Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.So wünschete auch die Sehl. wenn sie das Kleid / damit ihre Seele überkleidet war / ansahe. Exuar ut induar, Ach möchte ich nur bald diß alte Kleid verlieren / Und davor wiederum ein neues Kleid mich zieren.Nun ihres Wunsches ist sie endlich theilhafftig worden / Sie hat sich nun zum letztenmahl umgekleidet / und zum andern mahl wird Sie eingekleidet. Ein sanffter und sehliger Tod hat Ihr das alte Kleid aus- und ein neues angezogen: Die exuvias des alten Kleides den Leib haben wir in die Erde verscharren sehen / ihre Seele aber stehet nunmehr vor dem Thron GOttes unter denen die mit weissen Kleidern angethan GOTT schauen von Angesicht; Candidata exii kan Sie nun sagen: Weg altes schlechtes Kleid / man wird mich künfftig sehen In einem bessern Kleid / neu eingekleidet gehen.E cella in coelum migravit coelicola, Sie ist nun aus ihrer Celle ins Himmels-Zelt eingangen / und hat nun als eine rechte Domina die Herrschafft über alle ihre Feinde. Nunmehro hält sie horas in hohen Chor der Heil. Engel. Und endlich am jüngsten Tage wird Sie zum letztenmahl umgekleidet und zum drittenmahl eingekleidet werden; Da das alte Kleid / welches sie jetzund abgeleget / ihr gantz verneuret / unverweslich und unsterblich wird wieder angethan werden. Ob jemand über dieser neuen Kleidunge der Sehl. sich betrüben und Trostes vonnöthen habe / trage ich billig Zweiffel. Denn Anverwandte sehe ich nicht / und der sämtl. Würdige Convent dieses Closters würde es ungütig aufzunehmen Ursach finden / wenn man sie dieser Undanckbahrkeit beschuldigen wolte / daß sie ihrer so lang verdienten So wünschete auch die Sehl. wenn sie das Kleid / damit ihre Seele überkleidet war / ansahe. Exuar ut induar, Ach möchte ich nur bald diß alte Kleid verlieren / Und davor wiederum ein neues Kleid mich zieren.Nun ihres Wunsches ist sie endlich theilhafftig worden / Sie hat sich nun zum letztenmahl umgekleidet / und zum andern mahl wird Sie eingekleidet. Ein sanffter und sehliger Tod hat Ihr das alte Kleid aus- und ein neues angezogen: Die exuvias des alten Kleides den Leib haben wir in die Erde verscharren sehen / ihre Seele aber stehet nunmehr vor dem Thron GOttes unter denen die mit weissen Kleidern angethan GOTT schauen von Angesicht; Candidata exii kan Sie nun sagen: Weg altes schlechtes Kleid / man wird mich künfftig sehen In einem bessern Kleid / neu eingekleidet gehen.E cella in coelum migravit coelicola, Sie ist nun aus ihrer Celle ins Himmels-Zelt eingangen / und hat nun als eine rechte Domina die Herrschafft über alle ihre Feinde. Nunmehro hält sie horas in hohen Chor der Heil. Engel. Und endlich am jüngsten Tage wird Sie zum letztenmahl umgekleidet und zum drittenmahl eingekleidet werden; Da das alte Kleid / welches sie jetzund abgeleget / ihr gantz verneuret / unverweslich und unsterblich wird wieder angethan werden. Ob jemand über dieser neuen Kleidunge der Sehl. sich betrüben und Trostes vonnöthen habe / trage ich billig Zweiffel. Denn Anverwandte sehe ich nicht / und der sämtl. Würdige Convent dieses Closters würde es ungütig aufzunehmen Ursach finden / wenn man sie dieser Undanckbahrkeit beschuldigen wolte / daß sie ihrer so lang verdienten <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0084" n="78"/> <p>So wünschete auch die Sehl. wenn sie das Kleid / damit ihre Seele überkleidet war / ansahe.</p> <l>Exuar ut induar, Ach möchte ich nur bald diß alte Kleid verlieren / Und davor wiederum ein neues Kleid mich zieren.</l> <p>Nun ihres Wunsches ist sie endlich theilhafftig worden / Sie hat sich nun zum letztenmahl umgekleidet / und zum andern mahl wird Sie eingekleidet. Ein sanffter und sehliger Tod hat Ihr das alte Kleid aus- und ein neues angezogen: Die exuvias des alten Kleides den Leib haben wir in die Erde verscharren sehen / ihre Seele aber stehet nunmehr vor dem Thron GOttes unter denen die mit weissen Kleidern angethan GOTT schauen von Angesicht; Candidata exii kan Sie nun sagen:</p> <l>Weg altes schlechtes Kleid / man wird mich künfftig sehen In einem bessern Kleid / neu eingekleidet gehen.</l> <p>E cella in coelum migravit coelicola, Sie ist nun aus ihrer Celle ins Himmels-Zelt eingangen / und hat nun als eine rechte Domina die Herrschafft über alle ihre Feinde. Nunmehro hält sie horas in hohen Chor der Heil. Engel. Und endlich am jüngsten Tage wird Sie zum letztenmahl umgekleidet und zum drittenmahl eingekleidet werden; Da das alte Kleid / welches sie jetzund abgeleget / ihr gantz verneuret / unverweslich und unsterblich wird wieder angethan werden. Ob jemand über dieser neuen Kleidunge der Sehl. sich betrüben und Trostes vonnöthen habe / trage ich billig Zweiffel. Denn Anverwandte sehe ich nicht / und der sämtl. Würdige Convent dieses Closters würde es ungütig aufzunehmen Ursach finden / wenn man sie dieser Undanckbahrkeit beschuldigen wolte / daß sie ihrer so lang verdienten </p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0084]
So wünschete auch die Sehl. wenn sie das Kleid / damit ihre Seele überkleidet war / ansahe.
Exuar ut induar, Ach möchte ich nur bald diß alte Kleid verlieren / Und davor wiederum ein neues Kleid mich zieren. Nun ihres Wunsches ist sie endlich theilhafftig worden / Sie hat sich nun zum letztenmahl umgekleidet / und zum andern mahl wird Sie eingekleidet. Ein sanffter und sehliger Tod hat Ihr das alte Kleid aus- und ein neues angezogen: Die exuvias des alten Kleides den Leib haben wir in die Erde verscharren sehen / ihre Seele aber stehet nunmehr vor dem Thron GOttes unter denen die mit weissen Kleidern angethan GOTT schauen von Angesicht; Candidata exii kan Sie nun sagen:
Weg altes schlechtes Kleid / man wird mich künfftig sehen In einem bessern Kleid / neu eingekleidet gehen. E cella in coelum migravit coelicola, Sie ist nun aus ihrer Celle ins Himmels-Zelt eingangen / und hat nun als eine rechte Domina die Herrschafft über alle ihre Feinde. Nunmehro hält sie horas in hohen Chor der Heil. Engel. Und endlich am jüngsten Tage wird Sie zum letztenmahl umgekleidet und zum drittenmahl eingekleidet werden; Da das alte Kleid / welches sie jetzund abgeleget / ihr gantz verneuret / unverweslich und unsterblich wird wieder angethan werden. Ob jemand über dieser neuen Kleidunge der Sehl. sich betrüben und Trostes vonnöthen habe / trage ich billig Zweiffel. Denn Anverwandte sehe ich nicht / und der sämtl. Würdige Convent dieses Closters würde es ungütig aufzunehmen Ursach finden / wenn man sie dieser Undanckbahrkeit beschuldigen wolte / daß sie ihrer so lang verdienten
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Zitationshilfe: | Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/84>, abgerufen am 16.02.2025. |