übertritt, sondern sich unmittelbar an diese Vorgänge an¬ schließt, sich als eine auf das Gebiet äußeren Thuns ver¬ legte Fortsetzung derselben darstellt. Indem wir durch irgend etwas, was der unmittelbaren Wahrnehmung des Auges oder dem vorstellenden Bewußtsein erscheint, auch nur zu einer Geberde veranlaßt werden, welche ein zu Sehendes andeuten soll, so ist es einzig und allein der Gesichtssinn, der sich hier wirksam erweist, der, wie er zunächst die Empfindungen und Wahrnehmungen eines Sichtbaren liefert, nun auch den äußeren Mechanismus des menschlichen Körpers in Bewegung setzt, um das, wozu ihm bis dahin nur innere Vorgänge zu Gebote standen, dadurch zu einer neuen und weiteren Entwickelung zu bringen, daß er nun auch die Ausdrucksfähigkeit der menschlichen Natur seinen Zwecken dienstbar macht. Es ist ein und derselbe Vorgang, der, mit Empfindungen und Wahrnehmungen beginnend, sich schließlich in Ausdrucks¬ bewegungen entfaltet, und man muß sich durchaus von der Auffassung losmachen, als ob zwei verschiedene Vor¬ gänge statt hätten, der eine, der mit der Entwickelung von Gesichtsvorstellungen schlösse, der andere, der mit dem Ver¬ such, die innerlich vorhandenen Vorstellungen äußerlich nach¬ zubilden, anfinge.
Es ist nicht zu leugnen, daß jene verbreitete Auffassung, die in allen Bemühungen des Menschen, Sichtbares äußer¬ lich darzustellen, nichts anderes erblickt, als relativ unvoll¬ kommene Versuche, etwas nachzubilden, was in vollkommen¬ ster Weise dem schauenden Bewußtsein mühelos zu theil
übertritt, ſondern ſich unmittelbar an dieſe Vorgänge an¬ ſchließt, ſich als eine auf das Gebiet äußeren Thuns ver¬ legte Fortſetzung derſelben darſtellt. Indem wir durch irgend etwas, was der unmittelbaren Wahrnehmung des Auges oder dem vorſtellenden Bewußtſein erſcheint, auch nur zu einer Geberde veranlaßt werden, welche ein zu Sehendes andeuten ſoll, ſo iſt es einzig und allein der Geſichtsſinn, der ſich hier wirkſam erweiſt, der, wie er zunächſt die Empfindungen und Wahrnehmungen eines Sichtbaren liefert, nun auch den äußeren Mechanismus des menſchlichen Körpers in Bewegung ſetzt, um das, wozu ihm bis dahin nur innere Vorgänge zu Gebote ſtanden, dadurch zu einer neuen und weiteren Entwickelung zu bringen, daß er nun auch die Ausdrucksfähigkeit der menſchlichen Natur ſeinen Zwecken dienſtbar macht. Es iſt ein und derſelbe Vorgang, der, mit Empfindungen und Wahrnehmungen beginnend, ſich ſchließlich in Ausdrucks¬ bewegungen entfaltet, und man muß ſich durchaus von der Auffaſſung losmachen, als ob zwei verſchiedene Vor¬ gänge ſtatt hätten, der eine, der mit der Entwickelung von Geſichtsvorſtellungen ſchlöſſe, der andere, der mit dem Ver¬ ſuch, die innerlich vorhandenen Vorſtellungen äußerlich nach¬ zubilden, anfinge.
Es iſt nicht zu leugnen, daß jene verbreitete Auffaſſung, die in allen Bemühungen des Menſchen, Sichtbares äußer¬ lich darzuſtellen, nichts anderes erblickt, als relativ unvoll¬ kommene Verſuche, etwas nachzubilden, was in vollkommen¬ ſter Weiſe dem ſchauenden Bewußtſein mühelos zu theil
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[85/0097]
übertritt, ſondern ſich unmittelbar an dieſe Vorgänge an¬
ſchließt, ſich als eine auf das Gebiet äußeren Thuns ver¬
legte Fortſetzung derſelben darſtellt. Indem wir durch
irgend etwas, was der unmittelbaren Wahrnehmung des
Auges oder dem vorſtellenden Bewußtſein erſcheint, auch
nur zu einer Geberde veranlaßt werden, welche ein zu
Sehendes andeuten ſoll, ſo iſt es einzig und allein der
Geſichtsſinn, der ſich hier wirkſam erweiſt, der, wie er
zunächſt die Empfindungen und Wahrnehmungen eines
Sichtbaren liefert, nun auch den äußeren Mechanismus
des menſchlichen Körpers in Bewegung ſetzt, um das,
wozu ihm bis dahin nur innere Vorgänge zu Gebote
ſtanden, dadurch zu einer neuen und weiteren Entwickelung
zu bringen, daß er nun auch die Ausdrucksfähigkeit der
menſchlichen Natur ſeinen Zwecken dienſtbar macht. Es
iſt ein und derſelbe Vorgang, der, mit Empfindungen und
Wahrnehmungen beginnend, ſich ſchließlich in Ausdrucks¬
bewegungen entfaltet, und man muß ſich durchaus von
der Auffaſſung losmachen, als ob zwei verſchiedene Vor¬
gänge ſtatt hätten, der eine, der mit der Entwickelung von
Geſichtsvorſtellungen ſchlöſſe, der andere, der mit dem Ver¬
ſuch, die innerlich vorhandenen Vorſtellungen äußerlich nach¬
zubilden, anfinge.
Es iſt nicht zu leugnen, daß jene verbreitete Auffaſſung,
die in allen Bemühungen des Menſchen, Sichtbares äußer¬
lich darzuſtellen, nichts anderes erblickt, als relativ unvoll¬
kommene Verſuche, etwas nachzubilden, was in vollkommen¬
ſter Weiſe dem ſchauenden Bewußtſein mühelos zu theil
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/97>, abgerufen am 16.07.2024.
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