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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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manentem, wir haben hier keine bleibende Statt / schrieb einer bey einem Schwalben-Zug / die von einem Ort zum andern ziehen. Paulus sagt diese Worte / aber nicht von der Schwalbe / sondern von den Menschen / von denen ist und bleibet es wahr / wir haben hie keine bleibende Statt / und so lange wir die nicht haben / sind wir noch immer auff der Reise: Nusquam non hospita war die überschrifft / so eine sinnreiche Feder bey einer Schnecke schrieb; allenthalben ein Gast und Frembdling; denn diese / ob sie gleich ihr Hauß auff den Rücken trägt / ist doch nirgends zu Hause. Wer von uns Menschen sagte: Nusquam non hospites, wir sind allent halben Gäste und Frembdlinge / der würde uns gar nicht unrecht thun / denn wir sinds / oder Jacob muß unrecht sagen / wenn er sein Leben eine Walfahrt nennet. Die Erde ist ja des HErrn / das Dominium behält er vorsich / und läst uns den usum, so sind wir Inquilini Einkömlinge und Gäste / die wir nichts eigenes haben. Ja wenn wir den Fuß auß der Wiegen setzen / so setzen wir ihn auff die lange Strasse / da wir nicht abkommen / biß wir ins Grab kommen; wenn es dahin kommt / so sind wir in termino, da wir ewig bleiben müssen. Es heist: Nullum iter sine exitu, kein Gang so lang / er hat seinen Außgang / hierzu gelanget der eine zeitig / der ander spät.

Tardius aut citius metam properamus ad unam;

Der da reitet und zu Fuß gehet / reisen beyde / und kommen endlich beyde zu Hause / doch mit diesem Unterscheid / daß der eine etliche Stnnde eher zur Ruhe kommt / als der andere; die Raqueten steigen schnell in die Höhe / ein ander Feur langsahmer / werden doch endlich beyde zu Rauch und Dampff. Ob das Feur des Lebens bey diesen sich länger als bey einem endern auffhält / müssen sie doch alle vergehen wie eine dünne Luft / ihre Reise muß ein Ende nehmen heute oder morgen. Aber wie saur wird den Menschen diese Reise / Steine liegen

manentem, wir haben hier keine bleibende Statt / schrieb einer bey einem Schwalben-Zug / die von einem Ort zum andern ziehen. Paulus sagt diese Worte / aber nicht von der Schwalbe / sondern von den Menschen / von denen ist und bleibet es wahr / wir haben hie keine bleibende Statt / und so lange wir die nicht haben / sind wir noch immer auff der Reise: Nusquam non hospita war die überschrifft / so eine sinnreiche Feder bey einer Schnecke schrieb; allenthalben ein Gast und Frembdling; denn diese / ob sie gleich ihr Hauß auff den Rücken trägt / ist doch nirgends zu Hause. Wer von uns Menschen sagte: Nusquam non hospites, wir sind allent halben Gäste und Frembdlinge / der würde uns gar nicht unrecht thun / denn wir sinds / oder Jacob muß unrecht sagen / wenn er sein Leben eine Walfahrt nennet. Die Erde ist ja des HErrn / das Dominium behält er vorsich / und läst uns den usum, so sind wir Inquilini Einkömlinge und Gäste / die wir nichts eigenes haben. Ja wenn wir den Fuß auß der Wiegen setzen / so setzen wir ihn auff die lange Strasse / da wir nicht abkom̃en / biß wir ins Grab kom̃en; wenn es dahin kommt / so sind wir in termino, da wir ewig bleiben müssen. Es heist: Nullum iter sine exitu, kein Gang so lang / er hat seinen Außgang / hierzu gelanget der eine zeitig / der ander spät.

Tardius aut citius metam properamus ad unam;

Der da reitet und zu Fuß gehet / reisen beyde / und kommen endlich beyde zu Hause / doch mit diesem Unterscheid / daß der eine etliche Stnnde eher zur Ruhe kommt / als der andere; die Raqueten steigen schnell in die Höhe / ein ander Feur langsahmer / werden doch endlich beyde zu Rauch und Dampff. Ob das Feur des Lebens bey diesen sich länger als bey einem endern auffhält / müssen sie doch alle vergehen wie eine dünne Luft / ihre Reise muß ein Ende nehmen heute oder morgen. Aber wie saur wird den Menschen diese Reise / Steine liegen

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[29/0035] manentem, wir haben hier keine bleibende Statt / schrieb einer bey einem Schwalben-Zug / die von einem Ort zum andern ziehen. Paulus sagt diese Worte / aber nicht von der Schwalbe / sondern von den Menschen / von denen ist und bleibet es wahr / wir haben hie keine bleibende Statt / und so lange wir die nicht haben / sind wir noch immer auff der Reise: Nusquam non hospita war die überschrifft / so eine sinnreiche Feder bey einer Schnecke schrieb; allenthalben ein Gast und Frembdling; denn diese / ob sie gleich ihr Hauß auff den Rücken trägt / ist doch nirgends zu Hause. Wer von uns Menschen sagte: Nusquam non hospites, wir sind allent halben Gäste und Frembdlinge / der würde uns gar nicht unrecht thun / denn wir sinds / oder Jacob muß unrecht sagen / wenn er sein Leben eine Walfahrt nennet. Die Erde ist ja des HErrn / das Dominium behält er vorsich / und läst uns den usum, so sind wir Inquilini Einkömlinge und Gäste / die wir nichts eigenes haben. Ja wenn wir den Fuß auß der Wiegen setzen / so setzen wir ihn auff die lange Strasse / da wir nicht abkom̃en / biß wir ins Grab kom̃en; wenn es dahin kommt / so sind wir in termino, da wir ewig bleiben müssen. Es heist: Nullum iter sine exitu, kein Gang so lang / er hat seinen Außgang / hierzu gelanget der eine zeitig / der ander spät. Tardius aut citius metam properamus ad unam; Der da reitet und zu Fuß gehet / reisen beyde / und kommen endlich beyde zu Hause / doch mit diesem Unterscheid / daß der eine etliche Stnnde eher zur Ruhe kommt / als der andere; die Raqueten steigen schnell in die Höhe / ein ander Feur langsahmer / werden doch endlich beyde zu Rauch und Dampff. Ob das Feur des Lebens bey diesen sich länger als bey einem endern auffhält / müssen sie doch alle vergehen wie eine dünne Luft / ihre Reise muß ein Ende nehmen heute oder morgen. Aber wie saur wird den Menschen diese Reise / Steine liegen

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/35>, abgerufen am 29.03.2024.