Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.stehen, in der sich die Sichtbarkeit der Dinge in der Ge¬ Und hier gelangen wir zu einem von der gewöhn¬ ſtehen, in der ſich die Sichtbarkeit der Dinge in der Ge¬ Und hier gelangen wir zu einem von der gewöhn¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0144" n="132"/> ſtehen, in der ſich die Sichtbarkeit der Dinge in der Ge¬<lb/> ſtalt reiner Formgebilde verwirklicht.</p><lb/> <p>Und hier gelangen wir zu einem von der gewöhn¬<lb/> lichen Auffaſſung abweichenden Begriff der künſtleriſchen<lb/> Form. Wenn man von künſtleriſcher Form ſpricht, ſo<lb/> pflegt man davon auszugehen, daß die ſichtbare Natur,<lb/> die man als Grundlage aller künſtleriſchen Thätigkeit be¬<lb/> trachtet, ihrer ſichtbaren Form nach beſtimmt ſei, daß aber<lb/> der Künſtler den Beruf habe, die natürlich gegebene Form<lb/> nach beſtimmten Geſichtspunkten zu einer anderen, der<lb/> natürlichen mit ſelbſtſtändigem Recht gegenüberſtehenden<lb/> Form umzubilden. Offenbar kann man in gewiſſem<lb/> Sinne ſchon da, wo die Sichtbarkeit noch auf die Vor¬<lb/> gänge in den Organen der Wahrnehmung und Vorſtellung<lb/> beſchränkt iſt, von einer ſichtbaren Form reden; denn ſonſt<lb/> könnte uns überhaupt nichts als ſichtbar erſcheinen. Aber<lb/> wir haben geſehen, daß dieſe ſichtbare Form befangen iſt<lb/> in der Verworrenheit, die eben in jenen unentwickelten<lb/> Gebieten des Bewußtſeins herrſcht, daß ſie unbeſtimmt iſt,<lb/> inſofern das Bewußtſein, ſo lange es an bloße Wahr¬<lb/> nehmungen und Vorſtellungen gebunden iſt, über keinerlei<lb/> Mittel verfügt, durch welche jene Form zu beſtimmen<lb/> wäre. Der künſtleriſche Vorgang ſtellt, wie es jeder<lb/> geiſtige Vorgang thut oder wenigſtens thun ſollte, einen<lb/> Fortſchritt dar von der Verworrenheit zur Klarheit, von<lb/> der Unbeſtimmtheit des innerlichen Vorganges zu der Be¬<lb/> ſtimmtheit des äußeren Ausdrucks. Wenn es nur durch<lb/> die künſtleriſche Thätigkeit möglich iſt, die Form, in der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [132/0144]
ſtehen, in der ſich die Sichtbarkeit der Dinge in der Ge¬
ſtalt reiner Formgebilde verwirklicht.
Und hier gelangen wir zu einem von der gewöhn¬
lichen Auffaſſung abweichenden Begriff der künſtleriſchen
Form. Wenn man von künſtleriſcher Form ſpricht, ſo
pflegt man davon auszugehen, daß die ſichtbare Natur,
die man als Grundlage aller künſtleriſchen Thätigkeit be¬
trachtet, ihrer ſichtbaren Form nach beſtimmt ſei, daß aber
der Künſtler den Beruf habe, die natürlich gegebene Form
nach beſtimmten Geſichtspunkten zu einer anderen, der
natürlichen mit ſelbſtſtändigem Recht gegenüberſtehenden
Form umzubilden. Offenbar kann man in gewiſſem
Sinne ſchon da, wo die Sichtbarkeit noch auf die Vor¬
gänge in den Organen der Wahrnehmung und Vorſtellung
beſchränkt iſt, von einer ſichtbaren Form reden; denn ſonſt
könnte uns überhaupt nichts als ſichtbar erſcheinen. Aber
wir haben geſehen, daß dieſe ſichtbare Form befangen iſt
in der Verworrenheit, die eben in jenen unentwickelten
Gebieten des Bewußtſeins herrſcht, daß ſie unbeſtimmt iſt,
inſofern das Bewußtſein, ſo lange es an bloße Wahr¬
nehmungen und Vorſtellungen gebunden iſt, über keinerlei
Mittel verfügt, durch welche jene Form zu beſtimmen
wäre. Der künſtleriſche Vorgang ſtellt, wie es jeder
geiſtige Vorgang thut oder wenigſtens thun ſollte, einen
Fortſchritt dar von der Verworrenheit zur Klarheit, von
der Unbeſtimmtheit des innerlichen Vorganges zu der Be¬
ſtimmtheit des äußeren Ausdrucks. Wenn es nur durch
die künſtleriſche Thätigkeit möglich iſt, die Form, in der
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