Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.Die Erkenntniß, daß alles außer uns auf ein in uns Die Erkenntniß, daß alles außer uns auf ein in uns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0023" n="11"/> <p>Die Erkenntniß, daß alles außer uns auf ein in uns<lb/> hinausläuft, daß von einem Sein zu reden nur ſoweit<lb/> einen vernünftigen Sinn hat, als ein ſolches in unſerem<lb/> Bewußtſein erſcheint, — dieſe Erkenntniß zerſtört die<lb/> Täuſchung, als ob wir uns einer vor uns, um uns liegen¬<lb/> den Welt mit den Organen unſeres Leibes und mit den<lb/> Fähigkeiten unſerer Seele nur ſo geradehin zu bemächtigen<lb/> brauchten, um ſie zu beſitzen; vielmehr werden wir inne,<lb/> daß alle Wirklichkeit uns einzig und allein bekannt wird<lb/> in den ſich in uns und durch uns vollziehenden Vorgängen,<lb/> deren Anfänge wir in den Sinnesempfindungen voraus¬<lb/> ſetzen, deren Reſultate wir da erfaſſen, wo ſie ſich zu be¬<lb/> ſtimmten Formen entwickeln. Reißen wir uns nun los<lb/> von der Annahme einer außer uns in ihrem geſammten<lb/> Sein verharrenden Welt und richten wir unſeren Blick<lb/> dahin, wo wir das Daſein der Wirklichkeit thatſächlich<lb/> conſtatiren können, auf unſer eigenes Wirklichkeitsbewußt¬<lb/> ſein, ſo tritt an die Stelle jenes vorausgeſetzten, auf ſich<lb/> und in ſich beruhenden Seins ein ganz anderes Bild.<lb/> Der Blick in die innere Werkſtatt, in der die Beſtandtheile<lb/> des Weltbildes erſt entſtehen müſſen, wenn ſie ein Sein<lb/> für uns gewinnen ſollen, läßt uns nicht einen feſten Beſitz<lb/> an fertigen Geſtalten gewahren, vielmehr enthüllt ſich ihm<lb/> ein raſtloſes Werden und Vergehen, eine Unendlichkeit von<lb/> Vorgängen, in denen die Elemente alles Seins in den<lb/> mannichfaltigſten Arten auf den mannichfachſten Stufen<lb/> ihrer Verarbeitung erſcheinen, ohne daß das flüchtige, ſich<lb/> immer erneuernde Material jemals zu feſten, unveränder¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0023]
Die Erkenntniß, daß alles außer uns auf ein in uns
hinausläuft, daß von einem Sein zu reden nur ſoweit
einen vernünftigen Sinn hat, als ein ſolches in unſerem
Bewußtſein erſcheint, — dieſe Erkenntniß zerſtört die
Täuſchung, als ob wir uns einer vor uns, um uns liegen¬
den Welt mit den Organen unſeres Leibes und mit den
Fähigkeiten unſerer Seele nur ſo geradehin zu bemächtigen
brauchten, um ſie zu beſitzen; vielmehr werden wir inne,
daß alle Wirklichkeit uns einzig und allein bekannt wird
in den ſich in uns und durch uns vollziehenden Vorgängen,
deren Anfänge wir in den Sinnesempfindungen voraus¬
ſetzen, deren Reſultate wir da erfaſſen, wo ſie ſich zu be¬
ſtimmten Formen entwickeln. Reißen wir uns nun los
von der Annahme einer außer uns in ihrem geſammten
Sein verharrenden Welt und richten wir unſeren Blick
dahin, wo wir das Daſein der Wirklichkeit thatſächlich
conſtatiren können, auf unſer eigenes Wirklichkeitsbewußt¬
ſein, ſo tritt an die Stelle jenes vorausgeſetzten, auf ſich
und in ſich beruhenden Seins ein ganz anderes Bild.
Der Blick in die innere Werkſtatt, in der die Beſtandtheile
des Weltbildes erſt entſtehen müſſen, wenn ſie ein Sein
für uns gewinnen ſollen, läßt uns nicht einen feſten Beſitz
an fertigen Geſtalten gewahren, vielmehr enthüllt ſich ihm
ein raſtloſes Werden und Vergehen, eine Unendlichkeit von
Vorgängen, in denen die Elemente alles Seins in den
mannichfaltigſten Arten auf den mannichfachſten Stufen
ihrer Verarbeitung erſcheinen, ohne daß das flüchtige, ſich
immer erneuernde Material jemals zu feſten, unveränder¬
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