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Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702.

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nach richt ich mich. Gebraucht der Schuster Maaß und Leiste nicht / so wird der Schuh entweder zu lang oder zu kurtz / zu enge oder zu weit / und passet dem nicht / der Ihn haben soll: So gehets mit dem Christenthum und unsern Wandel / setzet man die richtige Maaß und Norm des Worts GOttes beyseit / so ists verdorben und hat keine Art. Da sich aber unser Seel. hiernach richtete / so war Er richtig in seinem Gottes-Dienst / richtig in seiner Hausandacht / richtig in seinem Glauben und Aufrichtigkeit gegen dem Nechsten. Denn Er litte in seiner Werckstadt nicht übermässigen noch so genandten Verlag an den Schuhen / da das Putz Holtz und die Farben es macht / daß es äusserlich scheinet / als wären es volle Sohlen und sind doch meist Flicken / bey welchen man wol setzen möchte: Externa tantum, Sie gläntzen schön von aussen / und so sahe Er alle Heuchler und falsche Leute an / welche ihre Worte auswendig putzen und schmücken mit dem Schein des Rechtens / und sind doch von lauter Schalckheit und Betrug zusammen gesetzet. Denen wiedersetzte Er sich aufs hefftigste / wie wol zu seinen Schaden / denn es ging Ihm dabey wie einem Schuh / bey welchen man diese Worte schreiben möchte: Terendo teritur,

Er wil den Koht betreten / Und wird selbst abgetreten.

Denn über dem schon obgedachten grossen Haus-Creutz ist ja bekandt / was Ihm hie und da vor Verdruß und Hertzeleyd gemacht; Doch was war hiebey zuthun / Geduld war das beste Mittel / der Dreck muß dennoch dem Schuh weichen / ob gleich der Schuh davon: Schaden nimmt. Un-

nach richt ich mich. Gebraucht der Schuster Maaß und Leiste nicht / so wird der Schuh entweder zu lang oder zu kurtz / zu enge oder zu weit / und passet dem nicht / der Ihn haben soll: So gehets mit dem Christenthum und unsern Wandel / setzet man die richtige Maaß und Norm des Worts GOttes beyseit / so ists verdorben und hat keine Art. Da sich aber unser Seel. hiernach richtete / so war Er richtig in seinem Gottes-Dienst / richtig in seiner Hausandacht / richtig in seinem Glauben und Aufrichtigkeit gegen dem Nechsten. Denn Er litte in seiner Werckstadt nicht übermässigen noch so genandten Verlag an den Schuhen / da das Putz Holtz und die Farben es macht / daß es äusserlich scheinet / als wären es volle Sohlen und sind doch meist Flicken / bey welchen man wol setzen möchte: Externa tantum, Sie gläntzen schön von aussen / und so sahe Er alle Heuchler und falsche Leute an / welche ihre Worte auswendig putzen und schmücken mit dem Schein des Rechtens / und sind doch von lauter Schalckheit und Betrug zusammen gesetzet. Denen wiedersetzte Er sich aufs hefftigste / wie wol zu seinen Schaden / denn es ging Ihm dabey wie einem Schuh / bey welchen man diese Worte schreiben möchte: Terendo teritur,

Er wil den Koht betreten / Und wird selbst abgetreten.

Denn über dem schon obgedachten grossen Haus-Creutz ist ja bekandt / was Ihm hie und da vor Verdruß und Hertzeleyd gemacht; Doch was war hiebey zuthun / Geduld war das beste Mittel / der Dreck muß dennoch dem Schuh weichen / ob gleich der Schuh davon: Schaden nim̃t. Un-

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                     passet dem nicht / der Ihn haben soll: So gehets mit dem Christenthum und unsern
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                     richtig in seinem Glauben und Aufrichtigkeit gegen dem Nechsten. Denn Er litte
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                     / da das Putz Holtz und die Farben es macht / daß es äusserlich scheinet / als
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                     möchte: Externa tantum, Sie gläntzen schön von aussen / und so sahe Er alle
                     Heuchler und falsche Leute an / welche ihre Worte auswendig putzen und schmücken
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[158/0164] nach richt ich mich. Gebraucht der Schuster Maaß und Leiste nicht / so wird der Schuh entweder zu lang oder zu kurtz / zu enge oder zu weit / und passet dem nicht / der Ihn haben soll: So gehets mit dem Christenthum und unsern Wandel / setzet man die richtige Maaß und Norm des Worts GOttes beyseit / so ists verdorben und hat keine Art. Da sich aber unser Seel. hiernach richtete / so war Er richtig in seinem Gottes-Dienst / richtig in seiner Hausandacht / richtig in seinem Glauben und Aufrichtigkeit gegen dem Nechsten. Denn Er litte in seiner Werckstadt nicht übermässigen noch so genandten Verlag an den Schuhen / da das Putz Holtz und die Farben es macht / daß es äusserlich scheinet / als wären es volle Sohlen und sind doch meist Flicken / bey welchen man wol setzen möchte: Externa tantum, Sie gläntzen schön von aussen / und so sahe Er alle Heuchler und falsche Leute an / welche ihre Worte auswendig putzen und schmücken mit dem Schein des Rechtens / und sind doch von lauter Schalckheit und Betrug zusammen gesetzet. Denen wiedersetzte Er sich aufs hefftigste / wie wol zu seinen Schaden / denn es ging Ihm dabey wie einem Schuh / bey welchen man diese Worte schreiben möchte: Terendo teritur, Er wil den Koht betreten / Und wird selbst abgetreten. Denn über dem schon obgedachten grossen Haus-Creutz ist ja bekandt / was Ihm hie und da vor Verdruß und Hertzeleyd gemacht; Doch was war hiebey zuthun / Geduld war das beste Mittel / der Dreck muß dennoch dem Schuh weichen / ob gleich der Schuh davon: Schaden nim̃t. Un-

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Zitationshilfe: Finen, Eberhard: Helmstädtsche Denk- und Dank-Reden. Helmstedt, 1702, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/finen_dankreden_1702/164>, abgerufen am 28.04.2024.