Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.habe nun eben zwei Gegenstände, die in ihrer tastbaren, Bei anderen in das Bereich der Sichtbarkeit gehörigen habe nun eben zwei Gegenſtände, die in ihrer taſtbaren, Bei anderen in das Bereich der Sichtbarkeit gehörigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="62"/> habe nun eben zwei Gegenſtände, die in ihrer taſtbaren,<lb/> meßbaren, berechenbaren Form übereinſtimmen mögen, von<lb/> denen beiden ich aber die Form, wie ſie dem Auge er¬<lb/> ſcheint, eben nur dem Auge, nicht aber einer Abformung<lb/> verdanken kann. Wer aber meint, daß die Photographie<lb/> dieſes Geſichtsbild in der untrüglichſten Weiſe liefere, weil<lb/> wohl das Auge, nicht aber eine Maſchine irren könne, der<lb/> muß von der Vorausſetzung ausgehen, daß der Vorgang,<lb/> durch den im menſchlichen Auge und Gehirn das Geſichts¬<lb/> bild entſteht, ganz dem gleiche, durch den im photographi¬<lb/> ſchen Apparat das photographiſche Product zu Stande<lb/> kommt; eine Vorausſetzung, die im Ernſte Niemand machen<lb/> kann. Im Grunde kann auf photographiſchem Wege doch<lb/> nur etwas hergeſtellt werden, was eben keine Geſichtsvor¬<lb/> ſtellung iſt, ſondern wovon wir uns erſt eine Geſichtsvor¬<lb/> ſtellung bilden müſſen. Beſteht zwiſchen einem photo¬<lb/> graphiſchen und einem anderweitig hergeſtellten Gegenſtand,<lb/> wie bei Schriften, Drucken, planimetriſchen Figuren, Zeich¬<lb/> nungen u. ſ. w. und den nach ihnen angefertigten Nach¬<lb/> bildungen eine Uebereinſtimmung in ihrer anderweitigen<lb/> Beſchaffenheit, ſo werden Original und Nachbildung das¬<lb/> ſelbe Geſichtsbild liefern. Wo aber dieſe Uebereinſtimmung<lb/> nicht vorhanden iſt, da wird die Photographie kein treues<lb/> Abbild des Originals ſein, vielmehr wird eben das Original<lb/> ganz anders ausſehen als das Nachbild.</p><lb/> <p>Bei anderen in das Bereich der Sichtbarkeit gehörigen<lb/> Qualitäten der Dinge, wie Farben, Unterſchieden von hell<lb/> und dunkel, Glanz u. ſ. w. iſt ein mißverſtändliches Zu¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [62/0074]
habe nun eben zwei Gegenſtände, die in ihrer taſtbaren,
meßbaren, berechenbaren Form übereinſtimmen mögen, von
denen beiden ich aber die Form, wie ſie dem Auge er¬
ſcheint, eben nur dem Auge, nicht aber einer Abformung
verdanken kann. Wer aber meint, daß die Photographie
dieſes Geſichtsbild in der untrüglichſten Weiſe liefere, weil
wohl das Auge, nicht aber eine Maſchine irren könne, der
muß von der Vorausſetzung ausgehen, daß der Vorgang,
durch den im menſchlichen Auge und Gehirn das Geſichts¬
bild entſteht, ganz dem gleiche, durch den im photographi¬
ſchen Apparat das photographiſche Product zu Stande
kommt; eine Vorausſetzung, die im Ernſte Niemand machen
kann. Im Grunde kann auf photographiſchem Wege doch
nur etwas hergeſtellt werden, was eben keine Geſichtsvor¬
ſtellung iſt, ſondern wovon wir uns erſt eine Geſichtsvor¬
ſtellung bilden müſſen. Beſteht zwiſchen einem photo¬
graphiſchen und einem anderweitig hergeſtellten Gegenſtand,
wie bei Schriften, Drucken, planimetriſchen Figuren, Zeich¬
nungen u. ſ. w. und den nach ihnen angefertigten Nach¬
bildungen eine Uebereinſtimmung in ihrer anderweitigen
Beſchaffenheit, ſo werden Original und Nachbildung das¬
ſelbe Geſichtsbild liefern. Wo aber dieſe Uebereinſtimmung
nicht vorhanden iſt, da wird die Photographie kein treues
Abbild des Originals ſein, vielmehr wird eben das Original
ganz anders ausſehen als das Nachbild.
Bei anderen in das Bereich der Sichtbarkeit gehörigen
Qualitäten der Dinge, wie Farben, Unterſchieden von hell
und dunkel, Glanz u. ſ. w. iſt ein mißverſtändliches Zu¬
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