Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.Gottes / welches nicht irren / die Engel / welche nicht liegen / sein eigen Hertz das nicht triegen kan / und mehr gilt als tausend Zeugen. Diese alle nahmen kein Blat fürs Maul / sondern sagten trucken herauß: Ja / ja du hast gesündiget. Er sahe die Gerechtigkeit seines Richters an / Er sahe sie an / als eine accurate Wage / davon es heist: Suum cuique. Kunte also kein anders als widriges Urtheil empfangen; Mercklich war es / daß dem Sehl. Verstorbenen dieser Process in Traum war vorgekommen / wie er ihn mir selbst / da ich ihm heute vor acht Tagen besuchte / zwar mit etwas verwirreten Gedancken / doch deutlich erzehlete / aber / setzte er hinzu: Weiß er was? ich will von dem Urtheil leuteriren und hernach appelliren. Etwa eine Stunde darnach / gab Gott die Gnade / daß er seine durch die Kranckheit bißher gehemmete Vernunfft / völlig gebrauchen kunte / da nahm er willig an / daß ich ihm dessen erinnerte / worzu er sich vorhin erkläret; Ich schlug ihm darauff in seiner Bibel / in welcher er / sonderlich im N. T. die Kernsprüche unterstrichen hatte / in dem Propheten Jes. cap. I. die Worte auf / da GOTT saget: Kommt und last uns mit einander rechten / wenn denn eure Sünde gleich blut-roht ist / soll sie doch schneeweiß werden / und wenn sie gleich ist wie Rosinfarbe / soll sie doch wie Wolle werden; Applicirte ihm dieselbe / darauf resolvirte er sich alsobald / ja ich muß an den Process an / ich wil ihn aber mit GOtt glücklich außführen. Er hielt auch redlich Wort. Er wuste sich aber als ein in dem Articulvon oder Rechtfertigung wolgegründeter Christ wol zubescheiden / daß er sich nicht entschuldigen / sondern selber richten muste / wenn er in diesem Rechtshandel fortkommen wolte / das that er auch alsobald / er ward sein eigner Fiscal, klagte sich selber an / daß er ein grosser Sünder / und sagte es seinem Widersacher den Teufel in die Augen / daß er ihn zu dieser und jener Sünde / die er mir auch / als seinen Gottes / welches nicht irren / die Engel / welche nicht liegen / sein eigen Hertz das nicht triegen kan / und mehr gilt als tausend Zeugen. Diese alle nahmen kein Blat fürs Maul / sondern sagten trucken herauß: Ja / ja du hast gesündiget. Er sahe die Gerechtigkeit seines Richters an / Er sahe sie an / als eine accurate Wage / davon es heist: Suum cuique. Kunte also kein anders als widriges Urtheil empfangen; Mercklich war es / daß dem Sehl. Verstorbenen dieser Process in Traum war vorgekommen / wie er ihn mir selbst / da ich ihm heute vor acht Tagen besuchte / zwar mit etwas verwirreten Gedancken / doch deutlich erzehlete / aber / setzte er hinzu: Weiß er was? ich will von dem Urtheil leuteriren und hernach appelliren. Etwa eine Stunde darnach / gab Gott die Gnade / daß er seine durch die Kranckheit bißher gehemmete Vernunfft / völlig gebrauchen kunte / da nahm er willig an / daß ich ihm dessen erinnerte / worzu er sich vorhin erkläret; Ich schlug ihm darauff in seiner Bibel / in welcher er / sonderlich im N. T. die Kernsprüche unterstrichen hatte / in dem Propheten Jes. cap. I. die Worte auf / da GOTT saget: Kom̃t und last uns mit einander rechten / wenn denn eure Sünde gleich blut-roht ist / soll sie doch schneeweiß werden / und wenn sie gleich ist wie Rosinfarbe / soll sie doch wie Wolle werden; Applicirte ihm dieselbe / darauf resolvirte er sich alsobald / ja ich muß an den Process an / ich wil ihn aber mit GOtt glücklich außführen. Er hielt auch redlich Wort. Er wuste sich aber als ein in dem Articulvon oder Rechtfertigung wolgegründeter Christ wol zubescheiden / daß er sich nicht entschuldigen / sondern selber richten muste / weñ er in diesem Rechtshandel fortkommen wolte / das that er auch alsobald / er ward sein eigner Fiscal, klagte sich selber an / daß er ein grosser Sünder / und sagte es seinem Widersacher den Teufel in die Augen / daß er ihn zu dieser und jener Sünde / die er mir auch / als seinen <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0019" n="13"/> Gottes / welches nicht irren / die Engel / welche nicht liegen / sein eigen Hertz das nicht triegen kan / und mehr gilt als tausend Zeugen. Diese alle nahmen kein Blat fürs Maul / sondern sagten trucken herauß: Ja / ja du hast gesündiget. Er sahe die Gerechtigkeit seines Richters an / Er sahe sie an / als eine accurate Wage / davon es heist: Suum cuique. Kunte also kein anders als widriges Urtheil empfangen; Mercklich war es / daß dem Sehl. Verstorbenen dieser Process in Traum war vorgekommen / wie er ihn mir selbst / da ich ihm heute vor acht Tagen besuchte / zwar mit etwas verwirreten Gedancken / doch deutlich erzehlete / aber / setzte er hinzu: Weiß er was? ich will von dem Urtheil leuteriren und hernach appelliren. Etwa eine Stunde darnach / gab Gott die Gnade / daß er seine durch die Kranckheit bißher gehemmete Vernunfft / völlig gebrauchen kunte / da nahm er willig an / daß ich ihm dessen erinnerte / worzu er sich vorhin erkläret; Ich schlug ihm darauff in seiner Bibel / in welcher er / sonderlich im N. T. die Kernsprüche unterstrichen hatte / in dem Propheten Jes. cap. I. die Worte auf / da GOTT saget: Kom̃t und last uns mit einander rechten / wenn denn eure Sünde gleich blut-roht ist / soll sie doch schneeweiß werden / und wenn sie gleich ist wie Rosinfarbe / soll sie doch wie Wolle werden; Applicirte ihm dieselbe / darauf resolvirte er sich alsobald / ja ich muß an den Process an / ich wil ihn aber mit GOtt glücklich außführen. Er hielt auch redlich Wort. Er wuste sich aber als ein in dem Articulvon oder Rechtfertigung wolgegründeter Christ wol zubescheiden / daß er sich nicht entschuldigen / sondern selber richten muste / weñ er in diesem Rechtshandel fortkommen wolte / das that er auch alsobald / er ward sein eigner Fiscal, klagte sich selber an / daß er ein grosser Sünder / und sagte es seinem Widersacher den Teufel in die Augen / daß er ihn zu dieser und jener Sünde / die er mir auch / als seinen </p> </div> </body> </text> </TEI> [13/0019]
Gottes / welches nicht irren / die Engel / welche nicht liegen / sein eigen Hertz das nicht triegen kan / und mehr gilt als tausend Zeugen. Diese alle nahmen kein Blat fürs Maul / sondern sagten trucken herauß: Ja / ja du hast gesündiget. Er sahe die Gerechtigkeit seines Richters an / Er sahe sie an / als eine accurate Wage / davon es heist: Suum cuique. Kunte also kein anders als widriges Urtheil empfangen; Mercklich war es / daß dem Sehl. Verstorbenen dieser Process in Traum war vorgekommen / wie er ihn mir selbst / da ich ihm heute vor acht Tagen besuchte / zwar mit etwas verwirreten Gedancken / doch deutlich erzehlete / aber / setzte er hinzu: Weiß er was? ich will von dem Urtheil leuteriren und hernach appelliren. Etwa eine Stunde darnach / gab Gott die Gnade / daß er seine durch die Kranckheit bißher gehemmete Vernunfft / völlig gebrauchen kunte / da nahm er willig an / daß ich ihm dessen erinnerte / worzu er sich vorhin erkläret; Ich schlug ihm darauff in seiner Bibel / in welcher er / sonderlich im N. T. die Kernsprüche unterstrichen hatte / in dem Propheten Jes. cap. I. die Worte auf / da GOTT saget: Kom̃t und last uns mit einander rechten / wenn denn eure Sünde gleich blut-roht ist / soll sie doch schneeweiß werden / und wenn sie gleich ist wie Rosinfarbe / soll sie doch wie Wolle werden; Applicirte ihm dieselbe / darauf resolvirte er sich alsobald / ja ich muß an den Process an / ich wil ihn aber mit GOtt glücklich außführen. Er hielt auch redlich Wort. Er wuste sich aber als ein in dem Articulvon oder Rechtfertigung wolgegründeter Christ wol zubescheiden / daß er sich nicht entschuldigen / sondern selber richten muste / weñ er in diesem Rechtshandel fortkommen wolte / das that er auch alsobald / er ward sein eigner Fiscal, klagte sich selber an / daß er ein grosser Sünder / und sagte es seinem Widersacher den Teufel in die Augen / daß er ihn zu dieser und jener Sünde / die er mir auch / als seinen
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Zitationshilfe: | Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/19>, abgerufen am 27.07.2024. |