Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.rückführen von dem, was nur gesehen werden kann, auf Wenn wir einer Täuschung unterliegen, indem wir rückführen von dem, was nur geſehen werden kann, auf Wenn wir einer Täuſchung unterliegen, indem wir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="63"/> rückführen von dem, was nur geſehen werden kann, auf<lb/> etwas, was nicht geſehen werden kann, weniger leicht mög¬<lb/> lich. Auch hier freilich meinen wir, auf einem ganz ſicheren<lb/> Boden zu ſtehen, indem wir das Urtheil über die Richtig¬<lb/> keit oder Unrichtigkeit der ſubjectiven Sinneswahrnehmung<lb/> in ein objectives Vorhandenſein deſſen zu verlegen pflegen,<lb/> was wahrgenommen werden ſoll. Aber es kann doch<lb/> wenigſtens darüber kein Zweifel obwalten, daß es nur ein<lb/> Sichtbares ſein kann, an dem wir die Richtigkeit des<lb/> Sehens prüfen, und da dieſes Sichtbare keine andere<lb/> Exiſtenz beſitzt, als ſein Geſehen- und als geſehen Vorge¬<lb/> ſtellt-werden, ſo läuft jene Prüfung auf die Unterſuchung<lb/> der Uebereinſtimmung oder Nichtübereinſtimmung — nicht<lb/> zwiſchen Wahrnehmung und Vorſtellung einerſeits, einem<lb/> objectiv Vorhandenen andererſeits, — ſondern zwiſchen den<lb/> Wahrnehmungen und Vorſtellungen der verſchiedenen Indi¬<lb/> viduen hinaus. Wieweit eine ſolche Feſtſtellung der Ueber¬<lb/> einſtimmung oder Nichtübereinſtimmung möglich iſt, ge¬<lb/> hört nicht hierher.</p><lb/> <p>Wenn wir einer Täuſchung unterliegen, indem wir<lb/> für die Vollſtändigkeit und Richtigkeit unſerer Geſichts¬<lb/> wahrnehmungen oder Vorſtellungen als ſolcher einen Ma߬<lb/> ſtab an etwas zu haben meinen, was ſich als gar nicht<lb/> durch den Geſichtsſinn wahrnehmbar oder vorſtellbar er¬<lb/> weiſt, ſo verfallen wir in eine ähnliche Täuſchung, indem<lb/> wir Geſichtswahrnehmungen oder Vorſtellungen für das<lb/> Geſammtleben unſeres Bewußtſeins in einer Form reali¬<lb/> ſiren, die aus ganz anderem Stoffe beſteht, als dem durch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [63/0075]
rückführen von dem, was nur geſehen werden kann, auf
etwas, was nicht geſehen werden kann, weniger leicht mög¬
lich. Auch hier freilich meinen wir, auf einem ganz ſicheren
Boden zu ſtehen, indem wir das Urtheil über die Richtig¬
keit oder Unrichtigkeit der ſubjectiven Sinneswahrnehmung
in ein objectives Vorhandenſein deſſen zu verlegen pflegen,
was wahrgenommen werden ſoll. Aber es kann doch
wenigſtens darüber kein Zweifel obwalten, daß es nur ein
Sichtbares ſein kann, an dem wir die Richtigkeit des
Sehens prüfen, und da dieſes Sichtbare keine andere
Exiſtenz beſitzt, als ſein Geſehen- und als geſehen Vorge¬
ſtellt-werden, ſo läuft jene Prüfung auf die Unterſuchung
der Uebereinſtimmung oder Nichtübereinſtimmung — nicht
zwiſchen Wahrnehmung und Vorſtellung einerſeits, einem
objectiv Vorhandenen andererſeits, — ſondern zwiſchen den
Wahrnehmungen und Vorſtellungen der verſchiedenen Indi¬
viduen hinaus. Wieweit eine ſolche Feſtſtellung der Ueber¬
einſtimmung oder Nichtübereinſtimmung möglich iſt, ge¬
hört nicht hierher.
Wenn wir einer Täuſchung unterliegen, indem wir
für die Vollſtändigkeit und Richtigkeit unſerer Geſichts¬
wahrnehmungen oder Vorſtellungen als ſolcher einen Ma߬
ſtab an etwas zu haben meinen, was ſich als gar nicht
durch den Geſichtsſinn wahrnehmbar oder vorſtellbar er¬
weiſt, ſo verfallen wir in eine ähnliche Täuſchung, indem
wir Geſichtswahrnehmungen oder Vorſtellungen für das
Geſammtleben unſeres Bewußtſeins in einer Form reali¬
ſiren, die aus ganz anderem Stoffe beſteht, als dem durch
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