmuht erinnern mit was für Großmühtigkeit der
                     Hochseeligsten Erb-Princeßinne Hoheit mir erzehlet / wie von Kindes Beinen auf
                     Ihre Lebens-Sonne mit so vielen Creutzes-Wolcken überzogen gewesen. Durch diese
                     Liebes-Seile zog Sie aber JESUS immer mehr und mehr nach sich / insonderheit
                     aber in dem unvermuhteten Krancken-Bette. Je näher sie in demselben zum Sterben
                     kam / je lebendiger wurde Ihr Glaube / je mehr starb Sie ab / und gab gute Nacht
                     aller Eitelkeit / durch wahre Busse. Sie nahm JEsu Fleisch und Blut / und so
                     wurde Sie aufs neue versichert / daß JEsus in Ihr und Sie in JEsu lebte. In
                     solchem Leben ließ Sie JEsus sterben. Ach dieß war ein seeliger Wechsel vor Sie.
                     Denn nun ist JEsu Zusage an Ihr ohnzweiffentlich erfüllet: Sie lebt / ob sie
                     gleich gestorben / und wird hinfort nimmer sterben. Ihre Sonne wird nun nicht
                     untergehen / denn der HErr ist Ihr ewiges Licht.</p>
        <p>Aber ach in diesem süssen Wechsel bleibt doch so viel Herbes und Bitters vor Dero
                     hinterlassenen Durchläuchtigsten Gemahl. Doch Dero bekandte Großmühtigkeit läst
                     mich im geringsten nicht zweiffeln; Sie werden wie so machen also auch diesen
                     bittern Creutz-Trunck von der Hand ihres himmlischen Vaters nehmen und ihn
                     trincken / weil es sein Wille / daß Sie ihn trincken sollen. Ihre Abwesenheit
                     verstattet nicht Sie zu trösten. Wil deßwegen nur dieses wünschen: Daß
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0022] ohne Tadel / und die Sonne selbst nicht ohne Flecken; und müssen wir also gestehen / daß die Höchstseeligste Fürstinn als ein Mensch menschlichen Fehlern und Schwachheiten unterworffen gewesen. Doch wir finden auch so viel Ruhmwürdiges in ihrem gottseeligen Leben / daß es alle Fehler vor Menschen bedecken kan. Vor GOtt sind dieselben mit dem theuren Verdienst ihres Heylandes JEsu Christi bedeckt. Denn an JEsum hat Sie geglaubet / Ihren Glauben aus GOTTes Wort geübet / durch das Heil. Abendmahl gestärcket. So lebte Sie in JEsu weil Sie lebte / mit JEsu überwand Sie in heiliger Großmühtigkeit alles Unglück so Sie erlebet. Gewiß ich kan mich nicht ohne Wehmuht erinnern mit was für Großmühtigkeit der Hochseeligsten Erb-Princeßinne Hoheit mir erzehlet / wie von Kindes Beinen auf Ihre Lebens-Sonne mit so vielen Creutzes-Wolcken überzogen gewesen. Durch diese Liebes-Seile zog Sie aber JESUS immer mehr und mehr nach sich / insonderheit aber in dem unvermuhteten Krancken-Bette. Je näher sie in demselben zum Sterben kam / je lebendiger wurde Ihr Glaube / je mehr starb Sie ab / und gab gute Nacht aller Eitelkeit / durch wahre Busse. Sie nahm JEsu Fleisch und Blut / und so wurde Sie aufs neue versichert / daß JEsus in Ihr und Sie in JEsu lebte. In solchem Leben ließ Sie JEsus sterben. Ach dieß war ein seeliger Wechsel vor Sie. Denn nun ist JEsu Zusage an Ihr ohnzweiffentlich erfüllet: Sie lebt / ob sie gleich gestorben / und wird hinfort nimmer sterben. Ihre Sonne wird nun nicht untergehen / denn der HErr ist Ihr ewiges Licht. Aber ach in diesem süssen Wechsel bleibt doch so viel Herbes und Bitters vor Dero hinterlassenen Durchläuchtigsten Gemahl. Doch Dero bekandte Großmühtigkeit läst mich im geringsten nicht zweiffeln; Sie werden wie so machen also auch diesen bittern Creutz-Trunck von der Hand ihres himmlischen Vaters nehmen und ihn trincken / weil es sein Wille / daß Sie ihn trincken sollen. Ihre Abwesenheit verstattet nicht Sie zu trösten. Wil deßwegen nur dieses wünschen: Daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_lebenssonne_1710
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_lebenssonne_1710/22
Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Der Gläubigen Nicht untergehende Lebens-Sonne. Braunschweig, 1710, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_lebenssonne_1710/22>, abgerufen am 28.03.2024.