Fiedler, Konrad: Der Ursprung der künstlerischen Thätigkeit. Leipzig, 1887.den Anfang des Weges zu kommen, der jenem Ziele zu¬ Lernen wir so die bildnerische Thätigkeit des Künstlers den Anfang des Weges zu kommen, der jenem Ziele zu¬ Lernen wir ſo die bildneriſche Thätigkeit des Künſtlers <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0116" n="104"/> den Anfang des Weges zu kommen, der jenem Ziele zu¬<lb/> führt, muß der Künſtler zu einer äußeren Thätigkeit greifen,<lb/> und an dieſe äußere körperliche Thätigkeit iſt alles ge¬<lb/> bunden, was er erreichen kann. Was iſt alles Schauen<lb/> und Vorſtellen im Vergleich zu der Entwickelung, die dieſes<lb/> Schauen und Vorſtellen in der bildneriſchen Thätigkeit<lb/> findet? Wie ein Stammeln muß es uns erſcheinen im Ver¬<lb/> gleich zu der entwickelten Sprachfähigkeit. Gerade der<lb/> Künſtler wird ſich bewußt ſein, daß die höhere Entwickelung<lb/> ſeines geiſtig-künſtleriſchen Lebens erſt in dem Augenblicke<lb/> beginnt, in dem ſein Vorſtellungsdrang die äußeren Organe<lb/> ſeines Körpers in Bewegung ſetzt, in dem zur Thätigkeit<lb/> des Auges und des Gehirns die Thätigkeit der Hand hin¬<lb/> zutritt. Dann erſt betritt er die Bahn, auf der er ſich<lb/> aus Dunkelheit und Beſchränkung zu ſteigender Klarheit<lb/> und Freiheit emporarbeitet. All ſeine Begabung, all ſeine<lb/> Genialität entwickelt ſich erſt in dieſem äußerlich wahr¬<lb/> nehmbaren Thun, in dem ſich nicht die Darſtellung, ſon¬<lb/> dern die Entſtehung der künſtleriſchen Vorſtellungswelt<lb/> vollzieht. Indem der Künſtler von allem Anfang an ſeine<lb/> Thätigkeit nach außen zu verlegen genöthigt iſt, iſt dieſe<lb/> Thätigkeit darum nicht weniger eine geiſtige, weil bei ihr<lb/> mehr Theile des Körpers in Bewegung geſetzt werden,<lb/> als nur etwa das Gehirn; und weil die künſtleriſche Thätig¬<lb/> keit eine geiſtige ſein will, muß ſie in ganz beſtimmten,<lb/> faßbaren, ſinnlich nachweisbaren Leiſtungen beſtehen.</p><lb/> <p>Lernen wir ſo die bildneriſche Thätigkeit des Künſtlers<lb/> auffaſſen als eine Fortſetzung des Sehproceſſes, als eine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [104/0116]
den Anfang des Weges zu kommen, der jenem Ziele zu¬
führt, muß der Künſtler zu einer äußeren Thätigkeit greifen,
und an dieſe äußere körperliche Thätigkeit iſt alles ge¬
bunden, was er erreichen kann. Was iſt alles Schauen
und Vorſtellen im Vergleich zu der Entwickelung, die dieſes
Schauen und Vorſtellen in der bildneriſchen Thätigkeit
findet? Wie ein Stammeln muß es uns erſcheinen im Ver¬
gleich zu der entwickelten Sprachfähigkeit. Gerade der
Künſtler wird ſich bewußt ſein, daß die höhere Entwickelung
ſeines geiſtig-künſtleriſchen Lebens erſt in dem Augenblicke
beginnt, in dem ſein Vorſtellungsdrang die äußeren Organe
ſeines Körpers in Bewegung ſetzt, in dem zur Thätigkeit
des Auges und des Gehirns die Thätigkeit der Hand hin¬
zutritt. Dann erſt betritt er die Bahn, auf der er ſich
aus Dunkelheit und Beſchränkung zu ſteigender Klarheit
und Freiheit emporarbeitet. All ſeine Begabung, all ſeine
Genialität entwickelt ſich erſt in dieſem äußerlich wahr¬
nehmbaren Thun, in dem ſich nicht die Darſtellung, ſon¬
dern die Entſtehung der künſtleriſchen Vorſtellungswelt
vollzieht. Indem der Künſtler von allem Anfang an ſeine
Thätigkeit nach außen zu verlegen genöthigt iſt, iſt dieſe
Thätigkeit darum nicht weniger eine geiſtige, weil bei ihr
mehr Theile des Körpers in Bewegung geſetzt werden,
als nur etwa das Gehirn; und weil die künſtleriſche Thätig¬
keit eine geiſtige ſein will, muß ſie in ganz beſtimmten,
faßbaren, ſinnlich nachweisbaren Leiſtungen beſtehen.
Lernen wir ſo die bildneriſche Thätigkeit des Künſtlers
auffaſſen als eine Fortſetzung des Sehproceſſes, als eine
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