Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

Bild:
<< vorherige Seite

Artzt an ihr sein Heil versucht / und sie seelig sterben heis sen. Diß geschahe aber am verwichenen Sonntage / eben an dem Tage / da sonst die Römische Kirche das Fest der Himmelfahrt Mariä hält. Ich meine / daß ich dieses diesen Morgen nicht zur Unzeit in meinem Calender wahrgenommen / denn bald darauff wurde ich von einigen der seligverstorbenen Frauen hinterlassenen Freunden ersucht / bey derselbigen Beerdigung eine kleine Rede zu halten; Da mir denn als einen schlechten Redner dieses fast schwer fallen wolte / erkundigte ich mich doch nach Ihren Nahmen / und wie ich hörete / daß sie Maria geheissen / so freuete ich mich / daß ich denen dienen kunte / welchen ich nichts versagen kan. Denn ich fand Anlaß / zu dem / wovon ich / wens ohn M. H. A. Verdruß geschehen könte / jetzo noch ein wenig reden wil: Ich meyne von dieser Marien wahrhafftigen Himmelfahrt. Wer am vergangenen Sonntage zu Rom oder sonst Papistischen Oertern gewesen / dürffte gehöret haben / wie hie und da ein Lügenden-reicher Mönch viel von dem Transitu oder Assumtione Mariae, von der Himmelfahrt der Mutter GOttes zu erzehlen gewust. Gieng doch schon zu des H. Augustini Zeiten diese Fabel in vollem Schwange / daß Maria / theils sagten 15. theils 23. Jahr nach ihres Sohnes Himmelfahrt ihre Nachfahrt auch dem Leibe nach gehalten / und unter dem Geleit und Frolocken der Engel in den Himmel aufgenommen sey: Wie grossen Zuwachs wird sie denn in so viel hundert Jahren bißhero noch genommen haben. Wie mancher träumender Mönch und Nonne haben ihre Einfälle wol hinzu gesetzet. Augustinus hat aber diese Zeitung von der Mariä Himmelfahrt schon zu seiner Zeit verworffen / und von der Zeit an biß auff diese Stunde ist es noch manchen / auch mitten im Pabstum / sehr sauer geworden / ihr Glauben beyzu-

Artzt an ihr sein Heil versucht / und sie seelig sterben heis sen. Diß geschahe aber am verwichenen Sonntage / eben an dem Tage / da sonst die Römische Kirche das Fest der Himmelfahrt Mariä hält. Ich meine / daß ich dieses diesen Morgen nicht zur Unzeit in meinem Calender wahrgenommen / denn bald darauff wurde ich von einigen der seligverstorbenen Frauen hinterlassenen Freunden ersucht / bey derselbigen Beerdigung eine kleine Rede zu halten; Da mir denn als einen schlechten Redner dieses fast schwer fallen wolte / erkundigte ich mich doch nach Ihren Nahmen / und wie ich hörete / daß sie Maria geheissen / so freuete ich mich / daß ich denen dienen kunte / welchen ich nichts versagen kan. Denn ich fand Anlaß / zu dem / wovon ich / wens ohn M. H. A. Verdruß geschehen könte / jetzo noch ein wenig reden wil: Ich meyne von dieser Marien wahrhafftigen Himmelfahrt. Wer am vergangenen Sonntage zu Rom oder sonst Papistischen Oertern gewesen / dürffte gehöret haben / wie hie und da ein Lügenden-reicher Mönch viel von dem Transitu oder Assumtione Mariae, von der Himmelfahrt der Mutter GOttes zu erzehlen gewust. Gieng doch schon zu des H. Augustini Zeiten diese Fabel in vollem Schwange / daß Maria / theils sagten 15. theils 23. Jahr nach ihres Sohnes Himmelfahrt ihre Nachfahrt auch dem Leibe nach gehalten / und unter dem Geleit und Frolocken der Engel in den Himmel aufgenommen sey: Wie grossen Zuwachs wird sie denn in so viel hundert Jahren bißhero noch genommen haben. Wie mancher träumender Mönch und Nonne haben ihre Einfälle wol hinzu gesetzet. Augustinus hat aber diese Zeitung von der Mariä Himmelfahrt schon zu seiner Zeit verworffen / und von der Zeit an biß auff diese Stunde ist es noch manchen / auch mitten im Pabstum / sehr sauer geworden / ihr Glauben beyzu-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0055" n="49"/>
Artzt an ihr sein Heil versucht / und
                     sie seelig sterben heis sen. Diß geschahe aber am verwichenen Sonntage / eben an
                     dem Tage / da sonst die Römische Kirche das Fest der Himmelfahrt Mariä hält. Ich
                     meine / daß ich dieses diesen Morgen nicht zur Unzeit in meinem Calender
                     wahrgenommen / denn bald darauff wurde ich von einigen der seligverstorbenen
                     Frauen hinterlassenen Freunden ersucht / bey derselbigen Beerdigung eine kleine
                     Rede zu halten; Da mir denn als einen schlechten Redner dieses fast schwer
                     fallen wolte / erkundigte ich mich doch nach Ihren Nahmen / und wie ich hörete /
                     daß sie Maria geheissen / so freuete ich mich / daß ich denen dienen kunte /
                     welchen ich nichts versagen kan. Denn ich fand Anlaß / zu dem / wovon ich / wens
                     ohn M. H. A. Verdruß geschehen könte / jetzo noch ein wenig reden wil: Ich meyne
                     von dieser Marien wahrhafftigen Himmelfahrt. Wer am vergangenen Sonntage zu Rom
                     oder sonst Papistischen Oertern gewesen / dürffte gehöret haben / wie hie und da
                     ein Lügenden-reicher Mönch viel von dem Transitu oder Assumtione Mariae, von der
                     Himmelfahrt der Mutter GOttes zu erzehlen gewust. Gieng doch schon zu des H.
                     Augustini Zeiten diese Fabel in vollem Schwange / daß Maria / theils sagten 15.
                     theils 23. Jahr nach ihres Sohnes Himmelfahrt ihre Nachfahrt auch dem Leibe nach
                     gehalten / und unter dem Geleit und Frolocken der Engel in den Himmel
                     aufgenommen sey: Wie grossen Zuwachs wird sie denn in so viel hundert Jahren
                     bißhero noch genommen haben. Wie mancher träumender Mönch und Nonne haben ihre
                     Einfälle wol hinzu gesetzet. Augustinus hat aber diese Zeitung von der Mariä
                     Himmelfahrt schon zu seiner Zeit verworffen / und von der Zeit an biß auff diese
                     Stunde ist es noch manchen / auch mitten im Pabstum / sehr sauer geworden / ihr
                     Glauben beyzu-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0055] Artzt an ihr sein Heil versucht / und sie seelig sterben heis sen. Diß geschahe aber am verwichenen Sonntage / eben an dem Tage / da sonst die Römische Kirche das Fest der Himmelfahrt Mariä hält. Ich meine / daß ich dieses diesen Morgen nicht zur Unzeit in meinem Calender wahrgenommen / denn bald darauff wurde ich von einigen der seligverstorbenen Frauen hinterlassenen Freunden ersucht / bey derselbigen Beerdigung eine kleine Rede zu halten; Da mir denn als einen schlechten Redner dieses fast schwer fallen wolte / erkundigte ich mich doch nach Ihren Nahmen / und wie ich hörete / daß sie Maria geheissen / so freuete ich mich / daß ich denen dienen kunte / welchen ich nichts versagen kan. Denn ich fand Anlaß / zu dem / wovon ich / wens ohn M. H. A. Verdruß geschehen könte / jetzo noch ein wenig reden wil: Ich meyne von dieser Marien wahrhafftigen Himmelfahrt. Wer am vergangenen Sonntage zu Rom oder sonst Papistischen Oertern gewesen / dürffte gehöret haben / wie hie und da ein Lügenden-reicher Mönch viel von dem Transitu oder Assumtione Mariae, von der Himmelfahrt der Mutter GOttes zu erzehlen gewust. Gieng doch schon zu des H. Augustini Zeiten diese Fabel in vollem Schwange / daß Maria / theils sagten 15. theils 23. Jahr nach ihres Sohnes Himmelfahrt ihre Nachfahrt auch dem Leibe nach gehalten / und unter dem Geleit und Frolocken der Engel in den Himmel aufgenommen sey: Wie grossen Zuwachs wird sie denn in so viel hundert Jahren bißhero noch genommen haben. Wie mancher träumender Mönch und Nonne haben ihre Einfälle wol hinzu gesetzet. Augustinus hat aber diese Zeitung von der Mariä Himmelfahrt schon zu seiner Zeit verworffen / und von der Zeit an biß auff diese Stunde ist es noch manchen / auch mitten im Pabstum / sehr sauer geworden / ihr Glauben beyzu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/55
Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/55>, abgerufen am 24.11.2024.