Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.eben in den Tagen / da sich alles in Feyer-Kleidern auf-führete / da der Himmel selbst mit hellen Sonnenschein zur Freude halff / da musten diese betrübte Eltern mit Thränen vor dem Bette ihres Söhnleins sitzen; Ja der Schluß dieser Freudenvollen Zeit muste diesen ihren Augapffel die Augen schliessen / und einen reichen Thränen-Guß aus ihren Augen fliessen machen. Was aber hiebey am beweglichsten / ist dieses / daß / wie man mich benachrichtiget / das Sehl. Kind kurtz vor seinem Ende seiner weinenden und den anlassenden frühzeitigen Abschied ihres Kindes beklagenden Mutter selbst die Thränen abgewischet / und nicht zu weinen angemahnet. Ich wil hievon Anlaß nehmen in dieser anwesenden Trauer-Versammlung bald zu zeigen die durch den Bethränten selbst abgewischte Thränen. Ignis in unda; Feuer bey Wasser / schrieb jener bey ein Glaß mit distilirten Wasser / ich möchte es wol zu den Thränen der betrübten Eltern und Groß-Eltern schreiben: Ignis in unda, In diesem Wasser muß was heisses seyn verstecket / Weil durch die Thränen wird das Liebes-Feurentdecket /Was Sie bethränen / war ja wol liebens wehrt / es war ihr Kind / welches schon philtrum animae humanae, wie die Alten gesagt / ein Liebes-Trunck / dadurch die Hertzen der Eltern vergeben und gezwungen werden das zu lieben / was diesen Nahmen führet. Ja die Natur weiß von keiner scheuslichern Mißgebuhrt als von Eltern / so keine Liebe zu ihren Kindern haben. Der grosse Redner Cicero, der sonst andere zu bewegen die kräfftigsten Beweißthümer zu suchen wuste / wurde durch nichts leichters bewogen als durch die Liebe seiner Kinder. Drum als er nach seinen unverschul- eben in den Tagen / da sich alles in Feyer-Kleidern auf-führete / da der Himmel selbst mit hellen Sonnenschein zur Freude halff / da musten diese betrübte Eltern mit Thränen vor dem Bette ihres Söhnleins sitzen; Ja der Schluß dieser Freudenvollen Zeit muste diesen ihren Augapffel die Augen schliessen / und einen reichen Thränen-Guß aus ihren Augen fliessen machen. Was aber hiebey am beweglichsten / ist dieses / daß / wie man mich benachrichtiget / das Sehl. Kind kurtz vor seinem Ende seiner weinenden und den anlassenden frühzeitigen Abschied ihres Kindes beklagenden Mutter selbst die Thränen abgewischet / und nicht zu weinen angemahnet. Ich wil hievon Anlaß nehmen in dieser anwesenden Trauer-Versammlung bald zu zeigen die durch den Bethränten selbst abgewischte Thränen. Ignis in unda; Feuer bey Wasser / schrieb jener bey ein Glaß mit distilirten Wasser / ich möchte es wol zu den Thränen der betrübten Eltern und Groß-Eltern schreiben: Ignis in unda, In diesem Wasser muß was heisses seyn verstecket / Weil durch die Thränen wird das Liebes-Feurentdecket /Was Sie bethränen / war ja wol liebens wehrt / es war ihr Kind / welches schon philtrum animae humanae, wie die Alten gesagt / ein Liebes-Trunck / dadurch die Hertzen der Eltern vergeben und gezwungen werden das zu lieben / was diesen Nahmen führet. Ja die Natur weiß von keiner scheuslichern Mißgebuhrt als von Eltern / so keine Liebe zu ihren Kindern haben. Der grosse Redner Cicero, der sonst andere zu bewegen die kräfftigsten Beweißthümer zu suchen wuste / wurde durch nichts leichters bewogen als durch die Liebe seiner Kinder. Drum als er nach seinen unverschul- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0088" n="82"/> eben in den Tagen / da sich alles in Feyer-Kleidern auf-führete / da der Himmel selbst mit hellen Sonnenschein zur Freude halff / da musten diese betrübte Eltern mit Thränen vor dem Bette ihres Söhnleins sitzen; Ja der Schluß dieser Freudenvollen Zeit muste diesen ihren Augapffel die Augen schliessen / und einen reichen Thränen-Guß aus ihren Augen fliessen machen. Was aber hiebey am beweglichsten / ist dieses / daß / wie man mich benachrichtiget / das Sehl. Kind kurtz vor seinem Ende seiner weinenden und den anlassenden frühzeitigen Abschied ihres Kindes beklagenden Mutter selbst die Thränen abgewischet / und nicht zu weinen angemahnet. Ich wil hievon Anlaß nehmen in dieser anwesenden Trauer-Versammlung bald zu zeigen die durch den Bethränten selbst abgewischte Thränen.</p> <p>Ignis in unda; Feuer bey Wasser / schrieb jener bey ein Glaß mit distilirten Wasser / ich möchte es wol zu den Thränen der betrübten Eltern und Groß-Eltern schreiben:</p> <l>Ignis in unda, In diesem Wasser muß was heisses seyn verstecket / Weil durch die Thränen wird das Liebes-Feurentdecket /</l> <p>Was Sie bethränen / war ja wol liebens wehrt / es war ihr Kind / welches schon philtrum animae humanae, wie die Alten gesagt / ein Liebes-Trunck / dadurch die Hertzen der Eltern vergeben und gezwungen werden das zu lieben / was diesen Nahmen führet. Ja die Natur weiß von keiner scheuslichern Mißgebuhrt als von Eltern / so keine Liebe zu ihren Kindern haben. Der grosse Redner Cicero, der sonst andere zu bewegen die kräfftigsten Beweißthümer zu suchen wuste / wurde durch nichts leichters bewogen als durch die Liebe seiner Kinder. Drum als er nach seinen unverschul- </p> </div> </body> </text> </TEI> [82/0088]
eben in den Tagen / da sich alles in Feyer-Kleidern auf-führete / da der Himmel selbst mit hellen Sonnenschein zur Freude halff / da musten diese betrübte Eltern mit Thränen vor dem Bette ihres Söhnleins sitzen; Ja der Schluß dieser Freudenvollen Zeit muste diesen ihren Augapffel die Augen schliessen / und einen reichen Thränen-Guß aus ihren Augen fliessen machen. Was aber hiebey am beweglichsten / ist dieses / daß / wie man mich benachrichtiget / das Sehl. Kind kurtz vor seinem Ende seiner weinenden und den anlassenden frühzeitigen Abschied ihres Kindes beklagenden Mutter selbst die Thränen abgewischet / und nicht zu weinen angemahnet. Ich wil hievon Anlaß nehmen in dieser anwesenden Trauer-Versammlung bald zu zeigen die durch den Bethränten selbst abgewischte Thränen.
Ignis in unda; Feuer bey Wasser / schrieb jener bey ein Glaß mit distilirten Wasser / ich möchte es wol zu den Thränen der betrübten Eltern und Groß-Eltern schreiben:
Ignis in unda, In diesem Wasser muß was heisses seyn verstecket / Weil durch die Thränen wird das Liebes-Feurentdecket / Was Sie bethränen / war ja wol liebens wehrt / es war ihr Kind / welches schon philtrum animae humanae, wie die Alten gesagt / ein Liebes-Trunck / dadurch die Hertzen der Eltern vergeben und gezwungen werden das zu lieben / was diesen Nahmen führet. Ja die Natur weiß von keiner scheuslichern Mißgebuhrt als von Eltern / so keine Liebe zu ihren Kindern haben. Der grosse Redner Cicero, der sonst andere zu bewegen die kräfftigsten Beweißthümer zu suchen wuste / wurde durch nichts leichters bewogen als durch die Liebe seiner Kinder. Drum als er nach seinen unverschul-
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Zitationshilfe: | Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/88>, abgerufen am 16.02.2025. |