stellungsfähigkeit eine Art Vorstufe gegeben sei, während es dem Denken und der Erkenntniß vorbehalten bleibe, dieses selbe Sein erst nach seinem wahren Wesen zu einem geistigen Besitz zu machen. Wenn wir nun gleichwohl ein Abhängigkeitsverhältniß zwischen Denken und Vorstellen thatsächlich beobachten, wenn wir sehen, wie sich an Be¬ griffe, an Denkvorgänge, Vorstellungsvorgänge anknüpfen, wie umgekehrt mit Vorstellungen, mögen sie auf unmittel¬ barer Wahrnehmung oder auf Reproduction beruhen, Worte, Begriffe, Denkoperationen in das Bewußtsein treten, so werden wir darin doch eben nichts anderes sehen, als eine thatsächliche Zusammengehörigkeit so verschiedener Vorgänge oder Vorkommnisse in unserem Bewußtsein. Worauf diese Zusammengehörigkeit beruht, dies zu untersuchen, ist hier nicht der Ort; jedenfalls aber müssen wir dieselbe nicht nur als eine psychische, sondern auch als eine physische Zusammengehörigkeit auffassen und zwar nicht nur in dem Sinne, daß in Folge eines durchgehenden Parallelismus zwischen geistigen und leiblichen Vorgängen, da wo ein geistiger Zusammenhang vorliege, auch auf einen Zu¬ sammenhang leiblicher Natur geschlossen werden müsse. Das Zugeständniß eines nothwendigen Parallelismus zwischen geistigen Vorgängen und Vorgängen im leiblichen Organ schließt nicht aus, daß man im Grunde doch nur an ein zeitweiliges, gezwungenes Zusammensein zweier in ihrem inneren Wesen getrennter unvereinbarer Elemente glaubt. Man spricht von dieser Zusammengehörigkeit unter der Voraussetzung, daß körperliche und geistige Vorgänge ver¬
ſtellungsfähigkeit eine Art Vorſtufe gegeben ſei, während es dem Denken und der Erkenntniß vorbehalten bleibe, dieſes ſelbe Sein erſt nach ſeinem wahren Weſen zu einem geiſtigen Beſitz zu machen. Wenn wir nun gleichwohl ein Abhängigkeitsverhältniß zwiſchen Denken und Vorſtellen thatſächlich beobachten, wenn wir ſehen, wie ſich an Be¬ griffe, an Denkvorgänge, Vorſtellungsvorgänge anknüpfen, wie umgekehrt mit Vorſtellungen, mögen ſie auf unmittel¬ barer Wahrnehmung oder auf Reproduction beruhen, Worte, Begriffe, Denkoperationen in das Bewußtſein treten, ſo werden wir darin doch eben nichts anderes ſehen, als eine thatſächliche Zuſammengehörigkeit ſo verſchiedener Vorgänge oder Vorkommniſſe in unſerem Bewußtſein. Worauf dieſe Zuſammengehörigkeit beruht, dies zu unterſuchen, iſt hier nicht der Ort; jedenfalls aber müſſen wir dieſelbe nicht nur als eine pſychiſche, ſondern auch als eine phyſiſche Zuſammengehörigkeit auffaſſen und zwar nicht nur in dem Sinne, daß in Folge eines durchgehenden Parallelismus zwiſchen geiſtigen und leiblichen Vorgängen, da wo ein geiſtiger Zuſammenhang vorliege, auch auf einen Zu¬ ſammenhang leiblicher Natur geſchloſſen werden müſſe. Das Zugeſtändniß eines nothwendigen Parallelismus zwiſchen geiſtigen Vorgängen und Vorgängen im leiblichen Organ ſchließt nicht aus, daß man im Grunde doch nur an ein zeitweiliges, gezwungenes Zuſammenſein zweier in ihrem inneren Weſen getrennter unvereinbarer Elemente glaubt. Man ſpricht von dieſer Zuſammengehörigkeit unter der Vorausſetzung, daß körperliche und geiſtige Vorgänge ver¬
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ſtellungsfähigkeit eine Art Vorſtufe gegeben ſei, während
es dem Denken und der Erkenntniß vorbehalten bleibe,
dieſes ſelbe Sein erſt nach ſeinem wahren Weſen zu einem
geiſtigen Beſitz zu machen. Wenn wir nun gleichwohl ein
Abhängigkeitsverhältniß zwiſchen Denken und Vorſtellen
thatſächlich beobachten, wenn wir ſehen, wie ſich an Be¬
griffe, an Denkvorgänge, Vorſtellungsvorgänge anknüpfen,
wie umgekehrt mit Vorſtellungen, mögen ſie auf unmittel¬
barer Wahrnehmung oder auf Reproduction beruhen, Worte,
Begriffe, Denkoperationen in das Bewußtſein treten, ſo
werden wir darin doch eben nichts anderes ſehen, als eine
thatſächliche Zuſammengehörigkeit ſo verſchiedener Vorgänge
oder Vorkommniſſe in unſerem Bewußtſein. Worauf dieſe
Zuſammengehörigkeit beruht, dies zu unterſuchen, iſt hier
nicht der Ort; jedenfalls aber müſſen wir dieſelbe nicht
nur als eine pſychiſche, ſondern auch als eine phyſiſche
Zuſammengehörigkeit auffaſſen und zwar nicht nur in dem
Sinne, daß in Folge eines durchgehenden Parallelismus
zwiſchen geiſtigen und leiblichen Vorgängen, da wo ein
geiſtiger Zuſammenhang vorliege, auch auf einen Zu¬
ſammenhang leiblicher Natur geſchloſſen werden müſſe. Das
Zugeſtändniß eines nothwendigen Parallelismus zwiſchen
geiſtigen Vorgängen und Vorgängen im leiblichen Organ
ſchließt nicht aus, daß man im Grunde doch nur an ein
zeitweiliges, gezwungenes Zuſammenſein zweier in ihrem
inneren Weſen getrennter unvereinbarer Elemente glaubt.
Man ſpricht von dieſer Zuſammengehörigkeit unter der
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Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fiedler_kuenstlerische_1887/50>, abgerufen am 16.07.2024.
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