Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.nißvoll-Wunderbares, wie in dem Augenblick, in welchem Aber wir sahen, daß der Werth der Sprache, als nißvoll-Wunderbares, wie in dem Augenblick, in welchem Aber wir ſahen, daß der Werth der Sprache, als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0049" n="37"/> nißvoll-Wunderbares, wie in dem Augenblick, in welchem<lb/> ein Wort, etwas an ſich ſo Unbedeutendes und Geringes,<lb/> in das Bewußtſein tritt, wie dann ganz plötzlich, wie aus<lb/> einem Banne erlöſt, Bilder auf Bilder ſich vor die Seele<lb/> drängen, wie eine unendliche ſinnliche Mannichfaltigkeit,<lb/> nahe und entfernte geiſtige Beziehungen, Erinnerungen und<lb/> Ahnungen, dies alles in dem kleinen, unſcheinbaren Wort<lb/> enthalten zu ſein und ſich von ihm aus über unſer Be¬<lb/> wußtſein zu ergießen ſcheint. Es iſt nur zu begreiflich,<lb/> daß uns das Wort wie ein geiſtiger Herrſcher erſcheint<lb/> über das ganze Reich deſſen, was überhaupt als Seiendes<lb/> in unſer Bewußtſein treten kann.</p><lb/> <p>Aber wir ſahen, daß der Werth der Sprache, als<lb/> des Denkſtoffes, gar nicht darauf beruhen kann, daß wir<lb/> in ihr eine Vertretung von Dingen oder von Vorſtellungen<lb/> beſäßen; daß wir ſomit nicht Dinge oder Vorſtellungen,<lb/> ſondern immer nur Worte denken. Wir überzeugten uns,<lb/> daß wir uns einer ſehr uneigentlichen Ausdrucksweiſe be¬<lb/> dienen, wenn wir Denken und Erkennen als eine Thätig¬<lb/> keit bezeichnen, die in irgend einem Vorhandenen ihr Ob¬<lb/> ject hat; daß wir in allem Denken und Erkennen nur eine<lb/> Form deſſen beſitzen, was wir als Sein zu bezeichnen<lb/> berechtigt ſind. Damit ändert ſich das Verhältniß, in das<lb/> wir Denken und Vorſtellungen zu einander zu bringen<lb/> gewöhnt ſind. Es kann von keinem Verhältniß der Unter¬<lb/> ordnung mehr die Rede ſein. Wir müſſen uns durchaus<lb/> von der Meinung frei machen, nach der für die Erfaſſung<lb/> des Seins in unſerer ſinnlichen Wahrnehmungs- und Vor¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0049]
nißvoll-Wunderbares, wie in dem Augenblick, in welchem
ein Wort, etwas an ſich ſo Unbedeutendes und Geringes,
in das Bewußtſein tritt, wie dann ganz plötzlich, wie aus
einem Banne erlöſt, Bilder auf Bilder ſich vor die Seele
drängen, wie eine unendliche ſinnliche Mannichfaltigkeit,
nahe und entfernte geiſtige Beziehungen, Erinnerungen und
Ahnungen, dies alles in dem kleinen, unſcheinbaren Wort
enthalten zu ſein und ſich von ihm aus über unſer Be¬
wußtſein zu ergießen ſcheint. Es iſt nur zu begreiflich,
daß uns das Wort wie ein geiſtiger Herrſcher erſcheint
über das ganze Reich deſſen, was überhaupt als Seiendes
in unſer Bewußtſein treten kann.
Aber wir ſahen, daß der Werth der Sprache, als
des Denkſtoffes, gar nicht darauf beruhen kann, daß wir
in ihr eine Vertretung von Dingen oder von Vorſtellungen
beſäßen; daß wir ſomit nicht Dinge oder Vorſtellungen,
ſondern immer nur Worte denken. Wir überzeugten uns,
daß wir uns einer ſehr uneigentlichen Ausdrucksweiſe be¬
dienen, wenn wir Denken und Erkennen als eine Thätig¬
keit bezeichnen, die in irgend einem Vorhandenen ihr Ob¬
ject hat; daß wir in allem Denken und Erkennen nur eine
Form deſſen beſitzen, was wir als Sein zu bezeichnen
berechtigt ſind. Damit ändert ſich das Verhältniß, in das
wir Denken und Vorſtellungen zu einander zu bringen
gewöhnt ſind. Es kann von keinem Verhältniß der Unter¬
ordnung mehr die Rede ſein. Wir müſſen uns durchaus
von der Meinung frei machen, nach der für die Erfaſſung
des Seins in unſerer ſinnlichen Wahrnehmungs- und Vor¬
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